Schattenlord 13 – Der Dolch des Asen
erledigt«, fuhr sein Stellvertreter fort, ohne den Rundgang durch die Kajüte zu beenden. »Sag General Naburo oder den Todfeinden Bescheid, damit sie den Dolch Girne finden und an Laura zurückgeben sollen.«
»Die sind nicht verfügbar, und das weißt du.« Arun grinste. »Du kannst mich gern in die Tiefen begleiten und auf mich aufpassen, wenn dir danach ist.«
»Und das Schiff schutzlos zurücklassen? Die Cyria Rani der Obhut von Idioten zu überlassen, die nicht in der Lage sind, ein Segeltuch von einem Schnäuztuch zu unterscheiden? Die einen Gordingstek mit einer Affenfaust verwechseln? Die Rum und Poliermittel nicht auseinanderhalten können? Nein! Da wären wir besser dran, das Schiff abzufackeln, sobald wir es verlassen haben.«
»Du übertreibst ein bisschen ...«
»Aber nur ein klein wenig! Ich habe niemals zuvor eine Ansammlung derart unfähiger Matrosen zu Gesicht bekommen. Niemals!« Der Steuermann hielt inne und ließ die Schultern nach vorne fallen. Es war, als hätte ihn mit einem Mal alle Kraft verlassen. »Es ist nicht gut, was du da machst, Käpt'n. Ich habe Angst um dich.«
»Ich bin in guter Begleitung unterwegs. Aswig und Nidi sind ausgezeichnete Gefährten.« Bevor der grauhaarige Steuermann Einwände erheben konnte, fügte er rasch hinzu: »Und ich habe beschlossen, Harmeau mitzunehmen.«
»Harmeau? Ausgerechnet den alten Schrat, der sich Nacht für Nacht einen Rausch anraucht?«
»Er wird auf meine kleinen Freunde achten, während ich mich um die Suche und andere Dinge kümmern kann.«
»Mit anderen Dingen meinst du ...«
»Wir brauchen uns nichts vorzumachen, Steuermann: Die Reise in die Tiefe erfordert Täuschen und Tarnen. Den Einsatz magischer Kräfte. Und wenn es notwendig ist: eine geschickte Schwerthand.«
»Du gegen den Rest der Welt – das ist deine Lieblingsrolle, nicht wahr, Käpt'n?«
»Es ist die Rolle, die mir die Geschichte zugeteilt hat. Ich habe nie sonderlich viel Wert darauf gelegt, sie einzunehmen. Aber es ist, wie es ist. Und du, mein Freund, wirst deinen Part spielen, als Seele der Cyria Rani. Ob es dir passt oder nicht.«
Der Steuermann schwieg eine Weile. Schließlich sagte er mit resignierter Stimme: »Wir können unserem Schicksal wohl nicht entkommen, Käpt'n.«
»Diesmal nicht. Denn dies ist das Abenteuer von Laura und Alberich. Wir beide spielen bloß kleine Nebenrollen.« Arun atmete tief durch. »Aber wer weiß; wenn diese Angelegenheit erledigt ist und wir wieder auf große Fahrt gehen – dann steht wieder die Cyria Rani im Zentrum allen Geschehens. Und wir mit ihr, alter Freund.«
»Mag sein.« Der Steuermann zuckte die Achseln. Er wirkte traurig und angeschlagen. »Ich sorge für ausreichend Proviant. Und für eine Flasche vom besten Rum. Achte darauf, dass Harmeau sie nicht in die Hände bekommt.«
»Ich werde sie hüten wie meinen Augapfel.« Arun zögerte, bevor er leise sagte: »Danke, Steuermann. Für alles.«
Der bärbeißige Mann grummelte mit allen Zeichen der Verlegenheit einige Worte in seinen Bart, bevor er sich mit einem Tuch nicht vorhandenen Schweiß von der Stirn wischte und die Kajüte verließ, nicht ohne ihm zuvor den Arm gedrückt zu haben.
Mehr als diese Freundschaftsbezeugung konnte Arun nicht erwarten. Das – und eine Spur Feuchtigkeit, die in seinen Augenwinkeln glitzerte.
Arun schlief noch einige Stunden und machte sich gemeinsam mit Aswig, Nidi und Harmeau im Morgengrauen auf den Weg. Die Matrosen hatten in den Nachtstunden alles unternommen, um die Cyria Rani so gut wie möglich zu tarnen, sodass ein unbedarfter Beobachter sie nicht ohne Weiteres entdecken würde.
Es war angenehm kühl im Schatten der Bäume – und dennoch fühlte sich Arun nicht sonderlich wohl. Harmeaus Worte bewahrheiteten sich: Ihnen fehlte das Schwanken des Schiffs, und sie fühlten sich schwerer als sonst. Die Gerüche waren anders, die Luft stickig. Überall gab es Bewegung, Insekten umschwirrten sie, und das zwischen den Ästen durchscheinende Licht irritierte.
»Bin gleich wieder da!«, rief Nidi und verschwand im Dickicht. Laub wirbelte hoch, irgendwo kreischte ein Vogel entsetzt über den fremden Eindringling. Nidi hingegen keckerte fröhlich vor sich hin, als wäre er ein kleines Äffchen.
»Den sehen wir heute nicht mehr wieder«, sagte Harmeau und fütterte den Kopf seiner Pfeife. Er zog ein unwilliges Gesicht. »Ich frage mich, was geschieht, wenn er auf ein Schrazel-Weibchen trifft. Wird er bei uns bleiben, oder wird er
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