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Schattennetz

Schattennetz

Titel: Schattennetz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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Kollege und ich hätten Sie gerne kurz gesprochen.«
    »Kommen Sie rein.«
    Kaum hatten Häberle und Linkohr das Foyer betreten, stürmte ihnen aus einer der Türen ein vollbärtiger Mann entgegen, begrüßte die Besucher mit Handschlag und schien seine anfängliche Verärgerung über die Störung sofort abgelegt zu haben. Er bat die Kriminalisten in sein Büro und bot ihnen Platz auf einer schwarzen Ledercouch an. Er selbst setzte sich jenseits eines Schiefertisches in einen Sessel.
    »Ich hab Ihren Besuch schon erwartet. Die ganze Stadt ist in Aufruhr. Mir ist unerklärlich, wer zu so etwas fähig ist.«
    Häberle nickte ernst, während sein junger Kollege insgeheim über den blitzblanken Schreibtisch staunte. Die linke Wand zierte ein großes, ziemlich realistisches Gemälde einer Geislinger Altstadtansicht samt Stadtkirche.
    »Sie waren in der Freitagnacht dabei, als Herr Simbach aufgefunden wurde«, stellte Häberle sachlich fest. »Das haben meine Kollegen bereits ermittelt. Uns würde aber viel mehr interessieren, was Sie über den Getöteten wissen. Was er für ein Mensch war, welche Kontakte und Beziehungen er hatte …«
    »Na ja«, unterbrach Faller den Kriminalisten und strich die Ärmel seines hellblauen Hemdes glatt. »Alexander Simbach war nicht einfach. Er war in vielem sehr eigenwillig. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass er gleich nach der politischen Wende hierher gekommen ist.« Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln. »Sie kennen die Mentalität von uns Schwaben selbst. Wir sind zurückhaltend und skeptisch, wenn … ja, wenn wir den Eindruck haben, jemand will uns über den Haufen schwätzen, wie wir so schön sagen.«
    Häberle fühlte sich mal wieder bestätigt. Schwätzer, dachte er, die allgegenwärtigen Schwätzer glauben, die zurückhaltenden Schwaben für dumm verkaufen zu können. Nur weil die Schwaben erst den Gehirnkasten einschalten und dann schwätzen – und nicht umgekehrt, wie dies neuerdings in dieser Republik weit verbreitet war. Er hätte auf Anhieb viel dazu sagen können. Doch er hielt sich zurück und knüpfte behutsam an Fallers Redefluss an: »Und Herr Simbach zählte zu dieser Sorte?«
    »Es entsprach wohl seiner Mentalität. Im Grunde genommen war er gutmütig und bereit, sich ehrenamtlich zu engagieren, wie Sie sicher wissen. Die Art und Weise, wie die politische Wende 1989 zustande gekommen ist, hat ihn tief beeindruckt und geprägt. Er hat immer gesagt, diese Montagsgebete damals hätten so viel positive Gedankenenergie geschaffen, dass sich das DDR-Regime plötzlich und ganz ohne Blutvergießen aufgelöst habe. Für ihn war dies wie ein Wunder – und ein Beweis dafür, dass ein Volk durch kollektives positives Denken seine Zukunft zum Guten beeinflussen kann, genau so, wie es anders herum im negativen Sinne sein könne – denken Sie an das Dritte Reich.«
    »Glaube versetzt Berge«, entgegnete Häberle. »Positives Denken hat dieses Land in der Tat nötig.«
    Faller nickte. »So ist es. Die WM hat doch jetzt den Beweis erbracht. Kein Mensch hätte unserer Mannschaft auch nur die geringste Chance eingeräumt. Und was ist dann passiert? Mit Klinsmann ist ein positiv eingestellter Mensch aufgetaucht, der nicht nur seine Spieler motiviert, sondern die Menschen des ganzen Landes in eine unglaubliche Euphorie versetzt hat. Wer hätte sich bis dahin getraut, die Deutschlandflagge aus dem Fenster zu hängen oder gar ans Autofenster zu stecken?«
    »Jeder wär als alter Nazi verschrien gewesen«, stimmte Häberle zu.
    »Ich bin davon überzeugt«, fuhr Faller fort, »Deutschland wäre Weltmeister geworden, wenn nicht diese Sache mit Frings die positiven Kreise gestört hätte. Seine plötzliche Sperre wegen irgendwelchen Rempeleien, die gar nicht von ihm ausgegangen sind. Die Altherrenriege der Fifa hat doch nur auf Druck der italienischen Presse, oder sagen wir der Mafia, diese Entscheidung getroffen. Das hat in den positiven Schwingungen eine Störung verursacht. Wie es ausgegangen ist, wissen wir. Zwei Minuten vor Schluss zwei Tore. Aber unglücklich brauchen wir trotzdem nicht zu sein. Wir sind Weltmeister der Herzen geworden.«
    Linkohr fügte aus vollster Überzeugung an: »Managertypen wie Klinsmann bräuchte das Land.«
    »Absolut richtig«, erwiderte Faller. »Wenn diese WM 2006 eine Signalwirkung in die Zukunft haben sollte, dann diese: Leute, glaubt an euch, lasst euch nicht beirren, krempelt die Ärmel hoch, packt gemeinsam an. Wenn meine

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