Schattenprinz 01 - Der Prinz der Schatten
Erstes eine kleine Weberei eingerichtet, damit man die Wolle der Schafe in der Baronie verarbeiten konnte, und sie nicht roh gehandelt werden musste. Das brachte Geld und Arbeit, aber die Schäfer beschwerten sich, weil sie Verträge mit alten Freunden nicht mehr einhalten konnten, und die Handwerker beschwerten sich, weil sie angeblich das Zunftrecht umgangen hatte. Dann hatte sie den kleinen Hafen im Dorf ausbauen lassen, und die Fischer klagten, weil ihnen nun Fernhändler manchmal die Liegeplätze streitig machten. Dass diese Händler ihnen die Fische gleich fassweise und zu guten Preisen abkauften, vergaßen sie gern, wenn sie in den Gaststuben über die Baronin und ihre fremdländischen Ideen lamentierten. Und zum guten Schluss hatte sie auch noch die Damater aus den Hochtälern des Paramar angeworben, rauflustige, furchtlose Kerle, die unter Dieben und Wegelagerern Angst und Schrecken verbreiteten. Dass die Räuber seither aus den Wäldern der Baronie verschwunden waren, erklärten sich die Taddorer dann aber lieber mit dem Wirken himmlischer Mächte. Shahila hielt sie inzwischen für fast so dumm wie die Schafe, für deren Zucht sie berühmt waren. Sie seufzte.
» Ich verstehe wirklich nicht, wo das Problem liegt«, rief Baron Beleran und ließ den unglücklichen Diener einfach stehen. » Offenbar sind unsere Quartiere nicht vorbereitet, aber bei den Göttern, diese Burg steht doch zur Hälfte leer, da muss sich doch eine Lösung finden lassen. Es tut mir so leid, Liebste. Ist dir kalt?«
Sie lächelte ihm zu. » Aber nein, Liebster«, behauptete sie.
Rahis Almisan kam zu ihnen. » Verzeiht, Hoheit, würdet Ihr mir erlauben, hinunter in die Stadt zu gehen?«
Der Baron runzelte die Stirn, vielleicht, weil Almisan sich an die Baronin und nicht an ihn gewandt hatte, vielleicht auch, weil er sie immer noch so ansprach, wie es einer Prinzessin zukam, eine Auszeichnung, die er ihm, dem ehemaligen herzoglichen Prinzen, nie zuteilwerden ließ. » Jetzt, Almisan?«, fragte er.
» Sobald wir unser Quartier bezogen haben, Herr.«
Normalerweise hätte der Baron sich wenig darum gekümmert, aber er hatte offenbar schlechte Laune. » Und aus welchem Grund, Hauptmann?«
» Auf dem Weg hierher habe ich einen alten Freund gesehen«, erklärte Almisan mit unbewegtem Gesicht, » jemanden, den ich wirklich nicht erwartet hätte, hier zu treffen.«
Shahila hob überrascht eine Augenbraue. Ein unerwarteter Freund? Eigentlich gab es nur einen Mann, den der Rahis meinen konnte. Er hatte ihn gesehen? Am helllichten Tag? Was hatte das zu bedeuten?
» Ich wusste gar nicht, dass Ihr Freunde habt, Almisan«, sagte der Baron gallig.
Shahila legte ihm eine Hand auf den Arm und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. » So lass ihn doch, Liebster. Wir benötigen seine Dienste vorerst doch sicher nicht.«
Der Baron seufzte und nickte ergeben. Er hatte ihr noch nie einen Wunsch abschlagen können.
Der Namenlose hatte keine Vorstellung davon gehabt, wie die Werkstatt eines Glasers aussehen mochte, aber nun fand er sie überraschend groß. Sie umfasste drei Höfe, ein großes Wohnhaus und mehrere noch größere Nebengebäude, die zusammen beinahe einen ganzen Häuserblock einnahmen. Das Glasblasen schien einen gewissen Wohlstand zu bringen. Meister Wulger Dorn war hocherfreut, als Ela und Anuq mit dem Karren auf den Hof rollten. » Kannst du Gedanken lesen, Ela Grams? Gerade dachte ich daran, einen meiner Gehilfen zu euch in den Wald zu schicken. Die Asche kommt wie gerufen.«
Er wirkte sehr beschäftigt und fragte nicht nach, als Ela ihren Begleiter als entfernt verwandten Vetter aus dem Süden vorstellte, sondern rief seine Gesellen, damit sie mit ihm die Bottiche in die Werkstatt schaffen konnten. Offenbar waren sie mitten in einer schwierigen Arbeit. Er lief unruhig auf und ab und gab seinen Gehilfen Anweisungen. Die Männer schwitzten an den großen Kesseln, aber der Namenlose fand es wohltuend warm, zum ersten Mal eigentlich, seit er die Köhlerhütte verlassen hatte. Er blieb in der Nähe der Köhlertochter, denn er hoffte, der Glasbläser würde wirklich irgendetwas Nützliches wissen.
» So hast du also viel zu tun, Onkel Dorn?«, begann das Mädchen höflich und unverfänglich das Gespräch.
» Ja, allerdings«, antwortete Meister Dorn, ohne seine Gehilfen aus den Augen zu lassen. » Der Adlatus weiß die Qualität meines Glases immer mehr zu schätzen, wie es scheint, und gerade vorhin erst hat er vier neue große
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