Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
dachte …«
» Ihr wolltet meiner Mutter ans Haus pissen?«
» So könntet Ihr es ausdrücken.«
» Und dann wurdet Ihr überfallen?«
Ured nickte wieder. Der Leutnant bot ihm einen Arm zur Hilfe. Er nahm ihn dankbar an.
» Ein sehr unwahrscheinlicher Ort für einen Überfall«, meinte Aggi.
» Das Unglück findet auch die verstecktesten Winkel«, erwiderte Ured mit vor Schmerz zusammengebissenen Zähnen.
» Mitten in der Stadt, am helllichten Tag? Sehr seltsam. Und dass diese Männer ausgerechnet Euch in dieser Gasse auflauerten, war vermutlich auch nur ein unglücklicher Zufall, wie?«, fragte Aggi.
Der Leutnant war wirklich nicht dumm, und Ured stöhnte, denn wenn Aggi ihn für verletzt hielt, würde er wohl weniger Vorsicht walten lassen. » Das Leben folgt seltsamen Pfaden, Leutnant«, keuchte er dann die nächste Binsenweisheit hervor, die ihm einfiel. Der Bolzen in seinem Oberschenkel brannte wie Feuer, und er verstellte sich nicht, als er sich vor Schmerz krümmte.
» Nun, kommt erst einmal in unser Haus, ich will mir die Wunde ansehen«, sagte Aggi und legte den Arm um ihn.
Jetzt!, dachte Ured, und seine Hand wanderte zum Messer. Aber dann sah er, dass die beiden jungen Frauen immer noch dort standen und die Szene mit schreckgeweiteten Augen beobachteten. Als Teis Aggi ihre Befürchtungen zerstreut hatte, die Angreifer könnten noch irgendwo dort lauern, wurden sie ausgesprochen hilfsbereit und halfen Faran Ured ins Haus.
Die beiden Helferinnen – es waren offensichtlich Schwestern – brachten Ured in die Küche und waren wirklich sehr um ihn bemüht. Er brauchte eine Weile, bis er bemerkte, dass sie nicht um seinetwillen im Hause Aggi bleiben wollten: Es war der Leutnant, der es ihnen angetan hatte, der Leutnant, der leider so klug war, und der sich nun entschuldigte, weil er auf der Gasse einen Boten suchen wollte, der ein paar Soldaten herrief. » Jemand muss diesen Gesetzlosen folgen, auch wenn sie sich vielleicht schon in alle Winde zerstreut haben«, sagte er.
Aber Ured wusste, dass er nicht mehr viel Zeit hatte. Bald würden weitere Soldaten hier sein, und nicht nur wegen der Räuber. Nein, der Leutnant war kein so geübter Lügner wie er selbst, er hatte vor, ihn festzunehmen. Vorsichtig betastete er den Bolzen in seinem Oberschenkel. Er versuchte, ihn langsam zu lösen, aber er spürte, dass das Geschoss mit Widerhaken versehen war. Er würde ihn herausschneiden müssen. Sein Körper versuchte bereits, sich selbst zu heilen, und der Schmerz brannte in der Wunde, die sich nicht schließen konnte.
» Wollt Ihr vielleicht einen Tee?«, fragte eine der jungen Frauen fürsorglich. » Ich bin sicher, Mutter Aggi hätte nichts dagegen.«
» Nein, ich danke Euch«, erwiderte Ured freundlich, » aber seid so gut, und macht bitte etwas Wasser für mich heiß, denn ich muss die Wunde reinigen. Und seht, ob Ihr nicht ein sauberes, schmales Messer findet. Und vielleicht könntet Ihr mir auch meinen Rucksack reichen, den der Leutnant dort drüben abgestellt hat. Er enthält einige Kräuter, die mir jetzt sehr helfen würden.« Das stimmte tatsächlich. Aber nicht alle waren Heilkräuter, einige waren ausgesprochen tödlich, und die waren es, die er nun brauchte. Wenn es nicht anders ging, musste es eben mit Gift erledigt werden. Erst jetzt fiel sein Auge auf ein Pergament, das auf dem Küchentisch lag. Er konnte die unruhige Schrift des Leutnants kaum lesen, aber er las mehrfach seinen Namen, immer unterstrichen, und in vielen anderen Zeilen stand das Wort » Baronin«.
Die junge Frau war erfreut, ihm helfen zu können, und erzählte ihm, dass Mutter Aggi immer einen Kessel auf dem Feuer hatte, wie es in Atgath Brauch war, wo man doch stets einen Tee für Besuch bereithielt. Sie brachte ihm eine irdene Schüssel und stellte sie genau auf das Pergament, aber Ured hatte genug gesehen. Die andere besorgte das Messer, reinigte es umständlich, redete viel zu schnell für Ureds Ohren über den Jahrmarkt und füllte schließlich das heiße Wasser in das Gefäß. Ured dankte der Frau freundlich für ihre Hilfe und erinnerte sie an den Beutel. Sie war arglos und hilfsbereit, ebenso wie ihre Schwester, aber darauf konnte Ured keine Rücksicht nehmen. Am leichtesten geht es im Tee, sie werden gar nichts merken, dachte er und wusste doch, dass ein dreifacher Mord viel zu viel Aufsehen erregen würde. Teis Aggi hatte inzwischen einen Boten gefunden. Jetzt stand er den Schwestern im Weg und verzog sich
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