Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
findet.«
» Wie? Ja, in der Tat.«
Shahila folgte einer plötzlichen Eingebung: » Weißt du, ich habe heute in der Wachstube, als ich Meister Quent in anderer Angelegenheit sprechen wollte, einen Mann kennengelernt, der sich sehr gut auf Kräuter zu verstehen scheint.«
» Wirklich? So besteht also doch Hoffnung?«
» Vielleicht, allerdings hat Quent ihn weggeschickt«, sagte Shahila in bedauerndem Ton. Am befremdeten Stirnrunzeln ihres Gatten sah sie, dass sich der Besuch des Wassermeisters tatsächlich zum Vorteil verwenden ließ.
» So? Nun, er wird seine Gründe haben«, sagte der Baron. » Was wolltest du eigentlich von Quent?«
» Ich habe ihm angeboten, aus unseren Mitteln ein Kopfgeld auf den Schatten auszusetzen, der die Stadt heimgesucht hat.«
» Ah, wie großzügig und klug du bist, Liebste!«
» Danke, Liebster, aber dem alten Quent gefiel auch diese Idee nicht.«
» Wirklich? Sonderbar. Nun, vielleicht sollte ich selbst noch einmal mit ihm reden, erst später allerdings, denn mir scheint, er hat heute Morgen schlechte Laune«, meinte der Baron nachdenklich.
Shahila konnte seiner Miene ansehen, dass der Samen ausgebracht war. Quent hatte gute Gründe für seine Entscheidungen, aber das musste sie ihrem Gemahl ja nicht sagen. Dann ging Beleran hinaus, um sich anstelle seines Bruders auf dem Jahrmarkt zu zeigen. Shahila bestand darauf, dass er zwei ihrer auf der Burg verbliebenen Krieger zu seiner Sicherheit mitnahm. Es waren gute und aufmerksame Männer, sie würden ihr alles berichten, was ihr Ehemann dort draußen unternahm: mit wem er sprach und wie er vom Volk begrüßt wurde. Und sie hatte endlich Zeit, sich um wichtigere Dinge zu kümmern.
Nestur Quent stapfte schlecht gelaunt durch die Flure von Burg Atgath. Er konnte nicht einmal genau sagen, was seine Gereiztheit verursacht hatte. War es vielleicht dieser merkwürdige Fremde, der so weit in der Welt herumgekommen war – beneidete er ihn? Oder war es die Baronin von Taddora, die sich in Dinge einmischte, die sie nichts angingen? Ihren Vorschlag mit dem Kopfgeld konnte er bestenfalls für gut gemeint halten. Quent wurde aus dieser Frau einfach nicht schlau. Immer wieder beschlich ihn das Gefühl, dass noch ihre belangloseste Bemerkung irgendeinem verborgenen Zweck diente. War das nur Einbildung? Lag es einfach am bösen Ruf ihrer Familie? Sie war auf keinen Fall so harmlos, wie sie sich gab. Und natürlich gab es noch diesen Schatten, der sich irgendwo in der Stadt versteckte und Unheil stiftete. Doch was hatte er vor? Das einzig lohnende Ziel für einen Attentäter war der Herzog, doch der war geschützt, sehr gut geschützt. Quent rannte fast einen Diener um, der in irgendeiner eiligen Besorgung unterwegs war und ihn in dem verwinkelten Gang zu spät gesehen hatte. Der Mann stammelte eine Entschuldigung, und Quent blaffte ihn an, er möge besser aufpassen. Etwas, so sagte er sich wenige Schritte später, was auch für ihn selbst galt: Er musste besser achtgeben. Hier ging etwas vor, und er verstand nicht, was es war. Er machte auf dem Absatz kehrt. Es bringt wohl nichts, wenn ich hier weiter im Nebel herumstochere, dachte er, ich muss mich an etwas Greifbares halten.
Er eilte endlich in die Kanzlei der Burg, dorthin, wo der ermordete Apei Ludgar gearbeitet hatte. Von dort waren die mysteriösen Einladungen an die Brüder des Herzogs ergangen, dort mussten auch die Zusagen liegen, wenn sie denn nicht vernichtet worden waren. Er war viel zu lange nicht dort gewesen. Er betrat die Kammer, ohne sich erst mit Anklopfen aufzuhalten.
» Die Tür, so schließt doch die Tür!«, rief eine Stimme. Ein Fenster stand offen, und der plötzliche Durchzug wehte Blätter von einem Tisch. Ein Mann sprang zum Fenster, um es zu schließen, aber bevor er es erreichte, hob Quent die Hand, murmelte leise das passende Wort, und der Wind erstarb. Der Mann blieb stehen und starrte offensichtlich verblüfft vom Fenster zu Quent und zurück, denn der Wind heulte noch im Fenster, kam aber nicht mehr in die Stube herein.
» Seid Ihr der neue Verwalter?«, fragte Quent. Er trat ein und schloss die Tür. Es wäre natürlich einfacher gewesen, die Tür gleich zu schließen, und für gewöhnlich unterließ er solche Prahlereien, aber er wollte sicherstellen, dass ihm dieser Verwalter gleich seine ungeteilte Aufmerksamkeit schenkte.
» Meister Quent, welch unerwartete Ehre«, stammelte er, ein schlanker Mann, der jünger zu sein schien, als es seine weißen
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