Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
Kolben bestellt.« Er wies in eine Ecke, wo ein großes Gefäß, sorgsam eingewickelt in Stroh, gelagert war. Der Namenlose sah genauer hin. Es war ein bauchiger Kolben, beinahe drei Ellen hoch. Er hätte nicht gedacht, dass man so große Gläser fertigen konnte.
» Was macht er denn damit?«, fragte Ela.
» Das musst du ihn selbst fragen, mein Kind. Er braucht immer wieder neue, allerdings bestellt er weit schneller, als er zahlt. Die nächsten wird er jedenfalls erst bekommen, wenn er die offene Rechnung beglichen hat. So viel ist sicher. Aber machen will ich sie doch, denn am Ende treibt er ja immer irgendwie Geld auf. Nun sag, wie geht es deinem Vater?«
Ela gab eine ausweichende Antwort, und eine Weile redeten sie über die Familie – eine Unterhaltung, die immer wieder unterbrochen wurde, weil Dorn seine Gesellen manchmal zu größerer Eile, dann wieder zu mehr Sorgfalt anhielt.
Der Namenlose hörte heraus, dass der Glasmeister mit den Grams zwar nicht verwandt war, Ela aber schon von klein auf kannte. Er fand das langweilig, streifte durch die Werkstatt und näherte sich einem Bereich, der durch einen großen Vorhang abgeteilt war. Meister Dorn rief ihn jedoch sofort zurück: » Entschuldigt, Vetter Anuq, doch dies ist der Bereich, den kein Fremder sehen darf. Oder ist es im Süden üblich, dass die Meister meiner Zunft anderen Einblick in ihre Kunst gewähren?«
Er schüttelte stumm den Kopf. Eigentlich interessierte es ihn wirklich nicht sehr, wie Glas gemacht wurde, aber er spürte eine wachsende Ungeduld, und er musste einfach etwas unternehmen. Er war nicht in die Stadt gekommen, um über die Familie zu plaudern, und er fühlte einen unbestimmten Zorn, weil der Glasmacher mit ihm redete, als sei er ein einfacher Knecht.
Endlich kam Ela auf den Punkt: » Sag, Onkel, es ist so eine Aufregung in der Stadt. Hast du eine Ahnung, was geschehen ist?«
» Ach ja, es heißt, einer der Verwalter des Herzogs sei in der Nacht in den Bach gefallen und ertrunken. Obwohl ich auch gehört habe, er sei ermordet worden. Es ist ein großes Rätsel. Angeblich soll er versucht haben, den Schatz des Herzogs aus der Burg zu stehlen, aber wie kam er dann nach draußen, vor die Stadt und ohne Schatz? Nun, die Leute reden viel, vor allem auf dem Markt, und vor allem, wenn sie nichts Genaues wissen.«
» Und deshalb die Aufregung?«, fragte Ela nach.
Der Glasbläser zuckte mit den Schultern. » So etwas ist zum Glück schon lange nicht mehr geschehen. Zwar gibt es Gerüchte über Diebstähle in der Stadt, und auch draußen, auf den Straßen nach Norden, soll es nicht mehr so sicher sein wie früher, aber Mord? Ich kann mich nicht erinnern, wann es das letzte Mal in Atgath so etwas gegeben hat. Es wird gemunkelt, dass Apei Ludgar in letzter Zeit schlechte Gesellschaft hatte, wenn du verstehst, was ich meine. Es sind jedoch alles nur Gerüchte, wer weiß? Am Ende ist er vielleicht doch einfach nur betrunken in den Kristallbach gefallen. Wenn du es unbedingt wissen willst, solltest du Teis Aggi fragen, der ist doch bei der Wache. Hat sich da prächtig entwickelt in letzter Zeit, wie ich finde.«
Der Namenlose bemerkte, dass hier etwas ohne Worte gesagt wurde, er konnte es an Elas Miene erkennen.
» Ich weiß ja, dass du ihn magst, Onkel Dorn, vermutlich viel mehr als ich. Der Leutnant war mit ein paar Soldaten bei uns. Denk dir, sie haben unsere Hütte durchsucht. Sie wussten wohl selbst nicht recht, aus welchem Grund, aber dafür haben sie bemerkenswert viel zerbrochen.«
Wulger Dorn kratzte sich verlegen am Hinterkopf. » Nun, Befehl ist Befehl, weißt du?«, nahm er den Leutnant ungeschickt in Schutz, was das Mädchen mit einem missmutigen Schnauben kommentierte.
Der Glasmeister räusperte sich und wechselte das Thema: » Werdet ihr eigentlich auf den Jahrmarkt gehen? Ich weiß, ihr habt ihn in den letzten Jahren gemieden, aber da du und dein Vetter schon mal in der Stadt seid …«
» Ich hatte es im Sinn, Onkel Dorn, und wenn du nichts dagegen hast, dann würde ich den alten Haam gerne ein Stündchen in deinem Hof stehen lassen und meinem Vetter die Stadt zeigen.«
» Ich bezweifle, dass dein Vater sehr begeistert davon wäre. Überhaupt, weiß er eigentlich, dass du hier bist, oder ist diese Lieferung etwa nur ein Vorwand, um sich auf den Jahrmarkt zu schleichen?«
Ela errötete.
» Schon gut«, seufzte der Glasbläser lächelnd. » Ich verstehe. Geht ruhig. Ich werde mich dumm stellen, wenn dein Vater
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