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Schattenkampf

Titel: Schattenkampf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lescroart
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Vergeltungsmaßnahme trug - Rache an einem von Ahmads (oder Kuvans) Feinden oder sogar an einem Geschäftskonkurrenten.
    Als Evan jetzt an einem glühend heißen Vormittag in Masbah, immer noch verkatert von den Bieren vom Vorabend, auf dem Beifahrersitz seines im Stau stehenden Humvee saß, versuchte er, Ordnung in seine Gedanken zu bringen. Er musste sich etwas einfallen lassen, um seine Truppe von hier loszueisen; er musste aufhören, jeden Abend mit Nolan zu trinken; er musste sich damit abfinden, dass mit Tara Schluss
war; er musste sich überlegen, was er machen wollte, wenn er wieder nach Hause kam.
    Sein Schädel brummte, und er schloss die Augen. Tony Onofrio, der am Steuer saß, musste seinen Moment der Schwäche mitbekommen haben, denn er drehte die Musik zu schmerzhafter Lautstärke auf - Toby Keith’ neuer Hit »The Angry American - Courtesy of the Red, White, and Blue«. Das war Tonys nicht besonders subtile Strafe dafür, dass es Evan noch nicht gelungen war, ihre Versetzung zu erwirken. Der andere fiese Aspekt dieser schädelsprengenden Lautstärke war, dass Evan sich nicht anmerken lassen durfte, dass sie ihn störte - denn das wäre gleichbedeutend mit dem Eingeständnis gewesen, dass er einen Kater hatte. Tony wusste natürlich, dass er einen Kater hatte. Die Botschaft war unmissverständlich - wenn Evan ihrer aller Sicherheit gefährdete, bloß weil es ihm wichtiger war, sich jeden Abend zu besaufen, als sie hier rauszuholen, dann konnte Tony seine Musik so laut spielen, wie es ihm passte.
    Doch plötzlich waren alle diese Überlegungen unwichtig. Sie fuhren mit knapp zwanzig Stundenkilometer und waren gerade an der Einmündung einer Seitenstraße vorbei, als Nolan dreimal rasch hintereinander auf das Dach klopfte. »Achtung«, brüllte er aufgeregt nach unten, »verdächtiges Fahrzeug auf zehn Uhr. Zehn Uhr.«
    Schlagartig in Alarmbereitschaft - das war eine Situation, für die er ausgebildet worden war - gab Evan die Meldung über Funk an den Rest seiner Gruppe weiter. »Pisoni! Gene, können wir vielleicht schneller fahren?« Dann brüllte er zu Nolan hinauf. »Zuerst Handzeichen, Ron. Wink sie zurück. Wink sie zurück!«
    Aus dem Funk hörte er. »Negativ, Sir. Wir stecken fest.«

    Nolan brüllte. »Kommt weiter auf uns zu.«
    »Nicht feuern! Wiederhole, nicht feuern.«
    Er wusste, er musste erst sehen, wie ernst die Bedrohung war, bevor er eine Reaktion formulierte. Wenn sonst schon nichts, musste er dafür sorgen, dass diese Begegnung nach den Einsatzregeln ablief, die für die eskalierte Warnstufe galten. Wenn es allerdings ein Selbstmordattentäter war, der sie aufs Korn genommen hatte, musste er schnell reagieren und durfte nicht zögern, das Feuer zu eröffnen. Er zog seine Seitenwaffe, die Beretta M9, und steckte, nach hinten gewandt, den Kopf aus dem Fenster. Hinter ihnen war eine ramponierte weiße Limousine ohne Nummerschilder aus einer Seitenstraße gekommen und in die Lücke zwischen ihnen und der Autoschlange hinter ihnen gefahren. Seit neuestem trug das hintere Fahrzeug eines Konvois eine relativ große Aufschrift auf Englisch und Arabisch, die nachfolgende Fahrzeuge aufforderte, mindestens dreißig Meter Abstand zu halten, wobei erfahrene Bagdader Autofahrer dazu tendierten, sich diesbezüglich vorsichtshalber etwas nach oben hin zu verschätzen. Dieses Auto war jedoch höchstens zwanzig Meter hinter ihnen in die Hauptstraße eingebogen und kam immer näher.
    Als Evan nach oben schaute, sah er, dass Nolan sich zu voller Größe aufgerichtet und beide Arme mit den Handflächen nach vorn ausgestreckt hatte - das klassische »Zurückbleiben«-Signal. Um das Auto hinter ihnen besser sehen zu können, streckte Evan den Kopf noch weiter aus dem Fenster. Die in der Windschutzscheibe gespiegelte Sonne erschwerte die Sicht ins Wageninnere, aber Evan glaubte trotzdem, auf dem Vordersitz zwei Personen erkennen zu können. Das hintere Fenster auf der Beifahrerseite war offen, und er erhaschte
einen kurzen Blick auf einen Unterarm, der sofort nach drinnen gezogen wurde.
    »Es sind mindestens drei«, rief er zu Nolan hoch. Dann wieder ins Funkgerät. »Gene, können Sie auf die Seite ausweichen und den Stau außen umfahren? Vielleicht sogar auf dem Gehsteig?«
    »Alles verstopft, Sir. Negativ. Kommen sogar noch langsamer voran.«
    »Scheiße.« Evan wusste, dass sie für solche Situationen eine extrem starke Taschenlampe auf dem Rücksitz hatten. Er zog sich wieder durchs Fenster ins

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