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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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normalerweise nur ehrfurchtsvoll näherte. Aber so eine lockere Festatmosphäre ließ Etikette vergessen, schon gar, wenn der Alkohol die Zungen flinker machte. Faller hätte aber jetzt zu gerne gewusst, was die Dame dazu bewogen haben mochte, Tilmann Stumper inmitten des Sturzbaches anzusprechen, der sich von der Plane auf sie ergoss. Ihre Haare waren bereits klatschnass. »Mir ist da was durch den Kopf gegangen«, flüsterte sie dem überraschten Kirchenmusikdirektor zu. Der musste sich vorbeugen, um sie verstehen zu können. Ein Blitz zuckte und schon den Bruchteil einer Sekunde später folgte ein gewaltiger Donnerschlag, der die Musik übertönte und den Boden erzittern ließ.
    »Wegen dem Simbach«, erklärte die Mesnerin, ohne gefragt worden zu sein. »Kein Mensch weiß doch, wo der ist.«
    Stumper drehte sein Weinglas in der regennassen Hand und ging einen Schritt weiter zurück in den Verkaufsstand hinein, um der Frau einen trockenen Unterstand zu bieten. Wieder zuckte ein Blitz, krachte ein Donnerschlag.
    »Alle rätseln, ja«, knüpfte der Organist an die Feststellung der Mesnerin an und sah, wie ihn Faller musterte, der knapp zwei Meter entfernt in einer dicht gedrängten Personengruppe stand.
    »Ich glaub, ich hab ihn gestern Nachmittag in der Kirche gesehen.« Die Mesnerin achtete darauf, dass keiner der Umstehenden sie hören konnte. »Als Sie gespielt haben«, fügte sie hinzu.
    Stumpers Gesicht verriet Überraschung. »Und dann? Ich meine, was ist geschehen?«
    »Nichts. Was soll schon geschehen sein? Ich hab ihn halt nicht mehr rauskommen sehen, wenn ich mir das so überlege.«
    Es schüttete nun. Trotzdem schoben sich noch immer Festbesucher an der Rückseite des Verkaufsstandes vorbei. Manche versuchten hier ein trockenes Plätzchen zu finden, mussten aber einsehen, dass sie in diesem Gedränge keine Chance hatten. Koch Stenzli legte neues Fleisch in seine fettheiße Pfanne, was sich durch kräftiges Zischen bemerkbar machte.
    Stumper ließ sich nicht ablenken. »Was heißt das: Er ist nicht mehr rausgekommen? Ich mein«, er überlegte, »der Letzte, der gegangen ist, war ich.«
    »Das mein ich, ja«, sagte sie zögernd. »Sie müssten ihn noch gesehen haben. Wenn«, der Frau war es bei dieser Feststellung nicht ganz wohl. »Wenn, ja, wenn er rausgegangen wäre.«
    »Na ja«, überlegte er, »ich sitz oben an der Orgel – und was in der Kirche geschieht, entzieht sich natürlich meinem Blickwinkel.«
    Die Mesnerin holte tief Luft. Die Angelegenheit musste sie in den letzten Stunden sehr beschäftigt haben, denn sonst hätte sie es nie gewagt, den Kirchenmusikdirektor zu belästigen, schon gar nicht in dessen Freizeit. »Er ist aber raufgegangen«, sagte sie bestimmt. So hatte er sie noch nie erlebt. »Die Treppe rauf.«
    Stumper kniff jetzt die Augen zusammen und sah sich um. Immer noch diese Blicke von Faller.
    »Die Treppe rauf – zu mir?«
    »Ja. Er hat wohl nicht bemerkt, dass ich ihn sehe. Er ist rauf und hat sich immer wieder umgeschaut. Als sei ihm das alles irgendwie peinlich.« Sie überlegte wieder. »Und Sie haben ihn nicht gesehen? Er müsste doch an Ihnen vorbeigekommen sein.«
    Ein Blitz erhellte Stumpers blasses Gesicht. »Wie sollte ich ihn sehen?« Seine Antwort klang leicht missmutig und ging im Donner unter. »Wenn ich mich auf meine Noten konzentriere, sehe ich nicht, wer von der Treppe her kommt. Außerdem blendet mich das Licht am Pult.«
    Die Mesnerin wischte sich die Nässe von den Schultern. »Aber«, sie sah ihn fest an, auch wenn sie im Dämmerlicht keine Details in seinem Gesicht erkennen konnte. »Aber später war die Tür zum Turm offen.«
    Stumper schluckte. Tatsächlich. Das hatte die Mesnerin doch sogar noch bemängelt. »Sie sind dann aber doch auch hochgegangen, wenn ich mich recht entsinne …?«
    »Um ehrlich zu sein, ich hab in diesem Moment nicht dran gedacht, dass Simbach dort oben sein könnte. Ich hab gedacht, er sei nur kurz zu Ihnen gegangen. Erst heut Mittag, als ich gehört hab, dass er verschwunden ist und gestern Abend nicht mal bei dieser Sitzung war, ist mir das wieder eingefallen.«
    »Aber Sie waren doch oben. Da war er nicht?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Außerdem war ich nur auf dem Dachboden der Kirche – nicht oben im Turm.«
    Stumper stellte sein leeres Glas auf eine Ablage und verschränkte die Arme. »Okay, Frau Gunzenhauser, selbst wenn er da hochgegangen ist. Ungewöhnlich wär das nicht. Er wird einen seiner Kontrollgänge gemacht

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