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Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten

Titel: Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Fink
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Orten jemand auf einem Turm sitzen und auf den Wanderer warten – ein Gedanke, der Quent gefiel. Die Wolken hatten in den letzten Tagen eine Beobachtung beinahe unmöglich gemacht, aber für die kommende Nacht sah es gut aus.
    Natürlich hätte er die Wolken verscheuchen können, er war ein Zauberer des neunten Ranges, aber er hatte sich nun einmal nach der Sache mit den Überschwemmungen geschworen, sich nicht mehr in das Wetter einzumischen. Und es war nicht nur das. Quent starrte auf die alten Listen. Wieder so eine Erinnerung, die er lieber vergessen hätte und die nun ganz unvermittelt vor ihm stand. Vor drei Jahren war ein besonders harter Winter über das Tal von Atgath hereingebrochen, und wochenlang hatte selbst am Tag strenger Dauerfrost die Stadt und die Dörfer im eisigen Griff gehalten. Am Ende war das Vieh sogar in den Ställen erfroren, und als die ersten Menschen in ihren Hütten gestorben waren, weil sie es versäumt hatten, rechtzeitig Holz heranzuschaffen, war Quent seinem Vorsatz untreu geworden: Er hatte sich in seinem Turm eingeschlossen und einen warmen Südwind vom Meer herbeigerufen. Es war kein einfacher Zauber, das hatte er schon vorher gewusst, zwang er doch den Wind, den Weg seiner Bestimmung zu verlassen, und zwar für mehrere Tage, aber es war gelungen. Für drei kostbare Tage war der bittere Frost gewichen, und die Menschen hatten aufgeatmet, ohne je zu erfahren, wem sie diese Linderung zu verdanken hatten. Die Seufzer der Erleichterung waren in ganz Oberharetien zu hören gewesen.
    Für Quent war es jedoch die Hölle gewesen. Noch nie hatte er erlebt, dass ihn Magie so auszehrte. Völlig entleert hatte er sich gefühlt, ausgelaugt von der magischen Energie, die sein Geist beschworen hatte. Er wäre schon während des langen und komplizierten Rituals beinahe zusammengebrochen, und als es endlich vollbracht gewesen war, hatte er am ganzen Leib gezittert, konnte nicht sprechen, nicht gehen, hatte stundenlang in dem dreifachen Beschwörungskreis gelegen, zu schwach, um sich zu bewegen. Und dann war diese kalte Beklemmung gekommen, die sich auf sein Herz gelegt hatte: Nackte Todesangst hatte er verspürt, er, der mächtige Zauberer des neunten Ranges, als er hilflos wie ein Käfer auf dem Rücken gelegen hatte und nur einen schmerzhaften Atemzug nach dem anderen hatte machen können. Noch viele Nächte danach war er schweißgebadet erwacht und hatte diese Angst gefühlt, die sich um sein Herz legte. Er hatte davon gehört, dass älteren Zauberern so etwas widerfahren konnte, aber er hätte sich nicht vorstellen können, dass es ihn einmal selbst treffen könnte. War ihm nicht einst noch der schwerste Zauber mit Leichtigkeit von der Hand gegangen? Hatte sein junger Geist nicht noch jeden schwierigen Spruch bezwungen und beherrscht? Und nun sollte Magie für ihn nur noch Mühsal und Qual sein? Nein, das war unwürdig. Und auch deshalb hielt Quent sich zurück, was das Zaubern betraf, und er ließ die Wolken, wo sie waren, denn – und diese Anstrengung war verkraftbar – er hatte die Winde gefragt, und sie sagten, dass es von selbst aufklaren würde.
    Also saß Hochmeister Quent in seinem Studierzimmer im Ostturm der Burg und ging seine Berechnungen noch einmal, zum hundertsten Mal, durch. In dieser Nacht würde er die Alten widerlegen, in dieser Nacht würde er sich endgültig einen Namen machen. Er war so vertieft in die langen Listen, dass er das vorsichtige Klopfen an der Tür erst gar nicht wahrnahm. Dann sah er unwillig auf. Wer immer das war, musste einen sehr guten Grund haben, ihn zu stören. Er hatte abgeschlossen, also musste er aufstehen, zur Tür gehen und selbst öffnen.
    » Was gibt es?«, herrschte er den nervösen Kammerdiener an, der vor ihm stand.
    » Herr, es sind Gäste eingetroffen.«
    » Gäste? Was geht mich das an? Meister Hamoch kümmert sich um solche Angelegenheiten. Geht und stört ihn.«
    » Es ist Prinz … verzeiht, Baron Beleran von Taddora mit seiner Frau und einigem Gefolge, und der Herzog ist unpässlich und bat mich ausdrücklich, Euch …«
    » Prinz Beleran? Was will der denn hier?«, entfuhr es Quent.
    » Er kommt wegen des Festes, Herr. Offensichtlich … offensichtlich wurde er eingeladen«, stotterte der Diener.
    Der alte Zauberer runzelte die Stirn. Eingeladen? Der Jahrmarkt war ein Fest, eingeführt zur Erinnerung an den Tag, als die Herzöge die Herrschaft über die Stadt übernommen hatten. Hado III . verabscheute jedoch die Feierlichkeiten

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