Schattenlord 1 - Gestrandet in der Anderswelt
nicht mehr aushalten. Behalte mich lieber anders in Erinnerung …«
»Können wir etwas für Sie tun, Sir?«, fragte Jack förmlich. Er war keineswegs so emotionslos, wie er sich gab, das war nur Fassade.
Die anderen rückten näher zusammen.
»Ihr könnt bei mir sein, das ist der schönste Abschied für mich«, antwortete Elias fast fröhlich. »Und so könnt ihr wenigstens meine letzten Worte hören. Ich habe nämlich einen letzten Wunsch. Ich bitte euch, alle zu der Stadt zu gehen und eure Leidensgefährten zu befreien. Ihr seid eine Gemeinschaft, alle vom selben Schicksal betroffen. Haltet zusammen, bleibt zusammen, seid füreinander da. Lasst einander nicht im Stich. Und gebt nicht auf. Ihr sollt alle, die ihr noch da seid, zusammen zurückkehren. Und ich meine, nach Hause, in unsere Welt. Das wäre mein letzter Wunsch an euch, dann kann ich in Frieden gehen.«
Viele waren gerührt, einige schnieften ganz unverhohlen.
»Wir, äh …« Rimmzahn unterbrach sich. »Verdammt, was sagt man denn in so einem Moment, das nicht pietätlos klingt …«, murmelte er.
»Ich bin es, der etwas sagen muss«, beruhigte Elias ihn. »Das Angenehme an diesem Moment ist, dass die Schmerzen fort sind. Als ob ich schon gar nicht mehr da wäre, ich fühle mich leicht und schwebend. Und ich habe keine Angst, denn ehrlich gesagt glaube ich nicht, dass ich als verlorene Seele umherirren werde. Damit hat der Junge uns nur einen Schrecken einjagen wollen. Also macht euch keine Gedanken um mich. Ich bin froh, euch endlich die Sorge um mich abnehmen zu können. Nun könnt ihr beruhigt nach vorn schauen und euch ganz auf euer Ziel konzentrieren. Zeigt den Leuten hier, was echte Menschen sind. Und damit … lebt wohl. Leb vor allem du wohl, Laura, es war schön, dich kennengelernt zu haben.«
Elias legte sich zurück, seufzte, schloss die Lider, atmete noch einmal … und dann nicht mehr.
Kurz darauf löste sich seine Gestalt vor aller Augen auf, ganz unspektakulär. Es gab nur ein leichtes, diffuses Flimmern, und dann war er fort.
18
Aufbruch
M ilt nahm die leise schluchzende Laura in den Arm, und Zoe streichelte ihre Schulter.
»Hast ihn gern gemocht, was?«, sagte sie ungewöhnlich sanft. »Ein bisschen wie einen Vater, weil deiner nicht mehr mit dir redet …«
Die anderen standen betroffen und unschlüssig herum, hier und da wurden verstohlen Tränen weggewischt.
Dann ergriff Andreas das Wort. »Ich weiß, ihr würdet gern eine Gedenkfeier für Elias Fisher abhalten, aber … das geht nicht. Jede Minute, die wir verstreichen lassen, vergrößert den Vorsprung der Sklavenhändler. Deshalb muss ich euch bitten, sofort zusammenzupacken … falls es noch etwas gibt … und dann werden wir aufbrechen. Der Junge wird uns führen, und vielleicht finden wir auch die Spuren, wo sie entlanggeritten sind. Leider sind sie mit den Tieren sehr viel schneller als wir, weswegen wir von Haus aus im Hintertreffen sind.«
»Also das heißt dann endgültig Abschied«, sagte die Frau im Senfkostüm.
»Wir lassen nichts zurück«, sagte Felix zu ihr.
Da trat Rimmzahn nach vorn. »Ich möchte an dieser Stelle noch einmal auf unsere weitere Vorgehensweise kommen«, sagte er. »Ich bin nämlich keineswegs der Ansicht, dass wir alle den Sklavenhändlern folgen müssen.«
»Es … es war der letzte Wille von Elias …«, stotterte Andreas konsterniert.
»Ja, gut und schön, aber wir sollten nach der Vernunft entscheiden und nicht nach der Emotion einer Verpflichtung. Und darüber sollten wir jetzt reden.«
Karys murmelte zustimmend, und er war nicht allein.
»Was haben Sie denn für einen Vorschlag, Herr Rimmzahn?«, fragte Andreas.
»Ich habe mir überlegt, dass es sinnvoller wäre, uns aufzuteilen. Die einen verfolgen die Sklavenhändler, und die anderen machen sich auf den direkten Weg zum Schloss, eben in diese Residenz der Herrscher dieses Reiches. Ohne Zeitverzug werden wir dort die Verhandlungen aufnehmen und um Hilfe bitten. Sobald alles geklärt ist, können wir euch einen Hilfstrupp entgegenschicken, und dann werden wir alle gemeinsam nach Hause zurückkehren.«
Das klang plausibel, Laura musste das zugeben.
Zoe stieß ein schnaubendes Geräusch aus. »Aber sicher!«, rief sie. »Typen wie Sie kenne ich zur Genüge. Immer auf die Vernunft bedacht, immer parat mit klugen Sprüchen und klugen Vorschlägen wie eine richtige graue Eminenz. Aber wissen Sie was? Scheiß drauf! Alles, was Sie wollen, ist so schnell wie möglich
Weitere Kostenlose Bücher