Schattenprinz
brach aus ihm heraus, bevor er es verhindern konnte. Es war purer Instinkt.
Flay war wie vor den Kopf geschlagen. Flehend senkte sie den Blick. »Ich wollte nicht respektlos sein. Ich bot nur deiner Bequemlichkeit halber an, sie zu töten. Du kannst dich von ihr nähren. Töte sie selbst, wenn du willst.«
»Verschwinde!«
Bestürzt starrte Flay ihn an, und der Mund blieb ihr offen stehen. Ihr Plan war doch bereits aufgegangen. Sie hätte Prinz Gareth dienen sollen. Sie hätten Seite an Seite gekämpft und den Clan zusammen regiert, genauso, wie sie es sich immer erträumt hatte. Und nun starrte er sie mit Hass und Verachtung an. Konnte es wegen der equatorianischen Gefangenen sein? Sicher war es nur ein Missverständnis. Sie hatte irgendeine unsichtbare Grenze überschritten. Sie war zu schnell zu weit gegangen und hatte seine angeborene fürstliche Verachtung für einen gemeinen Emporkömmling geweckt.
Flay versuchte es mit einer weiteren Erklärung. »Ich wollte nicht … Ich habe nicht …«
Dröhnend fiel Gareth ihr ins Wort. »Ich sagte, du sollst verschwinden! Geh und kriech zurück zu Cesare. Ich bin mir sicher, dein üblicher Platz zu seinen Füßen ist immer noch frei.«
Flay versteifte sich sichtlich bei der Beleidigung. »Wenn ich gehe, Gareth, dann werde ich mich dir nicht noch einmal anbieten.«
Er zuckte mit den Schultern. »Wir waren schon immer Feinde, Flay. Und das werden wir immer sein.«
Ihre Erschütterung und Scham verwandelten sich in Wut, und sie fletschte die Zähne. »Er wird dir niemals glauben, wenn du ihm erzählst, dass ich hier war.«
Gareth starrte sie nur an. Er hatte nicht die Absicht, Cesare irgendetwas zu erzählen, würde ihr aber nicht die Genugtuung geben, das zu wissen. Er zog es vor, wenn sie von Verwirrung und Zweifeln geplagt wurde.
»Ich hoffe, du stirbst, Gareth!«, kreischte Flay. »Du bist schwach und wertlos. Ich hoffe, du stirbst!« Sie warf sich in die Luft und stieg langsam durch die Schwüle des Museums nach oben, bis sie einen Windhauch erwischte und unvermittelt durch ein zerbrochenes Fenster verschwand. Das schwache Echo ihres geplagten Aufheulens vermischte sich mit den blutigen Schreien und Jubelrufen überall in der mörderischen Stadt.
18
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F lay kehrte in der nächsten Nacht ins Museum zurück.
Diesmal kam sie durch die Vordertür, und sie hatte noch jemanden bei sich: fünf rot berockte Mitglieder von Cesares Ehrenkader, der wegen seiner Rolle bei der Abschlachtung so vieler Iren nach dem irischen Gebiet Pale benannt war. Gareth starrte ins grimmige Gesicht der Kriegsführerin, die sich weigerte, ihm in die Augen zu sehen.
»Was denn nun, Flay?« Gareths Stimme klang müde.
»Die Anwesenheit deiner Gefangenen ist im Palast erforderlich«, antwortete sie ausdruckslos.
»Sag Cesare, ich sehe das anders.«
Flay hob den Kopf und begegnete kurz seinem Blick, dann sah sie fort. »Das hier kommt direkt von König Dmitri.«
Gareth hatte keine andere Wahl, als einzuwilligen. »Dann komme ich mit.«
»Wie es dir beliebt.« Sie schwieg kurz und fügte dann hinzu: »Hoher Lord.«
Gareth ging wieder hinein, wo er Adele vorfand, wie sie begeistert eine Wand mit Marmorreliefs anstarrte. Munter drehte sie sich zu ihm um, bemerkte jedoch schnell den strengen Ausdruck in seinem Gesicht und wurde ebenfalls ernst.
»Du musst mit mir kommen«, sagte er. »Der König hat dich in den Palast bestellt. Du wirst Dinge sehen, die noch kein Mensch je sah, der danach weiterlebte. Schreckliche Dinge. Im Blutrausch eines Gelages ist meine Art unberechenbar und sehr gefährlich. Lass dich nicht isolieren. Ich werde dich beschützen, solange du in meiner Nähe bleibst.«
»Das werde ich.«
»Du wirst in Sicherheit sein.«
»Daran zweifle ich nicht. Darf ich meinen Umhang holen?«
»Natürlich.«
Adele rannte in ihr Zimmer, wo sie sich den schweren Umhang schnappte. Sie berührte den Uschebti in ihrer Tasche und war dankbar dafür, dass Gareth in dem verachtungswürdigen Palast bei ihr sein würde. Aber diese Vorladung beunruhigte ihn eindeutig. Sie war etwas, das sich seiner Kontrolle entzog. Seine Versprechen von Sicherheit erschienen ihr schwach.
In der Ecke lehnte ein großer Stein. Dahinter hatte sie zwei Klingen versteckt. Sie schob die Messer unter ihre Bluse.
Der Gang zum Palast entsetzte Adele. Horden von Vampiren mit rot verschmierten Gesichtern und Oberkörpern streiften durch die Straßen oder huschten über ihren Köpfen dahin und labten sich an
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