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Schattenmacht

Schattenmacht

Titel: Schattenmacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Vorstellung empfunden hatte – jetzt war es sogar noch viel stärker.
    »Ich… äh… bräuchte einen Freiwilligen, der mir hilft.« Die Worte quälten sich über seine Lippen, ohne dass er sich dessen wirklich bewusst war. »Würden Sie mir helfen, Sir?« Jamie war vor einem jungen Mann mit einer Elvistolle stehen geblieben, der den Arm um seine Freundin gelegt hatte.
    »Vergiss es!« Der Mann schüttelte den Kopf und grinste verächtlich. Er war nicht bereit, seinen Platz zu verlassen.
    Das passierte öfter. Es gab viele Leute, die nicht wollten – entweder weil es ihnen peinlich oder das Ganze unter ihrer Würde war. Normalerweise konnte Jamie damit umgehen, aber an diesem Abend fühlte er sich vollkommen hilflos. Er hatte Angst, dass sich einer der Männer in den braunen Anzügen freiwillig melden würde, denn er wollte auf keinen Fall, dass ihm einer der beiden zu nahe kam. Was sollte er nur tun? Verzweifelt suchte er nach den richtigen Worten.
    »Ich helfe dir!«
    Ein paar Plätze weiter war eine Frau aufgestanden. Sie war schwarz, schlank und hübsch. Jamie schätzte sie auf ungefähr dreißig. Wieder hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Die Frau war ordentlich gekleidet. Sie trug Jeans, eine Seidenbluse und eine dünne goldene Halskette. Jamie vermutete, dass sie eine Geschäftsreisende war. Aber was machte sie dann hier – ganz allein?
    Sie ließ ihm keine Wahl. Sie folgte ihm auf die Bühne und stand mit ihm im Rampenlicht. Scott stand an der Seite und sah sie nicht an.
    »Ich werde meinem Bruder die Augen verbinden…«, begann Jamie.
    »Wie habt ihr das eben gemacht?«, unterbrach ihn die Frau. »Den Trick mit der Zeitung. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
    »Also…« Jamie wusste nicht, was er sagen sollte. Normalerweise sprachen die Freiwilligen nie mit ihm und stellten ihm auch nie Fragen, während sie auf der Bühne waren. Warum lief an diesem Abend alles schief? Er wandte sich ab, und prompt fiel sein Blick wieder auf die beiden Männer. Sie starrten ihn an. Natürlich taten sie das. Alle Zuschauer taten das. Deswegen waren sie schließlich gekommen. Trotzdem wurde Jamie das Gefühl nicht los, dass die Männer anders waren als die anderen Zuschauer, dass sie sich aus einem anderen Grund für ihn interessierten. Jamie zwang sich zur Ruhe. Die Sitze um die Männer herum waren leer. Das war vermutlich der Grund, warum sie so fehl am Platz wirkten. Sie waren aus demselben Grund da wie all die anderen Leute: um unterhalten zu werden.
    »Ich möchte Sie bitten, mir zu helfen«, sagte er.
    »Natürlich.« Die Frau nickte.
    Jamie griff nach der Augenbinde, den englischen Pennys und
    der Haube. »Bitte vergewissern Sie sich, dass wir keine versteckten Mikrofone tragen.«
    »Wie macht ihr das?«, fragte die Frau wieder. »Könnt ihr wirklich Gedanken lesen?«
    Die Zuschauer wurden allmählich unruhig. Sie waren nicht gekommen, um sich erklären zu lassen, wie die Tricks funktionierten. Außerdem war es spät, schon fast halb elf. Die Leute wollten nach Hause. Ohne noch länger zu warten, drückte Jamie seinem Bruder die Münzen auf die Augen. Einen kurzen Moment lang spürte er seinen warmen Atem auf seiner Hand. Später, viel später, würde er sich daran erinnern. Aber jetzt machte er zügig weiter. Er sicherte die Münzen mit der Augenbinde. Zu spät fiel ihm ein, dass er die Frau nicht gebeten hatte, sie zu begutachten. Egal. Was spielte das noch für eine Rolle? Er zog seinem Bruder die schwarze Haube über den Kopf.
    »Und jetzt?«, fragte die Frau.
    »Bitte geben Sie mir etwas aus Ihrer Handtasche.« Das war ein weiterer Fehler. Normalerweise ging er an dieser Stelle wieder ins Publikum. Er wünschte, diese Frau hätte sich ihm nicht aufgedrängt.
    »Ich habe keine Handtasche«, sagte sie.
    Einige Zuschauer lachten. Aber es war ein feindseliges Lachen. Sie lachten ihn aus.
    »Dann geben Sie mir etwas anderes«, sagte Jamie. »Aber verraten Sie nicht, was es ist.«
    »Was ist damit?« Die Frau holte ein Foto von der Größe einer Postkarte aus der hinteren Hosentasche ihrer Jeans. Jamie nahm es in die Hand. Es war ein Schwarz-Weiß-Foto von einem neun- oder zehnjährigen Jungen. Es war eindeutig der Sohn der Frau. Sein Haar war zwar kürzer, aber er hatte denselben nachdenklichen Blick und den etwas weiblichen Mund.
    Jamie hielt das Foto in der Hand und wartete darauf, dass Scott etwas sagte. Normalerweise wusste Scott, was es war, sobald Jamie es in der Hand hatte, und gewöhnlich

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