Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
Nur vor Kramp muss er sich hüten.«
»Aber dass Fokke das nicht merkt ...«
»Ich bitte dich«, sagte Andreas. »Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Von seiner Position aus ist das eine ganz normale Ignoranz. Er geht davon aus, dass ich zwar noch einiges weiß, wodurch ich ihm nützlich bin, aber inzwischen brav und gefügig bin dank seiner Erziehung. Er kann ja schließlich nicht fehlgehen.«
»Hat er versucht, dich Fishers Seelenschar einzuverleiben?«, fragte Laura bang. Sie konnte jetzt aufrecht sitzen und wieder klar denken.
»Aber sicher.« Andreas lachte trocken auf. »Er kam sogar mit Loyalität und dergleichen daher! Ich konnte ihm aber klarmachen, dass ich dazu absolut nicht tauge. Schließlich bin ich ein guter Trickser ... und geisteskrank. Diese Erkenntnis hat er inzwischen.«
»Aber Andreas, ich habe nie etwas davon gemerkt und jetzt erst recht nicht.« Laura wollte das nicht so recht glauben.
»Siehst du, was für ein guter Trickser ich bin. Aber zugegeben, momentan hab ich eine gute Phase. Das kann auch ganz anders sein, frag Aswig.«
Der Schiffsjunge nickte.
Andreas fuhr fort: »Das führt zu zweierlei Dingen: Fokke hat Angst, sich was zu holen, falls er mich trinkt, und er benutzt mich als Mittler, lässt mich aber ansonsten in Ruhe. Er weiß nicht so recht, was er mit mir anstellen soll. Ich bin zu einem unberechenbaren Faktor geworden, den er nicht richtig einschätzen kann. Da ich mich aber immer unterwürfig verhalte, nimmt er zumindest nicht an, dass ich so etwas wie Widerstandsgeist besitzen könnte.«
»Ihr habt das nicht verdient«, sagte sie leise.
»Nein, und deswegen bist du ja jetzt hier«, versetzte Andreas munter. »Du wirst uns alle befreien.«
»Wenn ihr euch da mal keiner trügerischen Hoffnung hingebt.« Laura schwenkte um. »Wie geht es Milt und Finn?« Das war ihre größte Sorge.
Was seine beiden weiteren Gefangenen betraf, hatte Barend Fokke sich im Anschluss nach Lauras Fesselung um sie »gekümmert«.
Zuerst sah er bei dem Nordiren vorbei und stellte fest, dass er sich gut von der Auspeitschung erholte. Besser als erwartet.
»Hattest du Hilfe dabei?«, grollte der Untote.
»Die du selbst geschickt hast«, antwortete Finn. »Sonst niemanden. Ich bin ein zähes Kerlchen – jahrelange innerliche Abhärtung durch Alkohol, das desinfiziert und reinigt von vornherein.«
Fokke schlug ihm ins Gesicht wie zuvor Laura und Aswig. »Hüte deine Zunge!«
»Und was dann?« Finn kicherte und leckte sich das Blut von der aufgeplatzten Lippe. »Peitschst du mich wieder aus? Bringst du mich um? Meine Seele kriegst du nicht, das sag ich dir gleich. Ich wiederhole, ich habe einen Trick gelernt, und der wirkt auch nach meinem Tod.«
»Früher oder später wird sie sich dem Sog des Schiffes nicht entziehen können«, zeigte sich der Kapitän gelassen. »Umso größer ist dann mein Genuss. Ich kann auch Seelen auspeitschen. Und Schlimmeres mit ihnen anstellen.«
»Daran zweifle ich nicht. Aber versuch nicht noch einmal, mich gegen Laura auszuspielen.« Finns hellgrüne Augen wurden auf einmal eiskalt. »Ich habe sehr viel auf meinen Reisen gelernt, vor allem in den asiatischen Räumen. Wenn du mich noch einmal vor Lauras Augen folterst, werde ich schneller tot und fort sein, als du zuschlagen kannst.«
Fokke war nicht im Geringsten beeindruckt. »Derzeit ist das nicht in Planung. Laura wird zusehends kooperativer.«
Diese Provokation brachte Finn in Wallung, und er riss an seinen Ketten. »Lass sie in Ruhe, du barbarisches Monster!«
»Ah, er hat also doch einen wunden Punkt.« Fokke lachte dröhnend, verstummte und lauschte dem Nachhall seiner Stimme. »Ich hatte ganz vergessen, wie sich das anhört – und anfühlt.« Er entblößte sein Gebiss. »Wer hätte das gedacht? Ihr bringt mich zum Lachen. Oh, ich werde so viel Vergnügen mit euch haben ... Ihr Reinblütigen seid der größte Glücksfall seit Eintritt meines Fluches. Und das will was heißen.«
Und weil er darüber so erfreut war, schlug er noch einmal auf Finn ein. Und trat ihm dann, als der Ire schon gekrümmt am Boden lag, zuerst in die Nierengegend und danach in die Genitalien. Finn schrie gellend, Tränen schossen aus seinen Augen, und dann übergab er sich unkontrolliert.
»Nun denk eine Weile darüber nach, Sklave«, zischte Fokke, »wer dein Herr ist und dass ich mit dir tue, was ich will.«
Der Nordire war nicht mehr in der Lage zu antworten; er rang keuchend, hustend und wimmernd nach Atem und
Weitere Kostenlose Bücher