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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Beziehungsweise denkt die Tochter - sie heißt Jenna -, dass ihre Mutter Tagebuch geführt haben könnte, und jetzt hat sie mich gebeten, ob ich versuchen könnte, es zu finden.«

    »Um dann was damit zu tun?«
    »Sehen, ob es uns Grund zu der Annahme liefern könnte, dass der Tod ihrer Mutter Mord war.«
    Glitsky setzte sich auf seinen Schreibtisch. »War das ursprünglich Ihr Fall?«
    »Ja.«
    »Hat damals etwas auf einen Mord hingedeutet? Wann war das überhaupt?«
    »Anfang Februar. Eigentlich nicht, nein. Außer dass sich Jenna partout nicht mit dem Gedanken abfinden konnte, dass ihre Mutter so etwas getan haben könnte.«
    »Also, so was haben wir ja weiß Gott schon oft genug gehabt, Darrel. Nicht, dass ich es ihr zum Vorwurf machen würde. Wenn die eigene Mutter so aus der Welt scheidet, glaubt das niemand gern. Vielleicht kann man so etwas auch gar nicht glauben, aber das heißt nicht, dass es nicht so gewesen ist.«
    »Ich weiß. Ich habe ihr auch nur gesagt, dass ich mal danach suchen will. Ich habe ihr keine Versprechungen gemacht.«
    »Nach dem Tagebuch?«
    »Ich weiß nicht, Abe. Das muss nicht unbedingt alles sein. Ich habe mich in den Fall ziemlich reingehängt, als er noch aktuell war. Damals gab es noch ein paar andere Dinge. Also, um ehrlich zu sein, hauptsächlich eine andere Sache, die es wert schien, weiterverfolgt zu werden, obwohl damals nichts dabei herauskam.«
    »Und was war das?«
    »Der Vater, Charlie. Er verschwand letzten Sommer. Das war angeblich der Grund, weshalb sich seine Frau umgebracht hat.«

    »Was meinen Sie damit: Er verschwand?«
    »Damit meine ich: futsch, weg, in Luft aufgelöst. Spurlos. Jenna ist auch fest davon überzeugt, dass er nicht einfach verschwunden wäre. Sie glaubt, auch er könnte umgebracht worden sein.«
    »Von wem? Warum?«
    »Keine Ahnung.«
    »Also, ich weiß nicht, Darrel. Sie glaubt also, ihr Vater wurde auch umgebracht, und es hing irgendwie mit dem Selbstmord der Mutter zusammen?«
    »Eben nicht Selbstmord. Sie glaubt nicht an einen Selbstmord. Sie glaubt, ihre Mutter war auch ein Mord.«
    »Zwei Morde.« Damit saß Glitsky eine Weile da.
    Bracco verzog das Gesicht. »Die Tochter hat beide Elternteile im selben Jahr verloren. Wenn das Tagebuch auftaucht …« Er zuckte mit den Schultern. »Wer weiß. Vielleicht stoßen wir ja auf was.«
    »Und wo wollen Sie anfangen?«
    »Ich schätze, ich treffe mich mit ihr und gehe nochmal alle Beweise mit ihr durch. Dann nehme ich mir die Akten des Vaters vor, in die ich damals kaum einen Blick geworfen habe.«
    »Welche Akten?«
    »Na, seine Akten eben. Er war Anwalt. Vielleicht hatte es mit etwas zu tun, woran er arbeitete.«
    »Was soll damit zu tun gehabt haben?«
    »Dass er ermordet wurde.«
    Glitsky kratzte sich am Mundwinkel. Bracco war immer ein engagierter Polizist gewesen, aber zum Morddezernat war er in erster Linie befördert worden, weil sein Vater Fahrer eines früheren Bürgermeisters gewesen war, und manchmal machte sich sein Mangel an Erfahrung bemerkbar. »Ihnen
ist doch sicher klar, Darrel«, sagte Glitsky deshalb, »dass die meisten Männer mittleren Alters, die verschwinden … ich nehme mal an, dieser Charlie Bowen gehörte dieser Altersgruppe an?«
    »Fünfzig.«
    »Da sehen Sie es. Solche Typen machen sich manchmal einfach aus eigenem Entschluss aus dem Staub. Sie werden nicht ermordet.«
    »Klar, weiß ich, Abe. Sicher.«
    »Und die Ehefrauen dieser Männer, die von ihrem Angetrauten nach, sagen wir mal, dreißig Ehejahren verlassen worden sind, verfallen in den Monaten danach vielleicht in mehr oder weniger schwere Depressionen, und das vielleicht sogar so stark, dass sie sich selbst das Leben nehmen.«
    »Klar.«
    »Haben wir Bowen als Mord behandelt, als er vermisst gemeldet wurde?«
    »Nein.«
    »Und das war, weil …?«
    »Er als vermisst galt.«
    »Nicht als Mord?«
    »Nicht als Mord. Nein, Sir.«
    »Na schön. Nur um das mal klarzustellen.«
    »Ich weiß.« Bracco zuckte mit den Schultern. »Wie dem auch sei, ich werde mich ein bisschen mit der Sache befassen und dachte nur, ich sage Ihnen lieber Bescheid.«
    »Okay.« Glitsky rutschte von seinem Schreibtisch und schrieb BOWEN auf die Anschlagtafel und den Namen Bracco in die Bearbeiterspalte. »Aber, Darrel.«
    »Ja, Sir.«
    »Vielleicht nicht zu lange, ja?«

    In den vergangenen Jahren hatten Glitskys erwachsene Söhne - Isaac, Jacob und Orel - und Treyas erwachsene Tochter Raney an so weit auseinanderliegenden Orten wie

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