Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Schattenkinder - im Zentrum der Macht

Titel: Schattenkinder - im Zentrum der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
Vom Netzwerk:
erkundigte sich Trey.
    »Wir machen Kontrollgänge«, antwortete der erste Mann. »Zur Überwachung der Ausgangssperre.«
    »Dann ab an die Arbeit«, befahl Trey. »Mir war, als hätte ich dort hinten Geräusche gehört!« Er deutete in die entgegengesetzte Richtung.
    »Jawohl, Sir!«, sagten die Männer und gingen eilig davon.
    Trey musste sich das Kichern verkneifen, während er zusah, wie die beiden abzogen. Er hatte die Bevölkerungspolizei ausgetrickst. Nur weil er eine Uniform trug und nur weil sie dachten, er bekleide einen höheren Rang.
    Jetzt weiß ich, wie sich die Soldaten im Trojanischen Pferd gefühlt haben
, dachte er.
Wenn ich vor vielen Hundert Jahren gelebt hätte, hätten die Menschen mir zu Ehren auch epische Verse verfasst. Etwas über »Das dritte Kind im Gewand seiner Feinde . . .«.
    Er ging weiter, schlenderte förmlich und grübelte über Reim und Rhythmus. Epische Gedichte klangen auf Franzö sisch immer am schönsten.
Mal sehen. »Le troisième enfant dans les vêtements de ses ennemis . . .
«
    Er war so in Gedanken vertieft, dass er das Geflüster erst hörte, als er völlig davon umzingelt war.

24.   Kapitel
    E r ist allein . . .«
    »Vielleicht hat er Essen dabei . . .«
    »Vielleicht ist
sein
Essen nicht vergammelt . . .«
    »Wer ist da?«, rief Trey plötzlich panisch. »Wer ist da, hab ich gefragt?«
    Er blickte sich verzweifelt um, doch er sah nichts als leere Ladenfronten und dunkle, undurchdringliche Schatten. Die zerlumpten Überreste eines Schaufensterkleides bewegten sich in einer lautlosen Brise und ließen Trey erstarren. Aber die Fetzen hingen an einer Schaufensterpuppe, nicht an einem echten Menschen.
    »In dieser Gegend patrouillieren jede Menge Bevölke rungspolizisten !«, rief Trey, obwohl er nur die beiden Män ner gesehen hatte. »Also, nehmen Sie sich in Acht!«
    »Vielleicht hat er Essen . . .«
    »Essen . . .«
    »Essen . . .«
    Das Wort hallte durch die leere Straße. Dann stürzte sich innerhalb von Sekundenbruchteilen eine Horde auf Trey. Zuerst glaubte er, es seien Tiere, keine Menschen – wie groß wurden streunende Katzen eigentlich? Doch dann begannen all die Kreaturen gleichzeitig auf ihn einzuschreien.
    »Wo ist es?«
    »Gib uns dein Essen!«
    »Wartet!«, protestierte Trey. »Ich bin kein   –« Aber wollte er ihnen wirklich verraten, dass er gar nicht zur Bevölke rungspolizei gehörte? Er sah das Glitzern in den Augen eines der ausgemergelten Gesichter – einem Frauengesicht, wie er vermutete – und begriff, dass es diese Leute nicht im Mindesten kümmern würde, ob er ein drittes, viertes oder fünfzehntes Kind war. Alles, was sie wollten, war etwas zu essen.
    Er änderte die Taktik.
    »Hört mir zu!«, versuchte er ihnen zu erklären. »Ich habe kein Essen bei mir. Aber wenn ihr euch registrieren lasst, wird die Bevölkerungspolizei euch und euren Familien zu essen geben. . . .«
    Jemand schlug ihn.
    »Das Essen der Bevölkerungspolizei ist verdorben!«
    »Es ist voller Käfer!«
    »Das Zeug kann man nicht mal einem Hund vorsetzen!«
    »Und jetzt kriege ich meinen kleinen Johnny drei Jahre lang nicht mehr zu Gesicht!«, klagte die Frau mit den glitzernden Augen.
    Trey schwankte immer noch von dem Schlag, den er erhalten hatte.
    »Ich will doch nur – ich habe keinen Einfluss auf die Essensverteilung«, sagte er. »Ich habe damit nichts zu tun.«
    Die Menge schob sich immer dichter an ihn heran. Die Leute schienen seine Argumente gar nicht zu hören. Sie waren ihnen egal.
    Na bravo
, dachte Trey.
Da fürchte ich mich jahrelang davor, dass man mich umbringt, weil ich ein drittes Kind bin.
Stattdessen werde ich umgebracht, weil ich bei der Bevölke
rungspolizei
bin. Schon komisch, diese Ironie!
    »Die Verstärkung ist unterwegs!«, schrie Trey. »Sie bringen Essensnachschub! Gutes Essen! Aber wenn ihr mir etwas tut, bekommt ihr nichts!«
    Niemand fiel darauf herein. Die Hände griffen weiter nach ihm. Auch Fäuste. Trey wand sich wie ein Aal und hechtete durch die Menge. Es war wie bei dem Spiel »Kettensprengen« in der Hendricks-Schule – alles tat weh, aber er durchbrach die gegnerische Linie. Er landete zusammengesackt auf dem Boden, rappelte sich sofort wieder hoch und ergriff die Flucht.
    »Packt ihn«, schrie jemand.
    Trey rannte schneller als je zuvor. Er hörte die schreiende Menge hinter sich. Ein oder zwei Mal griff eine Hand nach seinem Arm, doch er konnte sie jedes Mal abschütteln.
    »Hilfe!«, schrie er.

Weitere Kostenlose Bücher