Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
sie ihn nicht beißen lassen. Er war zwar nur ein schäbiger Vertreter der menschlichen Rasse, stand aber trotzdem fünf Stufen über Leuten wie Pogo oder Snag.
»Ich hab auch einen Spruch für Sie, Robert. Psalm 140, Vers 4: ›Sie haben scharfe Zungen wie Schlangen, Otterngift ist unter ihren Lippen.‹« Mit einer ruckartigen Bewegung aus dem Handgelenk spritzte ich ihm den Inhalt der Flasche direkt ins Gesicht.
Robert riss die Augen auf. Er sprang zurück, keuchte und saugte die Flüssigkeit ein. Nirah kam aus der Tasche in meinem Hemd hoch. Deshalb stand ich auf und beugte mich nach vorn, als sie sich nur Zentimeter von seinem Gesicht entfernt hin und her wiegte. Sie zischte und enthüllte ihre Giftzähne. Kleine Schlangen machen viel Lärm.
Robert erstarrte. Er zitterte am ganzen Körper, als hätte sie ihn tatsächlich gebissen.
Nirah glitt zurück in die Tasche, und ich steckte das Fläschchen schnell wieder ein. Ich rannte vom Tisch weg und flitzte in eine Ecke, in der ich mich zusammenkauerte. Ich versuchte gerade, ein entsetztes, aber unschuldiges Gesicht zu machen, als die Tür aufgerissen wurde und Flynn mit Insky im Gefolge hereingestürmt kam. Brunner war hinter ihnen im Flur zu sehen.
Robert richtete sich auf. Er schaute sich wie ein Sünder um, der überrascht feststellte, im Himmel gelandet zu sein. Abby hatte den Zaubertrank zusammengebraut, um Hammer damit zum Reden zu bringen, aber wie bei jedem Medikament konnte die Wirkung bei demjenigen, der es einnahm, eine andere sein.
Robert hickste zweimal. Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem rührseligen Grinsen. Er legte den Kopf schräg und starrte mich an. »Sie haben rote Haare.«
»Jap.« Heilige Mutter, was für ein Schauspiel.
Robert runzelte die Stirn. »Sie hatte auch rote Haare. Ich wollte es nicht, aber es war so schön. Sie wollte …«
Wow! Das war herrlich. Ich grinste ihn an. »Was wollte sie, Robert?«
Ein verträumter Ausdruck legte sich über Roberts Gesicht. »Sie wollte, dass ich sie da unten küsse. Dort war es auch rot.«
Junge, Junge. Der Mistkerl hatte Abby fast zwei Monate lang Ärger gemacht, indem er sie ein Mal die Woche zum Verhör in die Innenstadt geschleppt hatte. Ich hatte die Ehre gehabt, die gefühlten restlichen Tage über mich ergehen lassen zu müssen. Die Rache war zum Greifen nah.
»Wer ist ›sie‹?«, fragte ich.
»Cass!« Bestürzt riss Flynn beide Hände hoch.
Insky lachte … laut.
»Was ist?« Ich lachte auch. »Ich will wissen, wer die Tapfere war, die den Schneid hatte, sich von seinem Mund berühren zu lassen«, sagte ich zu Flynn.
»Sie hat mich auch dort unten geküsst«, steuerte Robert freiwillig zur Unterhaltung bei. Er seufzte, während das dümmliche Grinsen wie festgeklebt auf seinem Gesicht lag.
Flynn packte meinen Arm. Er senkte die Stimme. »Wie lange wird er in diesem Zustand bleiben?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich habe keine Ahnung. Ein paar Tage vielleicht. Ihm passiert nichts.«
Flynn seufzte. »Insky. Lieutenant Krause scheint plötzlich arbeitsunfähig geworden zu sein. Würden Sie ihn wohl irgendwo hinbringen, wo er sich erholen kann?«
»Wohin denn? Runter ins Hauptrevier? Die würden ihre Freude dran haben.«
»Nein. Schaffen Sie ihn hier raus, ehe er noch zu viel sagt. Vielleicht ins Krankenzimmer.«
Flynn zog mich aus dem Zimmer und durch den trüb beleuchteten Flur.
»Kann ich die Schlange noch einmal sehen?«, rief Robert mir hinterher.
Wir gingen an einem missbilligend guckenden Brunner vorbei, doch er versuchte nicht, uns aufzuhalten.
»Was ist denn nun mit meiner Aussage?«, fragte ich.
»Später. Er ist ohnehin der Einzige, der sie haben will.« Flynn drängte mich weiter durch die Gänge und durch den Haupteingang ins gleißende Sonnenlicht.
»Welche Schlange überhaupt?«, fragte Flynn, als wir das Gebäude verließen.
»Hast du gut gemacht, mein Baby«, sagte ich.
Nirah streckte ihren Kopf aus der Tasche und züngelte in Flynns Richtung.
»Oh, Shit, Cass. Was soll ich bloß mit dir machen?«
Ich wollte die Antwort auf diese Frage nicht wissen.
»Wo ist deine Schrottlaube?«, fragte Flynn. Er behielt einen guten Meter Abstand zu mir.
»Wahrscheinlich ist er jetzt schon bei Abby. Ich hab ihn beim Erzengel stehen gelassen, und Michael sagte, er würde ihn vorbeibringen lassen. Michael hatte mit mir im Lace Curtain zu Abend essen wollen, wir sind nur nicht dazu gekommen, weil du angerufen hast. Wusstest du, dass ihm auch das Princess Lily
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