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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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ist nicht fair«, erklärte sie. »Ich habe nur den allergrößten Respekt vor dem Militär.«
    Sein Mund lächelte, aber seine Augen folgten ihm nicht. »Natürlich tun Sie das. Sie wollten nur keinen heiraten.«
    »Außerdem«, fuhr sie fort, »geht es in diesem Krieg nicht um irgendjemandes Freiheit. In diesem Krieg geht es nur ums Öl.«
    Nolan schüttelte den Kopf. Als ob es falsch wäre, um Öl oder sonst etwas, was man brauchte, zu kämpfen. Er blickte auf seine Hand hinab und streckte sie aus. »Nehmen Sie jetzt den Brief oder nicht?«
    Ihr Mund verhärtete sich zu einem verkniffenen Strich, und sie starrte auf den Umschlag, als wäre er lebendig und könnte sie beißen. Und in gewisser Hinsicht konnte er das vielleicht sogar. Schließlich schüttelte sie den Kopf. »Ich
glaube nicht. Ich habe auch noch keinen von den anderen aufgemacht. Da werde ich auch jetzt nicht anfangen, sie zu lesen.«
    Er nickte wieder, so, als hätte sie ihm damit etwas bestätigt.
    »Was sollte dieser Blick gerade bedeuten?«
    »Welcher Blick?«
    »Sie wissen genau, was ich meine. Was wollten Sie damit sagen?«
    »Na schön. Sie haben gesagt, Sie würden auch jetzt nicht anfangen, Evans Briefe zu lesen. Ich würde sagen, mein Blick hat bedeutet: ›So redet nur jemand, der Angst hat, er könnte es sich noch einmal anders überlegen, wenn er bestimmte Fakten über etwas erfährt, worüber er sich bereits eine feste Meinung gebildet hat.‹«
    Vielleicht wurde ihr in diesem Moment bewusst, dass sie hier vor ihrer Wohnung mit einem Mann diskutierte und dabei weniger anhatte als ihre alltägliche Unterwäsche; jedenfalls zog sie das Badetuch über ihre Schultern hoch und hielt beide Enden dicht über ihre Brüste. Ihre Stimme wurde leise und tief vor Wut. »Ich habe keine Angst davor, Fakten zu erfahren, Mister … wie war Ihr Name gleich wieder?«
    »Nolan. Ron Nolan.«
    »Also gut, Mister Nolan …«
    »Bitte Ron, okay?« Wieder grinste er provozierend.
    »Also gut, Ron.« Er hatte sie in Rage gebracht, was seine Absicht gewesen war. »Nur zu Ihrer Information: Ich kenne sehr wohl alle Fakten, die ich über Evan und diesen idiotischen Krieg im Irak brauche. Und ich kann gern darauf verzichten, dass er mir jetzt wegen seiner Briefe leidtut. Er hat den Beschluss gefasst, sich zu melden. Er hat sich dafür entschieden, mich zu verlassen und in den Irak zu gehen. Und
jetzt habe ich eben die Konsequenzen gezogen. Nur braucht er jetzt nicht plötzlich zu denken, er könnte sich da schon irgendwie rausreden und wir würden uns wieder zusammenraufen, wenn ich nur begreife, wie schwer es für ihn war. Darauf lasse ich mich nicht ein.«
    »Ja, das sehe ich.« Nolan hielt ihr den Brief wieder hin. »Letzte Gelegenheit.« Als sie keine Anstalten machte, ihn zu nehmen, steckte ihn Nolan in seine Hemdtasche und sagte: »Ich werde Evan sagen, es geht Ihnen gut. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden. War schön, Sie kennengelernt zu haben.« Er ging an ihr vorbei die Treppe hinunter.
    Als er unten ankam, begann sie zu sprechen. »Mister Nolan. Ron.«
    Er drehte sich um und schaute zu ihr hinauf. »Ich habe nichts gegen das Militär«, sagte sie. »Ich habe nur etwas dagegen, dass Evan an diesem Krieg teilnimmt. Das ist ein Unterschied.«
    Nolan hob die Hand und salutierte. »Ja, Ma’am, wenn Sie das sagen.«

    Um halb acht klingelte er wieder an ihrer Tür.
    Sie kam in Tennisschuhen, einer kurzen Sporthose und einem schwarzen Nike-Tanktop an die Tür. Das Haar hatte sie zu einem Pferdeschwanz nach hinten gebunden. Sie hatte immer noch kein Make-up aufgetragen, und es sah aus, als hätte sie geweint.
    »Ich werde diesen Brief nicht lesen«, sagte sie als Erstes. »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt.«
    »Ja, haben Sie. Aber deswegen bin ich nicht hier.«
    »Ach … weswegen dann?«
    »Also, ganz offensichtlich sind Sie nicht mehr mit Evan
zusammen. Deshalb dachte ich, ob Sie vielleicht Lust hätten, was trinken zu gehen.«
    Sie verschränkte die Arme über der Brust. »Sie wollen mit mir ausgehen?«
    »Ich frage nur, ob Sie vielleicht etwas mit mir trinken gehen würden. Das ist doch keine Staatsaffäre.«
    »Ich dachte eigentlich, ich hätte mich klar genug ausgedrückt, wie ich es finde, mich auf Leute vom Militär einzulassen.«
    »Das haben Sie, und es würde mir das Herz brechen, wenn ich beim Militär wäre. Was ich glücklicherweise nicht bin.«
    »Aber Sie sagten doch, Sie wären mit Evan im Irak?«
    »Bin ich auch. Aber ich bin

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