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Schattennaechte

Schattennaechte

Titel: Schattennaechte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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sagen: Das kommt davon . »Er ist gerissen. Er will dich an der kurzen Leine halten.«
    Ballencoas Beschwerde würde in Mendez’ Personalakte vermerkt werden. Er sammelte Material für den Fall, dass er sich zu einer Klage entschloss. Mit einer einzelnen Beschwerde würde er nicht weit kommen, aber wenn er mehrere vorweisen konnte, ließ sich daraus ein bestimmtes Verhaltensmuster ableiten.
    »Er benutzt das als Ablenkungsmanöver«, sagte Mendez. »Wenn es ihm gelingt, dass wir den Schwanz einziehen und Abstand halten, verschafft er sich den Freiraum, zu tun und zu lassen, was er will.«
    »Das macht er nicht zum ersten Mal«, sagte Hicks.
    »Nein. Der weiß genau, was er tut«, erwiderte Mendez und nahm seine Wanderung durch den Raum wieder auf. »Was war sonst noch in seiner Tasche?«
    »Ein Zeichenblock. Ein Notizbuch. Ein paar Rollen Film. Pfefferminzbonbons.«
    »Keine Fotos?«
    Hicks schüttelte den Kopf.
    »Er hat die Tasche keine Sekunde aus den Augen gelassen, als wäre da etwas drin, von dem er nicht wollte, dass wir es in die Finger kriegen.«
    »Warum hat er sie dann überhaupt mitgebracht? Er hätte das Diktiergerät doch auch in die Jackentasche stecken können.«
    »Ich hätte ihn einfach erschießen sollen, dann hätten wir alle ein Problem weniger«, knurrte Mendez. »Ich war sicher, dass er nach einer Waffe greift.«
    »Ich auch.«
    »Mann, jetzt brauche ich wirklich einen Drink.«
    »Du zahlst.«
    Kurz darauf kam Dixon zurück, seinen Zorn nur mühsam im Zaum haltend. Er baute sich vor Mendez auf.
    »Ich sollte Ihnen eins überziehen wie einem störrischen Maultier«, brüllte er. »Was, zum Teufel, haben Sie sich dabei gedacht?«
    »Ich habe keine Entschuldigung dafür, Sir«, sagte Mendez. »Er hat mich wütend gemacht, und ich habe die Beherrschung verloren.«
    »Ja, das kenne ich«, schnaubte Dixon. Kopfschüttelnd ging er ein paarmal auf und ab. »Ihr Jähzorn wird Sie noch mal Kopf und Kragen kosten, Detective.«
    »Tut mir leid, Sir.«
    »Das dürfen Sie glauben«, sagte Dixon düster. »Sie sind suspendiert. Zwei Tage ohne Gehalt, ab morgen. Ich will nichts von Ihnen sehen oder hören, ich will nichts über Sie hören. Haben sie mich verstanden?«
    »Ja, Sir.«
    »Und jetzt setzen Sie sich gefälligst hin und erklären mir, was hier eigentlich los ist.«

27
    Leah hatte nicht gut geschlafen. Sie hatte nur so getan, als schliefe sie. Den ganzen Abend über hatte sie so getan, als wäre alles in Ordnung, und die ganze Nacht über so, als schliefe sie. Sie hatte die Zeit mit Wendy im Haus der Leones sehr genossen … und trotzdem war irgendetwas nicht stimmig gewesen.
    Als sie jetzt darüber nachdachte, kam es ihr beinahe so vor, als bestünde sie aus zwei völlig voneinander getrennten Wesen – ihr Körper tat all das, was getan werden musste, während ihr Geist danebenstand und dabei zusah. Das Gefühl war eigenartig. Es machte ihr Angst. Dazu überkam sie jedes Mal Panik, irgendjemand könnte bemerken, dass es zwei von ihr gab, und sie würde als Betrügerin oder psychisch Kranke dastehen.
    Den ganzen Abend über hatte sie Angst gehabt, dass Anne Leone es bemerken könnte. Die meisten Leute sahen einfach nicht genau genug hin. Sie wollten nicht hinter die Fassade blicken. Sie wollten gar nicht wissen, was in ihr vorging. Alle behandelten sie anders wegen dem, was ihrer Familie widerfahren war, aber gleichzeitig taten sie so, als wäre sie ganz normal, weil sie nicht wussten, wie sie sich verhalten sollten, falls sie es nicht war.
    Leah war überzeugt, dass nicht einmal Wendy wusste, wie es in ihr aussah, obwohl sie auch eine Menge durchgemacht hatte. Sie glaubte nicht, dass Wendy jemals das Gleiche empfunden hatte wie sie. Nicht auf diese Art. Leah versuchte gar nicht erst, mit ihr darüber zu reden. Wendy war die einzige Freundin, die sie hatte. Wenn Wendy sie für bekloppt hielt, hatte sie überhaupt niemanden mehr.
    Bei Anne Leone war es etwas anderes. Anne sah genau hin. Leah hatte Angst, dass Anne womöglich wusste, was die anderen dachten oder fühlten. Jedes Mal wenn Anne sie ansah, hätte sie am liebsten die Luft angehalten, so wie sie es als Kind getan hatte, als sie geglaubt hatte, wenn sie die Luft anhielt und sich nicht rührte, würde sie für alle anderen unsichtbar werden. Sie wollte nicht, dass Anne sie für nicht normal hielt.
    Anne war echt nett. Wendy hatte Leah von den schrecklichen Dingen erzählt, die Anne passiert waren, trotzdem war Anne so offen und so glücklich

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