Schattenpakt - Roland, L: Schattenpakt - Viper Moon (01 The Novel of the Earth Witches)
verweisen.
»Sie verdrehen die Tatsachen, um Beweise für Ihre verrückten Theorien zu haben.« Flynn sah das jedoch nicht ein. Er behielt einen ruhigen, vernünftigen Tonfall bei. Das war schlau. Sich selbst überlassen würde Robert irgendwann über seine eigenen übereifrigen Füße stolpern. Wenn möglich, wollte ich in dem Moment dabei sein.
Robert blieb stehen, als er mich sah. Der kleine, untersetzte Mann im beigefarbenen Polyesteranzug erfüllte das Klischee eines Gebrauchtwagenhändlers. Sein Gesicht lief rot an, und er ballte die Hände zu Fäusten. »Was macht die denn hier?«, brüllte er. »Ich sagte Verhör.«
Flynn trat vor. »Sie ist hergekommen, um eine Aussage zu den Waffen zu machen … nicht, um verhört zu werden.« Er klang immer noch ruhig, aber ich bemerkte einen Anflug von Schärfe in seiner Stimme.
Robert sah mich finster an. »Schaff sie in ein Zimmer.«
Er wirbelte herum und stapfte durch den Flur davon.
Ich erhob mich. Flynn legte eine Hand auf meine Schulter. »Cass, bitte.«
Ich schüttelte seine Hand ab, obwohl ich eigentlich wollte, dass sie blieb, wo sie war. Wenn ich zusammenbrach, würde ich vielleicht etwas so Dummes tun, wie ihn zu bitten, mich nicht zurückzuweisen.
»Bitte was, Flynn? Es sind nicht meine Waffen.«
»Das weiß er. Er versucht, dir irgendwas anzuhängen.«
»Tja, ich kann …«
»He!« Ein weiterer Uniformierter kam den Flur entlang. »Verpiss dich, Flynn.«
Heilige Mutter, wenn man ihn in dreckige Klamotten stecken und ihm den Kopf rasieren würde, könnte er glatt der Zwillingsbruder des kürzlich verstorbenen Bastinados Pogo sein, auch wenn auf seinem Namensschild Brunner stand.
Flynn wirbelte zu ihm herum.
»Was hast du gerade gesagt?« Flynns Stimme ließ die Eiszeit im Raum ausbrechen, und Brunner blieb stehen. Die Barrows mochten zwar mir gehören, doch hier besaß Flynn einiges Gewicht.
»Krause will nicht, dass ihr zwei Geschichten austauscht«, sagte Brunner, blieb aber auf Distanz.
Flynn stand ein paar Sekunden lang regungslos da und seufzte dann. »Na komm. Ich bringe dich hin. Officer Brunner kann uns ja folgen und aufpassen, dass wir nichts austauschen.«
Ich grinste Brunner an. »Gutes Hündchen. Bei Fuß.«
Flynn packte meinen Ellbogen etwas zu fest und führte mich den kahlen Flur entlang. Insky folgte uns in diskreter Entfernung. Vor einer Tür blieben wir stehen, und Flynn streckte die Hand nach dem Türknauf aus.
»Ich schaff das schon«, sagte ich und zwinkerte ihm zu. »Ich weiß, was ich tue.«
Flynn stieß einen Seufzer aus. Ich nehme an, dass er Ähnliches schon früher gehört hatte. Er kannte mich jetzt besser denn je und machte sich Sorgen darüber, was ich vielleicht sagen … oder tun … würde. Das war wohl ein guter Grund, mich so schnell wie möglich aus seinem Leben zu entfernen.
Flynn öffnete die Tür und bedeutete mir einzutreten. Robert stand schon im Raum. Flynn warf Robert einen sehr langen, durchdringenden Blick zu, ehe Brunner mir folgte und die Tür hinter sich schloss. Flynn, der Detective, der seinem Vorgesetzten drohte … meinetwegen. Mein Herz machte einen Satz. Aber was bedeutete es? Dass er mich immer noch gern hatte … oder dass ihm eine offensichtlich unfaire Situation missfiel?
Ich hatte im Laufe der Jahre unzählige Male Verhörräume in Uptown gesehen. Es war nicht schlecht da: Fenster, moderne Geräte, Kameras und Kassettenrekorder. Der Verhörraum hier sah dagegen so aus, als befände er sich ganz tief in den Barrows. Grau gestrichene Wände, rissiges Linoleum, ein klappriger Tisch und zwei Klappstühle sowie der schwache Geruch nach Chlorreinigern. Keine Kameras, kein Spiegel, kein Kassettenrekorder … nur der Rechtschaffene Robert, Brunner und ich … die völlig Regelwidrige.
»Hinsetzen.« Robert deutete auf einen Stuhl.
Brunner grinste.
Der Kampf konnte beginnen. »Ich muss mal Pipi.«
»So ein Scheiß aber auch.« Robert grinste und zog seine Hose hoch. Polyester kam nicht gut, wenn man sich eine schwere Pistole an den Gürtel klemmte. Er sollte sich lieber ein Schulterholster anschaffen.
Ich zuckte die Achseln. »Nicht scheißen … nur Pipi. Aber ist schon okay. Wenn ich den Boden nass mache, können Sie ja Bummer losschicken, um einen Feudel zu holen.«
Robert zog die Lippen zurück und entblößte die zusammengebissenen Zähne. »Bring sie über den Flur«, befahl er Brunner.
Ich ging in den Waschraum, und Brunner blieb draußen vor der Tür stehen. Er wusste, dass
Weitere Kostenlose Bücher