Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
Vom Netzwerk:
geworden ist.«
    »Nein. So ist es nicht. Trotzdem gut kombiniert.«
    »Danke. Soll ich noch eine Theorie aufstellen?«
    »Könntest du, aber ich kann es dir auch einfach sagen.«

    »Gut, dann lass uns das mal versuchen.«
    Glitsky schilderte ihm den Sachverhalt in etwa zehn Sätzen, worauf Hardy stirnrunzelnd fragte: »Und was genau will dieser Bracco jetzt tun?«
    »Dieses Tagebuch suchen.«
    »Das vielleicht existiert, vielleicht aber auch nicht.«
    »Richtig.«
    »Und das dann vielleicht Licht in den Tod von Charlies Frau bringt, vielleicht aber auch nicht?«
    Glitsky zuckte mit den Schultern. »Das war nicht meine Idee, Diz. Treya meinte nur, du könntest Bracco vielleicht etwas unnötige Arbeit ersparen.«
    »Nichts lieber als das. Allerdings reden wir hier von ungefähr sechzig großen Schachteln voll Akten, von denen wir etwa ein Drittel bereits delegiert oder an die Mandanten zurückgegeben haben.«
    »Ach ja, stimmt. Richtig.«
    »Abgesehen davon«, fuhr Hardy fort, »wäre das rein zeitlich nicht möglich, wenn die Frau im Februar gestorben ist. Ich habe die Schachteln mit den Akten nämlich schon seit Mitte Dezember bei mir in der Kanzlei stehen. Da kann ihr das Tagebuch schlecht in eine reingefallen sein, selbst wenn sie das beabsichtigt hätte. Wenn du allerdings möchtest, beauftrage ich gern jemanden von meinen Leuten, die Schachteln, die wir noch haben, durchzusehen, aber ich würde mir nicht allzu große Hoffnungen machen.«
    »Das habe ich Darrel auch schon gesagt.«
    »Da hast du’s.« Hardy stand auf. »Große Geister. O nein, halt, sollte es das schon gewesen sein?«
    Glitsky griff nach seinem Telefon. »Mach doch bitte die Tür zu, wenn du gehst, ja?«

    Hardy hatte die Angewohnheit seines inzwischen verstorbenen Mentors David Freeman übernommen und ging, wenn sich die Gelegenheit dazu bot, die vierzehn Blocks zwischen seiner Kanzlei in der Sutter Street und der Hall of Justice zu Fuß. Weil an diesem Vormittag die Gerichtsverhandlung früher als erwartet geendet hatte, lag er recht gut in der Zeit - nicht, dass es ein Wettrennen oder eine Gelegenheit zur sportlichen Ertüchtigung oder sonst etwas in der Art war -, als er die Mission Street erreichte. Dort suchte eine gut gekleidete ältere Dame seinen Blick und machte eine leichte Seitwärtsbewegung, um sich ihm in den Weg zu stellen. Sie sah ihn mit einem strahlenden Lächeln an und sagte: »Entschuldigung.«
    »Ja?«
    »Geht es Ihnen gut?«
    »Ich denke schon.« Sie sah zwar nicht so aus, aber Hardy hatte plötzlich keinen Zweifel, eine weitere Irre in dieser Stadt voller Verrückter vor sich zu haben.
    »Dann sollten Sie aber lächeln.«
    »Wie bitte?«
    »An einem Tag wie diesem sollte ein gut aussehender Mann wie Sie lächeln.«
    »Habe ich das denn nicht?«
    »Eigentlich nicht, nein. Eher haben Sie die Stirn gerunzelt. So, als lastete die ganze Welt auf Ihren Schultern.«
    »Entschuldigung«, stammelte Hardy und versuchte, einen anderen Gesichtsausdruck aufzusetzen. »Besser so?«
    »Viel«, sagte die Frau. »Achten Sie künftig darauf. Es hilft. Einen schönen Tag noch.«
    Die Frau war längst in der Menge verschwunden, aber Hardy stand immer noch wie versteinert da. Ein Blick auf sein Spiegelbild in einem Schaufenster verriet ihm, dass das
Lächeln, das er sich abgerungen hatte, bereits wieder vollständig verflogen war. Er trat aus dem Fußgängerstrom in den Eingang eines alten Geschäfts, nahm, einem plötzlichen Impuls folgend, sein Handy vom Gürtel und wählte eine Nummer. »Hallo.«
    »Selber hallo. Das ist aber eine Überraschung. Alles in Ordnung?«
    »Ja, ja, klar. Ich habe mich nur gefragt, was du gerade machst?«
    »Wann?«
    »Na, jetzt gerade.«
    Das Lachen seiner Frau perlte aus dem Hörer. »Ich wollte gerade ins Auto steigen, um irgendwo einen Salat zu essen. Warum?«
    »Weil mir gerade nach ein bisschen Veränderung war, und da dachte ich, ob du vielleicht Lust hättest, mit deinem Mann zu Mittag zu essen.«
    Hardy musste einen Moment warten, und dann: »Ich würde sehr gern mit meinem Mann zu Mittag essen. Finde ich sogar eine tolle Idee.«
    »Hast du auch Zeit?«
    »Ganze zwei Stunden. Wo?«

    Sie entschieden sich für Tommy’s Joynt, Hardy mit dem Taxi, Frannie mit dem Auto, weil es auf halbem Weg zwischen Frannies Büro im Arguello Boulevard und Hardys Kanzlei in Downtown lag. Fünfzehn Minuten nach dem Telefonat saßen sie an einem Tisch, Hardy mit einem Teller Buffalo Stew und einem Bier vor sich, Frannie mit

Weitere Kostenlose Bücher