Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
Vom Netzwerk:
Sie verfolgte ein paar Sekunden lang, was an ihrem Schreibtisch geschah – um dann loszubrüllen: »Lassen Sie das! Bleiben Sie sofort stehen oder es knallt.« Es war eine Frauenstimme. Energisch und laut.
    Der Mann fuhr herum und schleuderte dabei das Feuerzeug quer durch den Raum. Er fühlte sich, als habe ihn der Blitz getroffen. Seine Knie wurden weich wie Gummi, sein Puls begann zu rasen. Es dauerte eine ewige Schrecksekunde lang, bis seine rechte Hand den Befehl ausführte, das feststehende Messer aus dem Lederetui zog. Es blitzte gespenstisch im fernen Licht einer Straßenlampe.
    Die Frau blieb wie erstarrt im Türrahmen stehen. Damit hatte sie nicht gerechnet. Schlagartig wurde ihr bewusst, dass schon drei Menschen getötet worden waren. Vorige Nacht wären es beinahe zwei weitere gewesen. War sie jetzt die Nummer vier?

40
    »Du Idiot, du verdammter Idiot.« Anton Simbach brüllte so laut, dass er befürchten musste, Frau und Kinder könnten erwachen. Er war um 2 Uhr aufgestanden und hatte sich in sein kaltes Büro zurückgezogen. Angeblich, um einige wichtige Verträge auszuarbeiten, wie er seiner Frau bereits am Abend angekündigt hatte, falls er nicht schlafen konnte. Und er hatte nicht schlafen können. Viel zu aufgeregt fieberte er diesem Anruf entgegen. Doch nun war alles ganz anders gekommen. »Du bist unfähig, einfach unfähig. Ein Trottel«, tobte er und sprang von seinem Schreibtischstuhl auf. Er gab dem Anrufer nur wenige Sekunden Zeit, um sich zu rechtfertigen. »Und jetzt? Kannst du mir sagen, was nun werden soll?«, zischte er und starrte durch die Fensterscheibe in die Nacht hinaus, wo sich nur vereinzelt Lichtpunkte abzeichneten. Er atmete laut und schwer, wie ein Raubtier, das dem Angreifer Auge in Auge gegenüberstand. »Ich werde dich für alles verantwortlich machen. Für alles.« Simbach spürte, wie er vor Aufregung innerlich zitterte. Kaum hatte er die Drohung ausgestoßen, musste er sich insgeheim eingestehen, dass es natürlich Schwachsinn war, diesen Kerl für etwas verantwortlich machen zu wollen, das er niemals würde einklagen können. Was auch? Und wie auch? »Du bist ein Dilettant, ein Idiot, ein verdammter Idiot«, fuhr er den anderen noch einmal an. Als dieser plötzlich schwieg, wurde ihm bewusst, dass die Kontakte trotzdem nicht abbrechen durften. »Bist du noch da?«, rief er deshalb irritiert in den Hörer.
    »Ja, klar«, kam es zurück.
    »Pass auf. Du bleibst, wo du bist. Ich erwarte Meldung. Ich will alles wissen. Alles. Hör dich um. Überall. Radio. Lokale Fernsehsender. Und denk dran. Egal, was geschieht. Keinen Ton. Hast du verstanden – keinen Ton!«
    »Geht klar«, erklärte der Anrufer.
     
    Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Häberle hatte sich vorgenommen, früh aufzustehen, um nach Bischofswerda zu fahren – und dann dies. Drei Minuten nach drei hatte das Telefon geklingelt. Wenn dies zu nächtlicher Stunde geschah, hatte das nie etwas Gutes zu bedeuten. Und so war es auch: Der Polizeiführer vom Dienst, im Fachjargon ›PvD‹ genannt, hatte ihm mitgeteilt, dass es in Geislingen einen neuerlichen Mordanschlag gegeben habe. Als er hörte, wem dieser gegolten hatte, war Häberle sofort hellwach. Er rief den Namen seiner Frau Susanne zu, die vom Ehebett aus gelauscht hatte.
    »Die Dekanin?«, fragte sie ungläubig nach.
    Häberle hatte sich unterdessen bereits in seine Jeans gezwängt. »Machst du mir ein Frühstück, wenn ich zurück bin?«, kleidete er seine Bitte in eine Frage, drückte Susanne einen Kuss auf die Stirn und verschwand. Solche plötzlichen Einsätze war sie gewohnt. Glücklicherweise kam dies seltener vor, seit August wieder in die Provinz zurückgekehrt war. Jetzt aber schien es ihn knüppeldick zu erwischen. Mit Sorge dachte sie daran, dass er in den vergangenen Tagen wenig geschlafen hatte – und ihm am Vormittag die lange Fahrt nach Bischofswerda bevorstand. Sie rief ihm noch etwas hinterher, was er aber schon nicht mehr hören konnte.
    Unter Missachtung aller Geschwindigkeitsbegrenzungen, was zu dieser Zeit keine allzu große Gefährdung für andere Verkehrsteilnehmer darstellte, erreichte er bei ausgeschalteten Ampeln bereits nach einer Viertelstunde die Geislinger Innenstadt, wo ihn zuckende Blaulichter empfingen. Er war durch die Fußgängerzone bis zum ›Sonnecenter‹ vorgefahren. Mehrere Streifenwagen blockierten die Hansengasse und die Rosenstraße, von der aus mittlerweile einige aufgeschreckte Bewohner der umliegenden

Weitere Kostenlose Bücher