Schattenprinz 02 - Der Prinz der Klingen
Unten am Hang waren sie immer noch damit beschäftigt, mit den Folgen dieser merkwürdigen Überschwemmung fertigzuwerden. Ihre Belagerungsgräben waren überflutet, und ein großer Teil des Lagers war überschwemmt. Auch in Atgath gab es Überschwemmungen, doch waren es meist nur Keller, die plötzlich vollgelaufen waren, und es war kein ernsthafter Schaden entstanden, nur in den tiefer gelegenen Teilen der Stadt standen auch zwei oder drei Straßen unter Wasser. Oberst Fals, der ausnahmsweise halbwegs nüchtern war – ihm fehlte nach dem Verschwinden von Hauptmann Aggi offenbar die Zeit, sich zu betrinken –, hatte einen Trupp ausgesandt, der herausfinden sollte, warum der Kristallbach in der Erde verschwunden war. Aber sie konnten nicht mehr melden, als dass sich mitten im Bachbett ein Loch aufgetan hatte, durch das der Bach in der Erde versickerte.
Shahila hatte von Esara erfahren, dass Kisbara dem Wasser nur mit knapper Not entronnen war. Sie lächelte dünn, als sie daran dachte, dass Kisbara offenbar ebenso überrascht worden war wie alle anderen. Leider war sie nicht ertrunken, und nun konnte sie nur noch hoffen, dass Bahut Hamoch ihren Plan, der eigentlich Quents Plan war, erfolgreich in die Tat umsetzen konnte. Sie hatte ihre Zweifel. Diese Hexe war ganz offensichtlich nicht leicht zu töten. Sie ging ein paar Schritte auf und ab, um die Kälte dieser Herbstnacht zu bekämpfen.
Sie war gespannt, wer von den drei Männern zuerst auftauchen würde. Wenn es eine Wette gewesen wäre, hätte sie ihr Geld auf den General gesetzt, denn er war ohne Zweifel der Ungeduldigste. Sie behielt Recht. Tarim ob Hasfal erschien, deutlich vor der vereinbarten Zeit und völlig außer Atem. Er schien den langen Hang heraufgerannt zu sein. Sie drehte ihre Lampe ein wenig höher, gerade hoch genug, damit er sehen konnte, dass sie es war.
» Baronin!«, keuchte er.
» Ah, General«, flüsterte sie. » Wie sehr habe ich diesen Augenblick herbeigesehnt.«
Er blieb kurz stehen, blinzelte, dann kam er herangestürmt, fasste nach ihren Händen und küsste sie. » Ihr seid eine Festung, die zu nehmen jede Mühe wert ist«, stieß er heiser hervor.
Shahila lächelte, sie hatte nicht nur ihre Brust und ihre Lippen wieder mit dem Elixier getränkt, sondern auch beide Hände. Plötzlich packte sie der General an den Schultern und wollte ihr einen Kuss aufdrängen. Sie entwand sich seinem Griff und wich zurück. » Aber General, wollt Ihr Euern Angriff durch zu große Eile verderben?«
» Ich sehe doch, dass Euer Widerstand nur vorgetäuscht ist, Baronin. Ihr solltet Euch ergeben – zu unserer beider Gewinn.«
Shahila wich Richtung Zelt zurück.
» Für eine Flucht ist es jetzt zu spät, meine Liebe – Ihr sitzt in der Falle!«, rief der General und stürzte sich wieder auf sie. Sie floh ins Zelt, dahin, wo sie ihn haben wollte, und fragte sich, wann der nächste der Kandidaten auftauchen würde.
» Seid Ihr der Spielereien nicht überdrüssig, Baronin?«
» Das Ungestüm der Männer war mir immer ein Gräuel, Tarim«, flötete Shahila und zog sich hinter den Beratungstisch zurück.
Der General trat an den Tisch, hob ihn an und warf ihn zur Seite. Shahila konnte im Halbdunkel seine Miene sehen und fragte sich, ob sie nicht einen Fehler gemacht hatte: Dieses Gesicht war eine verzerrte Fratze. Der General hatte offensichtlich die Kontrolle über sich verloren.
» General, ich bitte Euch, mäßigt Euch«, flüsterte Shahila und wich zurück. Sie stolperte über einen Stuhl und stürzte. Bevor sie sich aufrappeln konnte, war der General über ihr. Das Verlangen in seinen Augen hatte etwas Zerstörerisches. Shahila versuchte, sich aus seiner Umklammerung zu lösen. Der Plan hatte so gut ausgesehen, sie hatte die Männer dazu bringen wollen, sich ihretwegen gegenseitig an die Gurgel zu gehen, doch nun spürte sie Hasfals Hand an ihrer eigenen Kehle. Sie bekam keine Luft mehr.
» Was glaubt Ihr, Baronin? Dass ich nicht merke, wie Ihr den Männern schöne Augen macht?«, raunte er. Er lag schwer auf ihr, und sein Knie war zwischen ihren Beinen. » Glaubt Ihr, Ihr könnt mit mir spielen? Ich bin Tarim ob Hasfal, der Sieger vieler Schlachten im Krieg der Liebe, und auch diese werde ich gewinnen.« Seine Hand war auf ihren Schenkeln und begann, ihren Rock hochzuziehen. Sie wehrte sich, bäumte sich auf, aber er war stark, hielt sie am Boden, und sie rang um Luft. Almisan war in der Nähe, er würde verhindern, dass das Schlimmste
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