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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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musste, konnte Jamie noch zwei Jahre weiter auftreten. Er konnte mit Onkel Don und seiner Brutalität leben. Aber etwas machte ihm Angst.
    Er wusste, dass er es allein nicht schaffen würde.
     
    Am anderen Ende des Flurs, in einem Eckbüro mit zwei Fenstern, saß Don White an einem Schreibtisch, den er niemals würde erreichen können. Sein Bauch war zu dick. Er war so unglaublich fett, dass sein Fleisch in Wülsten hing, als suchte es einen neuen Platz. Es war eiskalt im Zimmer – dies war der einzige Raum des Theaters, in dem die Klimaanlage funktionierte –, aber Don hatte trotzdem große Schweißflecken auf der Brust und unter den Armen. Er schwitzte immer. Für einen Mann seines Gewichts waren schon zehn Schritte zu viel, und er sah ständig erschöpft aus. Auch jetzt hatte er dunkle Ringe unter den Augen, und seine Lippen sahen aus wie die eines Fischs, der nach Luft schnappt. Er aß einen Hamburger. Ketchup quoll ihm durch die Finger und tropfte auf den Schreibtisch.
    Auf der anderen Seite des Schreibtisches saßen zwei Männer und warteten darauf, dass er fertig wurde. Sie verzogen angesichts der Tischmanieren ihres Gegenübers keine Miene. Einer der Männer hatte eine Glatze, der andere schwarze Haare. Beide trugen Anzüge. Sie warteten schweigend, bis Don aufgegessen hatte, sich die Finger ableckte und sie dann an seiner Hose abwischte.
    »Was meinen Sie?«, fragte er schließlich.
     
    »Die Jungen sind wirklich beeindruckend«, antwortete Colton Banes, der Glatzkopf.
    »Sag ich doch. Sie können es wirklich. Es ist kein Trick. Wenn Sie mich fragen, ich finde es gruselig. Aber es ist, als könnten sie sich gegenseitig in den Kopf gucken.« Don griff nach einer halb gerauchten Zigarre und zündete sie an. Der bittere Geruch von altem Tabak verbreitete sich. »Die anderen Nummern in der Show… die sind Mist. Aber diese Kinder sind was Besonderes.«
    »Es würde mich interessieren, woher Sie sie haben.«
    »Das kann ich Ihnen sagen. Ich bekam sie vor drei Jahren. Da waren sie ungefähr elf. Niemand weiß, woher sie gekommen sind. Sie wurden ausgesetzt, als sie ein paar Monate alt waren. Das Jugendamt hat sie irgendwo in der Nähe vom Lake Tahoe eingesammelt. Keine Mutter, kein Vater. Wahrscheinlich haben sie Indianerblut. Wie auch immer, sie waren bei ein paar Pflegefamilien, aber das ist nie lange gut gegangen. Wundert mich nicht. Würden Sie gern mit jemandem zusammenleben, der Ihre Gedanken lesen kann?«
    »Sie können auch die Gedanken anderer Leute lesen?« »Klar können sie das. Aber sie tun so, als könnten sie es nicht, und ich kann sie nicht dazu zwingen. Also gut, auf der Bühne tun sie es. Aber das sind nur Partytricks. Im wirklichen Leben kriege ich sie nicht dazu.« Don zog an seiner Zigarre und blies Rauch aus. »Sie sind also eine Weile herumgeschubst worden und dann bei meiner Schwägerin und ihrem Mann in Carson City gelandet. Aber das ist auch nicht gut gegangen, das kann ich Ihnen sagen.«
    »Was ist passiert?«
    »Sie waren ungefähr ein Jahr dort, und dann hat sich Ed – also der Mann meiner Schwägerin – umgebracht. Vielleicht hatte es etwas mit den beiden zu tun. Keine Ahnung. Er wollte sie ohnehin rausschmeißen. Er hatte die Schnauze voll von ihnen.«
    Don beugte sich vor und sah seine Besucher verschwörerisch an. »Ed hat immer gesagt, dass mit den beiden was nicht stimmt. Wenn man einen geschlagen hat, hat der andere die blauen Flecken gehabt. Können Sie sich das vorstellen? Sie kleben Scott eine, und der kleine Jamie hat das blaue Auge? Der eine wusste immer, was mit dem anderen passiert, sogar wenn sie kilometerweit voneinander getrennt waren. Ed hat stets zu sagen gepflegt, dass es wäre, als würde man in einer Folge von Akte X  leben. Also wollte er die beiden loswerden, und das Nächste, was ich höre, ist die Nachricht von seinem Tod, dass meine Schwägerin total ausflippt und keiner die Jungen haben will.« Ein Stück Asche fiel von der Zigarre auf Dons Ärmel, aber er
    merkte es nicht.
    »Da habe ich beschlossen, sie zu nehmen«, fuhr er fort. »Ich hatte diese Show, ›Die Welt der Illusionen‹, ins Leben gerufen, und als ich gesehen habe, was die Jungen können, habe ich sie als Abschlussnummer genommen. Das Witzige ist, dass jeder denkt, es müsste ein Trick sein. Heimliche Signale oder Codes oder so etwas. Und es sind nicht nur die Zuschauer. Nicht einmal die anderen Künstler der Show wissen, wie die beiden es machen. Ist

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