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Schattenschmerz

Schattenschmerz

Titel: Schattenschmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rose Gerdts
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Bürgersteig. Als die Frau ausstieg, sah er, dass sie kurze, etwas strubbelig wirkende Haare hatte und im Laufschritt auf den Tatort zulief. In der rechten Hand trug sie einen Block. Er unterdrückte seinen Impuls, der Journalistin hinterherzurufen. Steenhoff kannte Andrea Voss schon lange und vertraute ihr. Aber sie würde ihn sofort mit Fragen bombardieren. Fragen, die er sich selbst stellte und die zurzeit niemand, bis auf den Täter, beantworten konnte.
     
    Eine Viertelstunde später stand Steenhoff mitten in der Innenstadt vor dem alten Gebäude aus rotem Ziegelstein, in dem die Wache 1 und die Einsatzzentrale der Feuerwehr untergebracht waren. Der Schichtführer erwartete ihn schon und drückte ihm eine CD in die Hand.
    «Ich habe dir den Anruf kopiert. Die genaue Uhrzeit ist darauf vermerkt.»
    Aber Steenhoff wollte den Anruf sofort hören. Bereitwillig nahm der Mann ihn mit in sein Büro, das nur durch eine große Glaswand von der Einsatzzentrale getrennt war.
    Er öffnete eine auf seinem Computer abgespeicherte Datei und sah Steenhoff gespannt an, während die Aufnahme abgespielt wurde.
    Die Stimme des Anrufers hatte nichts Menschliches an sich. Seine Worte zogen einen kalten, metallenen Hall wie aus einer fernen Galaxie nach sich: «Achtung! Das ist kein Scherz! Im Park in der Neustadtscontrescarpe ist eine Bombe versteckt. Niemand ist sicher. Jeden kann es treffen, der unbekannte Pfade beschreitet. Sucht die Bombe. Sonst fliegt ihr wie die anderen in die Luft.»
    «Wer sind Sie?» Barsch unterbrach der Notrufsprecher den unheimlichen Anrufer.
    Doch die Roboterstimme ging nicht darauf ein. «Niemand ist sicher. Jeden kann es treffen. Seid vorsichtig.» Dann knackte es. Das Gespräch war beendet.
    Steenhoff ließ sich die kurze Sequenz erneut vorspielen. «Was meinte er mit
den anderen

    Der Schichtführer zuckte mit den Schultern. «Uns ist kein weiterer Anschlag in Bremen oder anderswo bekannt.»
    Dreimal hörten sie das Band noch ab. Doch Steenhoff wurde nicht schlau aus der Botschaft.
    «Habt ihr den Anruf zurückverfolgt?»
    «Ja. Aber die Nummer war unterdrückt.»
    «Gibt es häufiger Anrufer, die einen Sprachverzerrer benutzen?»
    «Nein.»
    Im selben Moment klingelte Steenhoffs Handy. Er trat etwas zur Seite und nahm das Gespräch an.
    Der Schichtführer beobachtete aufmerksam, wie sich das Gesicht seines Besuchers verdunkelte.
    «Schlechte Nachrichten?», fragte er, nachdem Steenhoff das Gespräch beendet hatte.
    Steenhoff atmete schwer aus. Er schaute aus dem Fenster und schien sich intensiv für drei junge Feuerwehrleute zu interessieren, die im Hof die Drehleiter eines Fahrzeugs mehrere Meter weit ausfuhren.
    Der Schichtführer wartete geduldig.
    Ohne sich umzudrehen, sagte Steenhoff: «Das waren die Entschärfer. Der Attentäter hat neben seiner Sprengfalle noch etwas anderes für uns im Park zurückgelassen. Das Ding, was sie aus der Erde geholt haben, besaß keinen Zünder und war nicht scharf. Aber …», er zögerte, «es war eine Landmine.»

[zur Inhaltsübersicht]
    06
    Der Präparator saß hinter einem schlichten Empfangstresen im Flur der Rechtsmedizin. Als an der Tür ein Geräusch zu hören war, schaute der Mann hoch. Er erkannte Steenhoff hinter der Scheibe und lächelte. Mit wenigen Schritten war er bei der Tür.
    «Du bist ja häufiger bei uns als in deinem eigenen Verein. Ist dir wohl zu langweilig im Präsidium?»
    «Über mangelnde Beschäftigung kann ich nicht klagen», entgegnete Steenhoff knapp und zog sich seine Lederjacke aus. «Hat die Obduktion schon begonnen?»
    Michael Franzen schüttelte den Kopf. «Brückner wird erst in einer Viertelstunde hier sein. Du hast noch Zeit für einen Kaffee und ein Stück Kuchen. Ich habe heute Geburtstag.»
    Überrascht schaute Steenhoff den Assistenten an. «Du schneidest an so einem Tag Leichen auf?»
    «Klar. Warum nicht? Zugegeben, die Geburtstagsgäste sind etwas einsilbig, und manchmal müffeln sie auch ein klein wenig. Aber wenn ich mich um sie kümmere, scheinen sie mich immer wohlwollend zu ermahnen und mir zuzuflüstern, dass …»
    Der schrille Klingelton am Haupteingang unterbrach das Gespräch jäh. Hans Jakobeit vom 1. Kommissariat stand vor der Tür. Statt wie Steenhoff mit Franzen zu flachsen, nickte er ihm zur Begrüßung nur kurz zu. Ohne eine Miene zu verziehen, steuerte er sofort auf Steenhoff zu.
    «Ich dachte, du wärst zur Feuerwehr gefahren.»
    «Damit bin ich schon durch. Was ist mit Ewerts? Wollte er

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