Schattenkampf
Teil. Die Beleuchtung im Lokal war gedämpft; nur kleine Strahler über den Tischen ermöglichten das Studium der Speisekarte. Tara bestellte einen italienisch klingenden Weißwein, von dem er nie gehört hatte; er selbst entschied sich für einen Beefeater Martini.
Der Kellner entfernte sich. Tara nahm einen Schluck Wasser. »Ich habe zwar gesagt, dass ich nicht streiten will, aber reden können wir durchaus, wenn Sie wollen. Wenn wir es nicht tun, könnte sich der Abend etwas schleppend gestalten.«
»Ich wollte lediglich keine heiklen Themen anschneiden.«
»Das mag ja sein, aber Sie haben keine zwei Wörter gesagt, seit wir losgefahren sind.«
»Das ist, weil mir alles, was mir einfiel, zu brisant erschien.«
»Wie was zum Beispiel?«
Nach kurzem Zögern rückte Nolan damit heraus. »Zum Beispiel, wie bezaubernd Sie aussehen. Sehen Sie? Schon habe ich Sie vergrätzt.«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Doch, glaube ich schon. Sie haben die Stirn gerunzelt.«
»Habe ich das?«
»Eindeutig.«
»Ich wollte aber nicht die Stirn runzeln. Ich bin nicht vergrätzt. Es war kein missbilligendes Stirnrunzeln. Ich fühle mich sogar geschmeichelt. Danke.« Sie kratzte an der Serviette neben ihrem Teller. »Wahrscheinlich kann ich einfach
nur nicht mit Komplimenten umgehen. Dazu kommt, dass ich ein wenig nervös bin. Vielleicht war es doch ein Fehler.«
»Was?«
»Mit Ihnen essen zu gehen. Es hat sich nur im ersten Moment so verlockend angehört, zusammen auszugehen und …« Seufzend schlug sie mit einem weiteren Schluck Wasser einen Moment tot. »Ich möchte keinen falschen Eindruck bei Ihnen erwecken.«
»Inwiefern?«
»Dass das ein Date ist. Ein Mann/Frau-Date.«
»Okay, ich werde versuchen, keinen falschen Eindruck zu gewinnen. Was wäre der richtige?«
»Dass es nur ein gemeinsames Abendessen ist. Zwei Leute, die in einem Restaurant zusammen essen.«
Er lächelte sie an. »Im Gegensatz wozu? Einem romantischen Essen zu zweit?«
»Wahrscheinlich. Ich dachte nicht, dass das ein romantisches Essen zu zweit würde. Vielleicht habe ich deshalb die Stirn gerunzelt.«
»Wären wir also wieder bei diesem Punkt? Sie haben die Stirn gerunzelt, weil ich gesagt habe, Sie sind bezaubernd, was wiederum heißt, dass ich ein erotisches Interesse haben könnte.«
»Etwas in der Art, schätze ich mal.«
Der Kellner kam mit ihren Getränken, und Nolan wartete, bis er außer Hörweite war, bevor er einen Schluck von seinem Martini nahm und den Gesprächsfaden wieder aufgriff. »Also schön, ich verspreche Ihnen, dass ich versuchen werde, kein erotisches Interesse zu zeigen. Sie sind die Freundin eines Freunds von mir, weshalb das ohnehin etwas heikel wäre,
sieht man einmal davon ab, dass Sie gesagt haben, Sie wollen nichts mehr von ihm wissen.«
»Glaube ich jedenfalls.«
»Ah. Mit einem Mal hört sich die Geschichte schon ganz anders an.«
»Nein, nicht wirklich. Ich habe einfach nur nicht gedacht, dass ich schon so bald mit jemand anderem ausgehen würde. Wie bei einem Date.«
»Wissen Sie was? Wie wär’s, wenn wir das hier weder ein Date noch sonst etwas nennen? Lassen wir es einfach das sein, was es ist. Oder müssen Sie das jetzt gleich entscheiden?«
»Wahrscheinlich nicht. Ich möchte Ihnen bloß keine widersprüchlichen Signale senden. Ich bin nicht mehr wirklich mit Evan zusammen, aber …«
»Aber er ist Ihnen noch nicht gleichgültig.«
Sie hob die Schultern. »Ich weiß auch nicht. Seine Briefe nicht zu beantworten ist eine willentliche Entscheidung. Nichts mehr für ihn zu empfinden lässt sich dagegen nicht so einfach mit einer willentlichen Entscheidung herbeiführen. Ich könnte nicht sagen, dass ich schon an diesem Punkt bin. Und jetzt sind wir hier, Sie und ich. Sie haben mich gefragt, ob ich mit Ihnen essen gehen will, und ich habe Ja gesagt. Ich weiß nicht, warum ich das getan habe.«
»Weil Sie Hunger hatten?«
»Wir hätten auch zu McDonald’s gehen können. Ich hätte mich nicht umziehen müssen. Das hier ist irgendwie … was anderes.«
»Als McDonald’s? Das will ich doch hoffen.« Nolan beugte sich über den Tisch und sah ihr in die Augen. »Schauen Sie, Tara, so kompliziert ist die Sache doch wirklich nicht. Ich kenne Sie nicht, und die zwei einzigen Dinge, die ich über Sie
weiß, sind, erstens, dass wir wahrscheinlich unterschiedlicher Meinung sind, was das Militär angeht, worüber wir aber nicht sprechen dürfen. Und zweitens, dass Sie sehr hübsch sind. Das ist nur eine
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