Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
ungezähmten Umgebung vorstellen. Er war der reinste Atavismus, ein Rückfall in frühere Zeiten, ein Mann, der seine eigenen Regeln aufstellte und so gefährlich war wie die Raubtiere, die ihn hier umgaben. Er konnte, wenn er wollte, jederzeit verschwinden, denn er war fähig, sich allein durchzuschlagen und in der Natur Nahrung und alles andere aufzutreiben, was lebensnotwendig war. Sie bezweifelte, dass ihn jemand finden konnte, und genau deshalb brauchte sie ihn. Er konnte ihr exakt diese Fertigkeiten beibringen und sie beschützen, während sie von ihm lernte.
Es machte ihr nichts aus, dass er nichts von ihr wissen wollte, dass sie eine Belastung für ihn war. Das Wort hallte immer wieder durch ihre Gedanken. Sie presste beide Hände auf ihren Bauch, und ihr Mund straffte sich entschlossen. Ein solches Pech für Jack! Sie würde nicht nur ungebeten vor seiner Tür auftauchen, sondern sie brachte auch noch ein Kind mit. Geboren war es zwar noch nicht, doch er würde damit leben müssen. Sie konnte sich nicht
vorstellen, dass er sie wegschicken würde, wenn sie ihm erst einmal gesagt hatte, dass ihrer beider Kind in Gefahr schwebte.
Ihre Finger schlossen sich um den Fensterrahmen, als sie sich hinausbeugte, um ins Tal hinabzuschauen. Sie waren auf dem richtigen Weg. Sie fühlte ihn, wie sie schon lange, bevor sie ihn das erste Mal zu sehen bekommen hatte, seine Anwesenheit gefühlt hatte. Er war näher, als sie erwartet hatte, und sie schmeckte Furcht in ihrem Mund. Ihr Herzschlag beschleunigte sich, und ihre Finger spannten sich langsam und ohne ihr Zutun an, bis ihre Knöchel weiß wurden. Sie spürte, dass sich die Gefahr mit jeder Meile, die sie zurücklegten, erhöhte.
»Bist du dir ganz sicher, Bri?«, fragte Jebediah. Die Nacht brach an, und die Anspannung ließ seine Stimme gepresst klingen. »Trotz des Mondscheins wird es immer schwieriger, etwas zu sehen, und ich will die Scheinwerfer nicht benutzen, wenn es nicht unbedingt sein muss. Wir haben es bis hierher geschafft, ohne verfolgt zu werden, und wenn wir Norton rechtzeitig warnen, dass wir kommen, könnte er sich davonschleichen, und wir fänden ihn niemals.« Er warf einen Blick auf sie. »Wenn es so weit ist, gibt es kein Zurück mehr.«
»Du nimmst die Bedrohung auch wahr, stimmt’s?« Jebediah bereitete so schnell nichts Sorgen, aber wenn es um Gefahr ging, hatte er eindeutig einen sechsten Sinn.
»Wir sind in Gefahr, Bri. Vielleicht hört Jack sich an, was wir ihm zu sagen haben, aber er könnte ebenso gut auf uns schießen, weil wir sein Grundstück widerrechtlich betreten haben. Wie viele Warnschilder haben wir jetzt schon gesehen?«
»Etwa zehn.« Briony lächelte matt. »Wenn er sich die
Mühe gemacht hat, Schilder aufzustellen, will er niemanden töten.«
»Du kannst getrost deinen letzten Cent darauf wetten, dass sein Bruder Ken diese Schilder aufgestellt hat.«
»Ich hoffe, ich kann dem SEAL trauen, an den du dich gewandt hast, um an Jacks Adresse zu kommen.«
»Jesse Calhoun hat sich besser als jeder andere mit Jack und Ken verstanden. Wenn sie jemals einen Freund gehabt hätten, wäre er der wahrscheinlichste Kandidat gewesen.«
Sie zuckte die Achseln. »Wer weiß, ob das, was ich tue, richtig ist? Ich traue keinem, den ich nicht kenne. Keiner von uns kann im Moment irgendjemandem trauen, aber Jack Norton ist immerhin der Vater des Babys. Ich will ihn ja nicht auffordern, Verantwortung zu übernehmen, und ich erwarte auch keine Bindung fürs Leben, aber wenn er ein so übler Kerl ist, wie du behauptest, dann ist er mit Sicherheit die beste Adresse, um unser Kind zu beschützen. Sogar Kaden Montague hat gesagt, wenn er verschwinden wollte, könnte ihn keiner finden. Das heißt, er kann mir genau das beibringen, was ich lernen muss.«
Jebediah schüttelte den Kopf. »Er jagt mir teuflische Angst ein, Bri, und dich in seiner Nähe zu wissen …« Er hielt das Geländefahrzeug mitten auf dem schmalen Pfad an und drehte sich zu ihr um. »Manche Menschen leben nach ihren eigenen Gesetzen, und Jack ist einer dieser Menschen. Er wird nie ein umgänglicher Mensch sein, er wird sich niemals in die Gesellschaft einfügen, und er ist teuflisch gefährlich, wenn man gegen sein Gerechtigkeitsempfinden verstößt. Die Regierung benutzt Männer wie ihn für ihre Zwecke, sie bildet sie gründlich aus und schärft ihre angeborenen Instinkte, und sie wendet sich an sie, wenn sie gebraucht werden, aber sie bekennt sich
nicht zu ihnen, weil sie
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