Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
und Verpflichtungen, die damit einhergingen, und hielt den Kreis der Gäste so klein wie möglich. Es war schon schwer genug gewesen, ihn dazu zu bringen, die unvermeidliche Einladung an die Großen von Frialis auszusprechen, die Erste Stadt des Seebundes und auch Schutzmacht von Atgath. Noch nie hatte Herzog Hado einen seiner Brüder zum Fest gebeten.
Der Diener drehte seine Kappe verlegen in den Händen. » Er ist bereits in der Burg eingetroffen, Herr, und nun warten er und sein Gefolge im Hof auf eine angemessene Begrüßung, und der Herzog fühlt sich, wie Ihr wisst, nicht wohl …«
» Gefolge?«
» Er hat eine stattliche Eskorte mitgebracht, und ich weiß nicht …«
» Schon gut, ich komme«, sagte Quent. » Ist noch etwas?«
» Der Prinz, er fragte außerdem, ob seine Brüder schon eingetroffen sind.«
Der Zauberer starrte den Diener an. » Seine Brüder? Sind die etwa auch eingeladen?«
Der Kammerdiener hob verlegen die Schultern. » Ich weiß von keiner Einladung, Herr, aber ich werde sofort Erkundigungen …«
Quent schüttelte den Kopf. » Überlasst das mir. Jetzt geht und sorgt dafür, dass irgendwo Quartiere für die Gäste eingerichtet werden.«
Der Diener eilte davon. Quent blickte auf seinen Arbeitstisch, der unter einem Berg Papier begraben lag. Ob Hamoch so dreist gewesen war, ohne sein Wissen die Brüder des Herzogs nach Atgath zu bitten? Nein, sicher nicht. Sein Adlatus kannte doch die Abneigung des Herzogs gegen Festivitäten und Familientreffen, und er kannte seine Grenzen – Quent hatte sie ihm oft genug aufgezeigt. Er seufzte, warf einen letzten Blick auf die langen Sterntabellen und machte sich dann auf den Weg. Die Prinzen von Atgath kamen nach Hause? Das war seltsam. Früher hatte der Herzog ein recht gutes Verhältnis zu seinen Brüdern gepflegt, und es war erschreckend, wie sehr er sich seit dem Tod seines Vaters und unter der Last des Geheimnisses verändert hatte, aber er wollte nun einmal niemanden sehen, auch nicht seine Brüder. Und er, Quent, konnte ihm nicht helfen. Er eilte die Treppe hinab. Wer, bei allen Göttern, war nur auf die Idee gekommen, die herzoglichen Prinzen einzuladen?
Shahila at Hassat, Baronin von Taddora, stand im Innenhof der Burg und wartete. Sie hatte den Pelzkragen ihres Mantels hochgeschlagen und fror dennoch. Burg Atgath war noch hässlicher, als sie erwartet hatte. Sie hatte von ihrem Gemahl gehört, dass damals, in der kurzen Zeit des Silberrauschs, die Burg als Garnison für ein ganzes Regiment ausgebaut worden war. Es war offensichtlich, dass man sich dabei wenig Gedanken um Schönheit und Behaglichkeit gemacht hatte. Sie blickte auf ein zusammengeschustertes Gewirr zu hoher Gebäude, die ihr das Gefühl gaben, nicht in einem Hof, sondern in einem Brunnen zu stehen. Die Herbstsonne stand so kurz nach dem Mittag hoch, aber ihre Strahlen gelangten nicht bis auf den Boden des Hofes. Der Baron stand auf der Treppe und nahm geduldig die unaufhörlichen Entschuldigungen eines Dieners entgegen. Offenbar hatte man sie nicht erwartet, und jetzt war der ganze Hofstaat in heller Aufregung. Shahila lächelte still in sich hinein. Es war teuer genug gewesen, diese Überraschung zu bewerkstelligen. Verwalter Ludgar hatte sich als ein ausgesprochen kostspieliger Helfer erwiesen, aber es befriedigte sie zu sehen, wie überfordert die Untergebenen des Herzogs schon bei dieser harmlosen kleinen Krise waren. Und sie würden nie herausfinden, was den Verwalter bewogen hatte, die Einladungen zu versenden, dafür hatte Almisan in der vergangenen Nacht gesorgt.
Ihr Vertrauter, der auch der Rahis war, der Hauptmann ihrer Leibwache, redete mit seinen Leuten und ermahnte sie zur Disziplin. Das war nötig, denn es waren Damater, harte, halbwilde Kerle aus den Bergen. In Taddora hatte es Unmut gegeben, als sie die Männer in ihren Dienst genommen hatte, aber das war Shahila schon damals gleich gewesen. Sie hatte schnell gelernt, dass sie es den Taddorern nicht recht machen konnte. Die Baronie war eine schon beinahe beleidigend armselige Mitgift. Zur Ehrenrettung ihres Gemahls musste sie zugeben, dass er selbst erst anlässlich seiner Hochzeit die Herrschaft darüber erlangt hatte. Der Seebund hatte sie den letzten Besitzern, einem aussterbenden Adelsgeschlecht, abgekauft und dann dem Prinzen von Atgath geschenkt, damit er als Fürst und nicht nur als Prinz ohne Land auftreten konnte. Viel konnte der Bund allerdings nicht dafür bezahlt haben.
Shahila hatte als
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