Schattenlord 12 – Lied der sieben Winde
zurück. Das Schwarz wich aus den Wolfsaugen und ließ das glühende Rot zurückkehren, der wallende Dunst verflüchtigte sich, und die Bestie war wieder da.
»Das wollte ich dir zeigen«, sagte Akuró grinsend. »Und nun steh auf, du jämmerliches Stück Dreck.«
Norbert fing an zu weinen. »Ich habe nicht versagt«, beteuerte er, während er gehorsam aufstand. Von seiner Nasenspitze tropften die Tränen.
»Weißt du, selbst wenn ich dich verspeisen könnte, ich würde es nicht tun«, fuhr Akuró fort.
»W... wovon sprichst du?«
»Davon, dass du dich auflöst, wenn du stirbst. Ich kann es riechen.«
»A... aber ... aber er hat gesagt, dass die Frist aufgehoben sei ...«
»Ja, die Frist vielleicht, aber im Tod verschwindest du dennoch, dagegen ist nichts zu machen.« Akuró fletschte die Zähne in einem höhnischen Lachen. »Dir kann das völlig egal sein, denn tot ist tot. Aber für uns bist du in jedem Fall ungenießbar.« Er hob eine Hand. »Nun denn! Bist du bereit?«
»Nein ... nein ...«, wimmerte Norbert und sank auf die Knie, doch der König ließ das nicht zu. Er packte ihn vorn an der Kutte und riss ihn hoch.
»Zeig doch wenigstens ein bisschen Würde, Mann!«, zischte er. »Und sei dankbar für die Gnade, die dir gewährt wird. Unser Herr spricht dir auf diese Weise seinen Dank für deine bisher geleisteten Dienste aus. Du hättest so viel erreichen können! Aber du bist eben doch nur ein Mensch, und die taugen zu nichts.«
»Ich bitte dich, gib mir noch eine Chance!«, bettelte Norbert. Würde? Wozu denn, es ging hier um sein Leben! Er würde alles tun, alles versprechen, nur um weiterleben zu dürfen. Egal, wie sehr er sich selbst erniedrigen musste, das war es wert.
Akuró lachte und hob den anderen Arm. »Da, sieh nach oben, dort kreisen sie schon! Die Späher der Iolair, in Erwartung deines Todes. Verstehst du jetzt, warum sie dich hinausgejagt haben? Sie wollten sich nicht die Hände schmutzig machen an dir, sondern überließen dem Schattenlord die Verurteilung und Strafe. Und ich werde sie vollstrecken!«
Norbert sagte nichts mehr, er heulte und bat innerlich alle Götter und sonstigen mächtigen Wesen um Vergebung und Gnade und Rettung.
»Du brauchst keine Angst zu haben«, sagte Akuró schnurrend. »Ich werde ganz sanft sein, so hat er es gewünscht. Aber sie sollten es alle sehen.«
Norbert sah eine blitzende Kralle auf sich zukommen und verspürte ein zartes Streichen an seinem Hals. Mehr nicht. Es tat überhaupt nicht weh. Anscheinend hatte Akuró nur eine vorbereitende Geste gemacht, bevor er endgültig zuschlagen würde.
Er zog die Kralle zurück und leckte daran.
Dann sah Norbert, wie rotes Blut hervorsprudelte. Etwa aus ihm? Aber er spürte immer noch nichts. Das Atmen fiel ihm schwer. Vor seinen Augen wurde es dunkel.
Norberts Seele verließ den toten Körper, noch bevor er zu Boden gefallen war. Sie sah alles. Sah, wie der Tote dalag, wie der Wolfsriese sich abwandte und ging, zurück zu seinem Zelt. Sah, wie die Späher der Iolair abzogen in Richtung Vedas Lager, um dort zu berichten.
Sah, wie der Leichnam dort unten sich auflöste und verschwand.
Merkte, wie langsam Vergessen in sie hineinsickerte und Löcher riss, durch die eine sanfte Brise hereinwehte.
Die Seele schwebte davon, wollte hinauf in den Äther, doch stattdessen geriet sie plötzlich in einen unentrinnbaren Sog, der sie mit sich riss. Sie wusste nicht, wie lange die unfreiwillige Reise währte. Die Erinnerungen schwanden immer mehr, und sie wurde zusehends schwächer.
Dann sah sie es vor sich, den gewaltigen Korpus einer riesigen schwarzen Galeone. Sie wusste, was das zu bedeuten hatte. Der Seelenfänger.
Doch sie verspürte keine Furcht. Das kannte sie nicht mehr. Allmählich wurde ihr kalt, und sie fragte sich, was geschehen war, warum sie hier war. Wohin sie nun ging.
Sie hatte das schwarze Schiff beinahe erreicht ...
... doch da geschah etwas Merkwürdiges.
Obwohl sie jetzt rasend schnell eingesaugt werden und sich an Bord wiederfinden sollte, war das nicht möglich. Die Seele wurde abgestoßen!
Die Seele, die einst Norbert Rimmzahn geheißen hatte, doch dies schon nicht mehr wusste, wurde zum Spielball der Mächte, hin und her geschleudert, nach wie vor dem Sog ausgeliefert und dennoch unfähig, an Bord zu gelangen.
Nicht du, hörte sie ein letztes Flüstern in sich. Dich bekommt er nicht. Gehe fort, für immer.
Die erlöschende Seele wurde zurückgestoßen, fortgeschleudert und
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