Schattenlord 5 - Sturm über Morgenröte
Menschen, zwei Elfen und ein Hippocant, ein Wesen mit Pferdekopf, Menschenrumpf und Bocksfüßen. Die Amazone war auf gehalten worden und hatte sie ermahnt zu warten. »Geht nicht ohne mich hinein!«
»Sollen wir wirklich warten?«, schnaubte der Hippocant ungeduldig, nachdem sie die beiden Wachen getötet hatten. »Es kommt ja niemand nach, und wer weiß, ob Alberich nicht wieder flieht ...«
»Wir sollten zumindest das Tor öffnen«, schlug ein Mensch vor.
»Ja, den Weg bereiten«, stimmte ein Elf zu.
Damit war es entschieden.
Sie suchten und fanden etwas, das als Rammbock geeignet war - eine Art Blumenständer aus schwerem Marmor. Sie warfen die Vase, die sich darauf befand, herunter, griffen alle zu und rannten gegen die riesige Flügeltür an.
Es donnerte, krachte und knallte, der Marmor zerbröckelte wie Gips. Aber der Riegel war immerhin zerbrochen, und der in Mitleidenschaft gezogene Seitenflügel knirschte vernehmlich.
»Wir können ihn öffnen!«, frohlockte der Hippocant. So richtig damit gerechnet hatten sie nicht. Wurde Alberich etwa nachlässig?
Vorsichtig tippte ein Elf den Flügel an, der daraufhin wie von selbst aufschwang. Die fünf sahen sich an.
»Es ist so still da drin«, flüsterte ein Mensch.
»Ist denn überhaupt jemand da?«, wisperte der zweite Mensch.
»Also, ich kann nichts fühlen ...«, murmelte ein Elf.
»Alberich war da«, raunte der zweite Elf. »Aber jetzt scheint er tatsächlich fort zu sein.«
Schweigen. Dann der Hippocant: »Ja ... wozu sind wir dann noch hier?«
»Vielleicht will Veda den Thron stürmen.«
»Oder den Thronsaal in Besitz nehmen. Ich meine, wer den erobert, ist der neue Herrscher, oder?«
»Du meinst, Alberich hat ihn einfach aufgegeben?«
»Kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich auch nicht.«
»Dann ... sehen wir nach?«
Der Hippocant prustete. »Aber Veda hat gesagt ...«
»Wir sind die Vorhut, Dummkopf«, unterbrach ein Mensch. »Wir müssen das Gelände sichern. Dafür sind wir da, oder?«
Die anderen nickten zustimmend.
»Nur mal nachsehen.«
»Genau, das kann nicht schaden.«
»Ich war noch nie in einem Thronsaal, und der von Morgenröte soll der größte sein, heißt es.«
»Ja, natürlich, er gehört der Schöpferin!«
Der Hippocant stampfte mit einem Bocksfuß auf. »Dann gehen wir hinein! Jetzt sofort!«
Sie waren sich einig. Nur einen kurzen Blick hineinwerfen, die Lage sondieren und sich dann gleich wieder zurückziehen. Veda würde den Rest erledigen; sie wusste, was zu tun war.
Also frohgemut vorwärts und weiter! Stolz konnten sie auf sich sein, sie hatten erreicht, was noch kein anderer geschafft hatte. Sie würden die Halle für die Amazone besetzen und sie ihr dann übergeben.
In leicht geduckter Haltung schlichen sie in den Saal. Wuchtig und beeindruckend waren noch die geringsten Worte, die ihnen dabei über die Lippen kamen.
Die Wände waren bedeckt mit Kriegswaffen und Schilden und Teppichen, die von Fackeln beleuchtet wurden. Von oben fiel in einem sich breit ausdehnenden Fächer heller Lichtschein durch ein zersplittertes Fenster herein. Säulen reichten bis zur hohen Decke. An der linken Seite gab es eine große Banketttafel, voll beladen mit Essen.
»Oh!«, stieß der Hippocant hervor.
Ein Elf hielt ihn fest, als er darauf zusteuern wollte. »Bist du verrückt? Höchstwahrscheinlich ist das vergiftet!«
Beherrscht wurde der Saal von einem Podest, auf dem der Drachenthron stand. Schwarz, mit ausgebreiteten Flügeln, die den Sitz einrahmten, und einem aufgerissenen Rachen, der sich den Besuchern entgegenreckte.
Daneben auf der rechten Seite lagen die Trümmer von etwas Unkenntlichem - wahrscheinlich das, was auch das Fenster zerstört hatte.
»Der Thron hat was«, stellte ein Mensch fest.
»Würde Veda gut stehen«, stimmte ein Elf zu.
»Ob ich ihn mal ausprobiere? Nur ganz kurz!« Der Hippocant trippelte auf seinen gespaltenen Hufen voraus. Die anderen ließen ihn, solange ihn das vom Bankett ablenkte.
Der gesamte Saal war leer und verlassen und still, selbst der Kampflärm drang nur gedämpft herein.
Einer der beiden Menschen wandte sich um. »Wir sollten wieder gehen«, schlug er vor.
Auch die Elfen wurden unruhig. »Lass den Thron und komm zurück! Wir verschwinden.«
»Was habt ihr denn auf einmal?«, fragte der Hippocant verwundert. »Es ist doch alles in Ordnung!«
»Nichts ist in Ordnung. Das hier ist Alberichs Sitz, der geht nicht einfach so und lässt seinen Saal unbewacht.«
»Es war
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