Schattenkinder - im Zentrum der Macht
schoss der Wagen den Hang hinauf und auf die Straße zu. Zweige schlugen seitlich gegen den Pick-up und die Reifen zermalmten junge Bäumchen, doch das war Trey egal, solange keines dieser Hindernisse ihn aufhielt.
Oben auf dem Niveau der Brücke erstarb der Motor wieder, sobald Trey versuchte den Vorwärtsgang einzulegen.
»Sir! Sie zwingen mich zu der Annahme, dass Sie keineswegs auf einer rechtmäßigen Mission der Bevölkerungspoli zei sind!«, schrie ihm der Wachtposten zu. »Steigen Sie aus dem Wagen aus oder –«
Trey ließ den Motor wieder an, brauste am Wachtpostenvorbei und fuhr im ersten Gang so schnell er konnte davon. Der Motor gab schreckliche Geräusche von sich, doch Trey konnte es nicht riskieren, höher zu schalten.
»Ich habe Sie gewarnt«, schrie der Wachtposten.
Trey hörte einen Schuss, doch er wurde nicht getroffen und der Pritschenwagen auch nicht, soweit er das beurteilen konnte. Er bog um die Ecke, schoss in eine andere Straße, so dass nun eine Häuserreihe zwischen ihm und dem Wachtposten lag.
Wenn er nun per Funk Verstärkung anfordert?
, fragte sich Trey
. Wenn jetzt die gesamte Bevölkerungspolizei im Land nach mir zu suchen beginnt?
Er bog in eine dunkle Gasse ein und stellte den Motor ab. Die Ungewissheit bereitete ihm Höllenqualen. Im Schatten verborgen schlich er leise zurück zur Brücke.
Der Wachtposten stand immer noch auf der Brücke, doch er brüllte in kein Funkgerät. Stattdessen zog er unerklärli cherweise das Hemd aus. Verblüfft sah Trey mit an, wie er das Hemd auf den Boden legte, sich ein paar Schritte entfernte und sein Gewehr darauf abfeuerte. Dann legte er die Waffe beiseite und hielt das Hemd in die Luft. Licht fiel von beiden Seiten durch die Einschusslöcher. Lachend warf der Wachmann das Hemd über die Brüstung und winkte in die Dunkelheit auf der anderen Seite der Brücke. Mehrere dunkle Gestalten erschienen aus der Finsternis – Männer in dunklen Hemden und Hosen, die allesamt riesige Taschen auf dem Rücken trugen. Es waren Säcke aus Sackleinen oder etwas Ähnlichem, die für den Transport von Lebensmitteln bestimmt waren.
Lebensmittel? Waren das vielleicht Schmuggler?
Der hemdlose Wachtposten klemmte sich das Gewehr hinter den Gürtel und schnappte sich selbst einen Sack. Dann marschierten die Männer in die entgegengesetzte Richtung davon und verschwanden in der Dunkelheit.
War dieser Wachmann gerade von der Bevölkerungspolizei desertiert?
, fragte sich Trey.
Oder hatte er von Anfang an nur Theater gespielt?
So oder so schien er nicht mehr darauf aus zu sein, Trey zu verfolgen, nachdem dieser außer Sichtweite war. Einigermaßen erleichtert schlich Trey zum Wagen zurück, ließ ihn an und machte sich vorsichtig auf den Rückweg zum Hauptquartier.
Wer konnte schon wissen, was ihn dort erwarten würde, nach allem, was er auf den Straßen erlebt hatte.
26. Kapitel
D ie Rückfahrt zum ehemaligen Haus der Grants nahm nur einen Bruchteil der Zeit in Anspruch, die das Auffinden des Wagens gebraucht hatte. Doch Trey war den ganzen Weg über in Sorge; er sorgte sich um den Lärm des Motors; er war besorgt, dass ein weiterer Mob auf ihn losgehen könnte, und er sorgte sich jedes Mal, wenn ihm beim Schalten der Motor abstarb und er ihn neu anlassen musste. Ihm war klar, dass er in dieser Situation ein leichtes Ziel abgab, eine perfekte Schießscheibe für jeden, der zufällig vorbeikam. Doch es kam niemand.
Vielleicht hat der Motorenlärm sie verscheucht?
, versuchte er sich einzureden.
Vielleicht ist es gut, dass ich einen solchen Radau veranstalte?
Der Mob, die Schmuggler und der so leicht zu überlistende Wachmann der Bevölkerungspolizei schienen einfach nicht in die streng reglementierte Welt zu passen, von der ihm seine Eltern immer erzählt hatten.
Hat sich denn alles verändert?
, fragte sich Trey.
Oder sind die Veränderungen noch im Gange?
Er spähte in die vom Scheinwerferlicht erhellte Umgebung, als könne sich selbst die Luft jeden Moment verändern.
He, Dad?
, dachte er.
Du hättest mich unmöglich auf all das vorbereiten können. Ich weiß jetzt, dass du dein Möglichstes getan hast.
Der Himmel war zum Glück noch dunkel, als Trey vor dem Hauptquartier vorfuhr. Gähnend und ohne ihn groß anzusehen überprüfte der Wachtposten am Tor Treys Papiere.
»Erlaubnis zur Weiterfahrt erteilt«, murmelte er.
Trey lenkte den Wagen zur Rückseite des Gebäudes und hoffte, dass er ihn nicht direkt vor dem Hauptquartier
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