Schattenkinder - im Zentrum der Macht
Wachmann der Bevölkerungspolizei. Ihre Verhandlungen schienen Stunden zu dauern, weil jeder von ihnen Angst hatte, zu viel preiszugeben.
»Wie kommt es, dass du einen Pritschenwagen hast?«, fragte der Bevölkerungspolizist. »Und wo steht er?«
»Das können wir Ihnen nicht verraten«, erwiderte Mark.
»Um wen machen Sie sich Sorgen?«, fragte Trey.
»Ich will keine Namen nennen«, sagte der Mann. »Es ist besser für euch, wenn ihr sie nicht wisst.« »Und wie heißen Sie?«, fragte Mark.
»Das spielt keine Rolle«, sagte der Wachmann. Trey beobachtete ihn verstohlen, um sein Gesicht deutlicher zu sehen, doch der Mann hielt den Kopf sorgsam im Schatten und den Lichtstrahl der Taschenlampe von seinen Zügen abgewandt. Auf seiner Uniform befand sich weder ein Namensschild noch ein anderes Erkennungsmerkmal.
Konnten Mark und Trey ihm vertrauen?
Sie hatten keine Wahl.
Trey musste eine wichtige Information preisgeben: Er verriet dem Wachmann, dass man sich in der Villa der Grants von Zimmer zu Zimmer bewegen konnte, indem man durch die Luftschächte kroch. Der Mann nickte mit ernstem Gesicht, als er dies hörte.
»So kann ich an die geheimen Unterlagen gelangen«, murmelte er. »Und die Dokumente suchen, die ich fälschen muss . . .«
»Das übernehme ich«, sagte Trey. »Sagen Sie mir, wo ich hinmuss, und ich hole, was Sie wollen. Und dann lassen Sie Mark frei.«
»Nein«, erwiderte der Wachmann. »Das erledigt jemand anderes.«
»Wer denn?«, fragte Trey.
»Spielt keine Rolle«, lautete die Antwort des Wachmanns.
Insgeheim war Trey erleichtert, nicht wieder durch die Schächte kriechen zu müssen. Doch seine Erleichterung verflog auf der Stelle, als ihm klar wurde, welche Aufgabe ihm stattdessen zufiel: Er musste den Pritschenwagen fahren.
»Mein Partner und ich müssen uns beraten«, erklärte Trey, als die drei sämtliche Pläne vervollständigt hatten.
»Schön«, sagte der Wachmann.
Er ging auf die andere Seite des Kellers, hielt jedoch die Taschenlampe weiter auf Mark und Trey gerichtet.
»Mark, das kann ich nicht!«, protestierte Trey so leise wie möglich. »Können wir ihn nicht bitten mich in den Käfig zu sperren und dich fahren zu lassen?«
Mark sah zur anderen Seite hinüber, wo der Mann saß und düster vor sich hinstarrte.
»Er vertraut uns jetzt schon nicht«, meinte Mark. »Weil er glaubt, dass wir ihn hereinlegen wollen oder dass wir nur bluffen. Außerdem ist Autofahren ganz leicht. Du musst nur daran denken, die Kupplung zu treten, wenn du den Gang wechselst. Ach ja, und du wirst die meiste Zeit vorwärts fahren,also musst du aus der Frontscheibe schauen und nicht aus dem Rückfenster . . .«
»Ich brauche eine Entscheidung«, meldete sich der Wachmann von der anderen Seite.
»Wir sind einverstanden«, sagte Mark.
Und so kam es, dass Trey zehn Minuten später die Kellertreppe hinaufstieg. Er trug eine frische Polizeiuniform, die ihm der Wachmann gegeben hatte, die mitgebrachten Dokumente hatte er ebenfalls wieder eingesteckt und seine ursprüngliche Kleidung dann in eine der Kisten der Grants gestopft. Doch die neue Uniform war nicht eintönig grau wie die der neuen Rekruten. Sie hatte das unheimliche Schwarz der Gefangenenaufseher.
»Ich bringe dich zur Tür«, sagte der Wachmann und führte Trey durch einen dunklen Korridor. Vor vielen Türen, an denen sie vorüberkamen, standen weitere Wachmänner, die Trey und seinem mysteriösen Begleiter jedoch kaum Beachtung schenkten.
Die Eingangshalle war jetzt leer, das Heer der Rekruten hatte sich wer-weiß-wohin verzogen.
»Es ist vier Uhr morgens«, flüsterte der Wachmann, als sie in der Tür standen. »Wenn du bis sechs nicht zurück bist . . .«
Er musste den Satz nicht beenden. Wenn Trey bis sechs Uhr nicht zurückkam, würde Mark sterben.
»So lange brauche ich nicht«, versprach Trey.
Der Wachmann übergab ihm ein Bündel amtlich aussehender Papiere.
»Vollmachten«, sagte er. »Zeig sie am Dienstboteneingang vor, wenn du zurückkommst. Dort hinten.« Er deutete vagein eine Richtung, doch Trey fragte nicht genauer nach. Den Dienstboteneingang zu finden war die geringste seiner Sorgen.
Er trat hinaus in die kalte Nachtluft und der Wachmann schloss die Tür hinter ihm.
Die Treppe hinab, den Weg entlang und über die Auffahrt . . . Trey bewegte sich wie im Traum, seine Furcht vor der freien Natur wurde von noch größeren Ängsten übertrof fen . Am Eingangstor brummte ihm der Wachtposten lediglich etwas zu. Davor
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