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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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haben. Dafür ist er doch Mitglied in diesem Arbeitskreis, der sich um die Kirche kümmern soll.«
    »Verstehen Sie mich nicht falsch. Ungewöhnlich ist nicht, dass er da raufgegangen ist. Mich hat nur gewundert, wie er das getan hat und dass ich ihn nicht mehr runterkommen gesehen habe.«
    Wieder ein Blitz. Diesmal krachte der Donner fünf, sechs Sekunden später. Das Gewitter zog ab, doch der tropische Regenguss prasselte weiter.
    Stumpers Augen trafen sich erneut mit Fallers Blick. »Und was wollen Sie damit sagen?«
    »Entschuldigen Sie. Es war nur so ein Hinweis. Es könnte doch sein, dass ihm etwas zugestoßen ist.«
    »Zugestoßen? Was soll ihm denn zugestoßen sein – droben im Turm?«
    »Keine Ahnung. Aber wenn er nicht mehr runtergekommen ist, müsste er ja noch oben sein.«
    »Gute Frau«, versuchte es Stumper jetzt auf die einfühlsame Art. »Seit gestern Nachmittag ist die Kirche immer wieder unverschlossen gewesen. Er hätte genügend Zeit gehabt, wieder rauszugehen, ohne gesehen zu werden.«
    »Und wenn er nicht konnte? Wenn ihm wirklich etwas zugestoßen ist?« Stumper kniff die Lippen zusammen und überlegte. »Sie«, er suchte nach einer Formulierung. »Sie wollen jetzt aber damit nicht sagen, dass wir nachsehen sollten? Jetzt, bei diesem Wetter?«
    Wieder zuckte die alte Dame mit den Schultern. »Ich hab es Ihnen gesagt und damit meine Pflicht getan.«
    Beide schwiegen nun. Um sie herum waren die Gespräche trotz des heftigen Regens weitergegangen. Auch die Kapelle beschallte unvermindert die Fußgängerzone, auf der sich inzwischen großflächige Pfützen gebildet hatten.
    Die Mesnerin wagte einen neuen Vorstoß, den sie ohne das Viertel Rotwein, das sie vorhin getrunken hatte, sicher niemals riskiert hätte. »Na ja – ich dachte nur. Ich wollte nicht gleich zur Polizei gehen.«
    »Polizei?«, entfuhr es Stumper schlagartig, und er erschrak darüber, dass er viel zu laut geworden war. Offenbar hatte es sogar Faller gehört.
     
    Sie hatten sich kurz verständigt und dann von den anderen Personen verabschiedet, mit denen sie unter der Plane gestanden hatten. Tilmann Stumper, Konrad Faller und Mesnerin Maria Gunzenhauser verließen den Verkaufsstand und gingen, dicht an die Hauswände gedrängt, um nicht dem vollen Regen ausgesetzt zu sein, die Fußgängerzone hinauf. Die Reihen der Biertische waren verwaist, unter den Verkaufsständen überlegte das Personal, ob sich eine weitere Anwesenheit noch lohnen würde. Zwar hielten sich die Temperaturen im angenehm lauen Bereich, doch wollte das Gewitter einfach nicht abziehen. Vom Turm der Stadtkirche schlug es 23 Uhr. Hätte das Wetter gehalten, wäre jetzt noch einiges los. So aber waren nur die hartnäckigsten Besucher geblieben und hatten die wenigen trockenen Sitzmöglichkeiten in Beschlag genommen, wie etwa unter der Passage des Verlagshauses der ›Geislinger Zeitung‹. Von gegenüber dröhnte Musik aus einem voll besetzten Lokal. Hier bogen die drei Personen in eine Seitengasse ein, um nach wenigen Schritten die Rückseite der Stadtkirche zu erreichen. Faller deutete an, dass sie nicht links zum Hauptportal, sondern rechts zum Nordeingang gehen sollten. Dort, abseits des ›Hock‹-Geschehens, wo die Lichtverhältnisse schlecht waren, hatten sie eine gute Chance, nicht gesehen zu werden. Vorbei am Toilettenwagen, in den gerade eine schwankende Gestalt stieg, folgten sie der Rundung des Chors und tauchten in die regennasse Dunkelheit ein. Das große Kirchengebäude schirmte diesen Bereich der Altstadt von der wattstarken Musik jener Showbühne ab, die auf dem jenseits gelegenen Kirchplatz aufgebaut war.
    Wortlos erreichten die drei nächtlichen Passanten die Tür, wo sie unter einem kleinen Mauervorsprung Schutz vor dem Regen suchten. Während wieder ein Blitz zuckte und ein gewaltiger Donner die Luft erfüllte, sahen sie sich um. Mesnerin Gunzenhauser kramte aus ihrer Umhängetasche einen Schlüsselbund und reichte ihn Faller, als sei es ihr in dessen Gegenwart nicht erlaubt, die Kirchentür aufzuschließen. Er steckte den Schlüssel in das Schloss und ließ es zweimal aufschnappen. Noch einmal blickten sie sich prüfend um, ehe sie eintraten und die Tür hinter sich wieder verriegelten. Die Musik von draußen hallte. Durch die Fenster auf der anderen Seite drang diffus Scheinwerferlicht herein, sodass schemenhaft die Umrisse von Gegenständen und Bildern zu erkennen waren. Die Musik hörte sich seltsam verzerrt an. »Wir machen kein Licht«,

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