Schattenmacht
das nicht urkomisch? Marcie und ich finden das echt zum Brüllen!«
Banes hatte den anderen Mann als Kyle Hovey vorgestellt. Er sprach jetzt zum ersten Mal. »Warum haben Sie die beiden nicht im Fernsehen auftreten lassen?«, fragte er. »Damit wäre doch viel mehr zu verdienen gewesen.«
»Ja, daran habe ich auch schon gedacht. Marcie und ich haben darüber gesprochen. Aber wenn die beiden zu bekannt werden, könnte sie mir jemand wegnehmen.« Er zögerte, denn er wusste nicht, wie er es den beiden Männern erklären sollte. »Sie wissen doch, wie das ist«, fuhr er fort. »Das Jugendamt ist total überarbeitet. Zu viele Akten und zu wenig Personal. Das sagt Marcie jedenfalls. Die glauben wahrscheinlich, dass die Jungen immer noch bei Ed und meiner Schwägerin sind. Zurzeit sieht es jedenfalls so aus, als hätte man die beiden vergessen, und vielleicht ist es das Beste, wenn es so bleibt.« Er betrachtete einen Moment lang seine Zigarre und starrte auf das glühende Ende. »Aber wie ich Ihnen bereits sagte, freiwillig machen sie es nicht. Es war schon schwierig genug, sie dazu zu kriegen, auf der Bühne mitzuspielen. Ich habe sie mit dem Gürtel geprügelt. Dann habe ich sie hungern lassen. Ich habe ihnen deutlich gemacht, wer nicht arbeitet, braucht auch nicht zu essen. Aber sogar da haben sie sich noch geweigert.«
»Und was haben Sie dann gemacht?«, wollte Banes wissen. Don White grinste. »Ich habe sie gegeneinander ausgespielt. Ich habe Scott gesagt, dass ich Jamie blutig prügeln würde, wenn sie nicht mitspielen. Ich habe ihm auch angedroht, noch Schlimmeres mit ihm anzustellen. Da hat er zugestimmt, um seinen kleinen Bruder zu schützen. Und Jamie hat eingewilligt, weil Scott es ihm gesagt hat. Und das war’s. Jetzt kommen wir gut miteinander aus. Ich bin ihr Onkel Don. Sie arbeiten in der Show, und ich sorge für sie.«
»Was ist mit der Schule?«
»Sie sind in Carson City zur Schule gegangen, als sie bei Ed waren. Aber das war ein Fiasko. Jetzt werden sie zu Hause unterrichtet. Der Staat ist mehr als zufrieden damit. Wir kriegen sogar Schulgeld dafür. Und Marcie ist eine kluge Frau. Sie bringt ihnen alles bei, was sie wissen müssen.« Von der Zigarre waren nur noch zwei Zentimeter übrig. Don nahm einen letzten Zug und drückte sie dann auf dem Teller aus, auf dem gerade noch sein Hamburger gelegen hatte. »Vielleicht haben Sie recht«, meinte er. »Vielleicht hätte ich sie ins Fernsehen bringen sollen. Ich habe dieses Theater satt. Niemand interessiert sich dafür. Niemand kommt. Sehen Sie sich diese Müllhalde doch an! Wir haben hier mehr Küchenschaben als zahlende Gäste! Neulich war ich in einer Bar und habe zufällig gehört, wie jemand über eine Firma gesprochen hat, die gutes Geld für Informationen über besondere Kinder zahlt. Ich bin hingegangen und habe einen Namen bekommen. Dann habe ich angerufen, und nun sind Sie hier. Sie haben Scott und Jamie gesehen. Sie wissen, dass sie echt sind. Also, was sagen Sie?«
Kyle Hovey sah seinen Partner an, der Don mit ausdruckslosem Blick angestarrt hatte. Colton Banes nickte. »Wir nehmen sie.«
»Sie nehmen sie? Einfach so?«
»Wir zahlen fünfundsiebzigtausend Dollar.«
Don White leckte sich die Lippen. Das war mehr Geld, als er je zu träumen gewagt hatte. Aber es war ihm nicht genug.
»Fünfundsiebzigtausend… für jeden?«, fragte er.
Colton Banes zögerte kurz, aber er hatte sich längst entschieden. »Natürlich. Einhundertfünfzigtausend für die beiden Jungen. Aber es sind ein paar Bedingungen damit verknüpft. Erstens: Mehr Geld gibt es nicht. Zweitens: Sie werden keine Fragen über die Jungen oder uns stellen. Und drittens: Wenn Sie mit irgendjemandem über diese Transaktion sprechen, werden Sie und Ihre Freundin Marcie ebenfalls verschwinden. Da draußen in der Wüste gibt es eine Menge Sand, Mr White. Den möchten Sie doch sicher nicht von unten betrachten, oder?« »Wann wollen Sie sie mitnehmen?«
»Heute. Mr Hovey und ich werden bei der nächsten Vorstellung wieder im Theater sein. Draußen sind noch zwei Kollegen von uns. Es würde uns helfen, wenn Sie die Jungen bitten, nach der Vorstellung noch so lange zu bleiben, bis die anderen Künstler gegangen sind. Dann nehmen wir die Jungen mit, und Sie bekommen Ihr Geld in bar. Geht das in Ordnung?« »Klar geht das in Ordnung.« Dons Mund war trocken. Aber ein paar Fragen musste er noch stellen. »Wer genau sind Sie?« fragte er.
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