Schattenkommando: Thriller (German Edition)
entging ihm nicht, dass durch das Herandrängen immer mehr Schaulustiger die anderen immer weiter nach vorn geschoben wurden, wodurch sich ein Gefühl des Erdrücktwerdens und lebensbedrohlicher Angst unter ihnen ausbreitete. Kam es zu einer Panik, würde sich die Menschenmenge von hier auf jetzt in einen unkontrollierbaren Mob verwandeln, und wenn dann ein Soldat oder bewaffneter Zivilist sein Leben in Gefahr sah, würde es zu einer Schießerei mit rasch in die Höhe schnellenden Opferzahlen kommen.
Buzhazi hingegen schien das Offensichtliche nicht wahrzunehmen. Er schritt weiter voran – keineswegs bedrohlich, aber auch nicht in übertriebener Freundlichkeit, sondern durchaus zielstrebig, dabei weder auf Konfrontation aus wie ein Soldat noch überschwänglich im Stil eines wahlkampfführenden Politikers. Was mochte nur in ihm vorgehen? Hielt er sich für unverwundbar? Was auch immer, er schätzte diese Menschenmenge falsch ein. Rahmati überlegte bereits, in welche Richtung er sich aus dem Staub machen sollte, falls die Situation aus den Fugen geriet.
» Salam aleikum « , rief Buzhazi und hob die rechte Hand, sowohl zum Gruß, aber auch um zu zeigen, dass er unbewaffnet war. » Gibt es Verletzte hier? «
Ein junger Mann, nicht älter als siebzehn oder achtzehn, trat vor und stieß seinen Finger in Richtung des Generals. » Was schert es einen verdammten Soldaten, ob hier jemand …? « Plötzlich hielt er, den Finger noch immer ausgestreckt, inne. » Sie sind das? Hesarak Buzhazi, der neue Kaiser von Persien! « , spottete er. » Die Reinkarnation von Cyrus und Alexander höchstpersönlich. Müssen wir vor Ihnen niederknien, oder reicht eine schlichte Verbeugung, o Herr? «
» Ich fragte, ob es hier Verletzte …? «
» Wie denken Sie jetzt über Ihr Reich, General? « , fragte der junge Mann voller Hohn und wies auf den beißenden Rauch, der sich nicht allzu weit entfernt in den Himmel erhob. » Oder heißt es jetzt Kaiser Buzhazi? «
» Wenn hier niemand Hilfe benötigt … Ich brauche ein paar Freiwillige, die die Menschen vom Ort der Explosion fernhalten, Zeugen ausfindig machen und bis zum Eintreffen der Polizei Beweismittel sichern « , sagte Buzhazi, wandte seine Aufmerksamkeit von dem großmäuligen Hitzkopf ab – wenn auch nicht ganz – und pickte sich den Ältesten aus der Menge heraus. » Sie dort, guter Mann. Ich möchte Sie bitten, ein paar Freiwillige auszuwählen und diesen Tatort zu sichern. Außerdem benötige ich … «
» Wieso sollten wir Ihnen helfen, o Herr und Meister? « , ereiferte sich wieder der junge Mann. » Diese Gewalt haben wir doch Ihnen zu verdanken! Der Iran war ein friedliches und sicheres Land, bis Sie hier aufgetaucht sind, alle abschlachteten, die mit Ihren totalitären Ideen nicht einverstanden waren, und die Macht übernommen haben. Wieso sollten wir ausgerechnet mit Ihnen zusammenarbeiten? «
» Friedlich und sicher war es hier, ja. Unter der Knute der Geistlichen, der Islamisten und Geistesgestörten, die jeden ermordet oder eingesperrt haben, der nicht nach ihren religiösen Zwängen lebte « , entgegnete Buzhazi, unfähig, sich dem Sog einer Diskussion zu entziehen, die, wie er wusste, nicht zu gewinnen war. » Sie haben das Volk verraten, so wie sie mich und jeden in der Armee verraten haben. Sie … «
» Darum geht es, hab ich recht, o mächtiger Herrscher? « , rief der junge Mann. » Um Sie persönlich! Ihnen gefällt nicht, wie Ihre einstigen Freunde, die Geistlichen, Sie behandelt haben. Also haben Sie sie abgeschlachtet und die Macht an sich gerissen. Wieso sollte uns interessieren, was Sie jetzt daherreden? Sie würden uns doch alles versprechen, nur um an der Macht zu bleiben, bis Sie mit der Vergewaltigung dieses Landes fertig sind. Und anschließend fliegen Sie von Ihrem ach so günstig gelegenen neuen Hauptquartier im Flughafen Mehrabad auf und davon. «
Einige Augenblicke lang schwieg Buzhazi, dann, zur Überraschung aller Umstehenden, nickte er. » Du hast recht. Ich war wütend über den Tod meiner Soldaten, die so hart dafür gekämpft haben, die Radikalen und Irren in der Basij loszuwerden und etwas aus sich, aus ihrer Einheit, ihrem Leben zu machen. « Nach seiner Entlassung als Stabschef war Buzhazi – in der Folge der Angriffe amerikanischer Tarnkappenbomber auf ihren von den Russen gebauten Flugzeugträger ein Jahr zuvor – zum Kommandanten der Basij-i-Mostazefin, der » Bewegung der Unterdrückten « , degradiert worden, einer
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