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Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition)

Titel: Schattenkind: Kriminalroman (Yngvar Stubø-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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eine Schwimmweste an.
    »Ich kann aber schwimmen! Ich muss die bloß anziehen, wenn ich Krebse fange. Das ist eine Regel. Hier auf der Hütte gibt es ganz schön viele Regeln. Die haben fast alle mit Wasser zu tun. Und mit Feuer. Und mit der Felswand da hinten.«
    Die Kleine zeigte nach Norden, ehe sie sich eine mit Bindfaden umwickelte Wäscheklammer schnappte und zum Strand neben dem Steg hinuntertanzte. Inger Johanne schaute ihr hinterher, als sie zwischen den Steinen nach Miesmuscheln suchte.
    »Hier ist es wirklich schön«, sagte sie leise.
    »Wir sind zufrieden«, sagte Ragnar Reiten grinsend. »Das Grundstück gehört meinen Eltern, aber die sind fast nie hier. Kommen so langsam in die Jahre, wissen Sie, und es ist ja doch ein bisschen primitiv hier am Meer, trotz allen modernen Komforts.«
    Er öffnete einen kleinen Kühlschrank unter dem langen Anrichtetisch, zog eine Flasche Mineralwasser heraus und warf sie ihr zu. Sie hätte sie fast nicht erwischt.
    »Aber nun setzen Sie sich doch. Meine Frau kommt in einer halben Stunde, sie holt Freunde vom Bahnhof in Fredrikstad ab. Solche Orte wie den hier muss man teilen! Wir haben fast den ganzen Sommer lang Gäste.«
    »Das glaube ich Ihnen gern.«
    Sie setzte sich in den Schatten, halb von der Aussicht abgewandt. Als sie den Verschluss von der Flasche drehte, schäumte ein Drittel des Inhalts heraus. Ragnar Reiten schien ihr kein Glas holen zu wollen, deshalb setzte sie die Flasche an den Mund und trank.
    »Schade, dass Sie nicht bleiben können«, sagte er. »Wo Sie schon den ganzen Weg aus Oslo gekommen sind ...«
    »So weit ist das doch nicht.«
    Er biss sich konzentriert in die Lippe, als er das große Fleischstück umdrehte, ehe er sich ihr zuwandte.
    »Was kann ich denn nun für Sie tun?«
    »Es geht um Sander.«
    »Ach?«
    Sein Lächeln war verschwunden.
    »Ich habe Grund zu der Annahme, dass zwei Meldungen bei Ihnen eingelaufen sind, weil sich jemand Sorgen um ihn machte.«
    Er legte den Ölpinsel weg. Ein tiefes V zeichnete sich über seiner Nasenwurzel ab, und seine Stimme klang anders, als er sich ihr gegenüber auf einen Stuhl setzte, die Sonnenbrille weglegte und fragte: »Und was in aller Welt geht Sie das an?«
    »Ganz offiziell?«
    Sie zuckte kurz mit den Schultern.
    »Nichts. Aber ich glaube, mich mit Fug und Recht dafür zu interessieren.«
    »Am Telefon haben Sie gesagt, dass Sie als Freundin von Ellen kommen. Wenn das stimmte, würden Sie wohl kaum hier sitzen und mich nach Meldungen fragen, die ihren Mann der Kindesmisshandlung bezichtigen.«
    »Vielleicht nicht. Aber stimmt es denn nun? Dass Sie solche Meldungen erhalten haben?«
    Er griff in seine Brusttasche hinter der Schürze und zog eine Packung Marlboro heraus. Mit einem verstohlenen Blick zu seiner Tochter schob er sich die Zigarette in den Mund und steckte sie sich mit dem Grillanzünder an.
    »Ich sehe ja ein, dass ich es indirekt bereits bestätigt habe«, sagte er und machte einen Lungenzug. »Aber Sie verstehen sicher, dass ich dieses Thema unter keinen Umständen mit Ihnen diskutieren kann. Schweigepflicht and all that jazz .«
    »Papa«, rief Kari vom Strand her. »Sieh mal! Ein Seestern!«
    Er versteckte die Zigarette in der einen Hand und winkte mit der anderen seiner Tochter zu.
    »Wie schön, Schnuffel. Aber such doch noch mehr Miesmuscheln.«
    »Dafür habe ich Verständnis«, sagte Inger Johanne freundlich. »Ich wollte Ihnen nur die Möglichkeit geben, sich zu erklären, bevor ich die Sache weiterreiche.«
    »Weiterreichen? Was für eine Sache? Und was zum Teufel wollen Sie damit eigentlich sagen?«
    Er zog wütend an seiner Zigarette.
    »Die Einzelheiten zu Sanders Tod.«
    »Das war ein Unfall.«
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Das will ich ja gerade herausfinden.«
    »Und wer hat Sie beauftragt?«
    »Niemand. Es sei denn, mein Gewissen.«
    Sie hörte sofort, wie idiotisch und dünkelhaft das klang, und sie versuchte, es durch ein Lächeln zu überspielen. Er erwiderte das Lächeln nicht. Er musterte sie unangenehm sorgfältig, schweigend, und rauchte die Zigarette fast bis zum Filter.
    »Ich bin wirklich froh, dass ich nicht mit Ihnen befreundet bin«, sagte er endlich und ließ die Kippe auf den Boden fallen, trat sie aus und hob sie wieder auf. »Und in der Hoffnung, dass Sie Ellen und Jon nicht mit einem vergleichbaren Besuch quälen, werde ich Ihnen etwas sagen, das unter uns bleiben muss.«
    Er ließ die Kippe in eine leere Coladose fallen.
    »Diese

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