Schattenschwestern - Feehan, C: Schattenschwestern - Conspiracy Game
beschützen.«
Briony schüttelte den Kopf. Wenn ihr Bruder zusammenbrach, würde sie eine Flut von Tränen vergießen. Sie straffte die Schultern. »Keine, die euch nicht alle in Gefahr bringt.«
»Gib ihm deine Ohrringe.« Der Befehl ertönte hinter ihr. Zu dicht hinter ihr. Jack drängte sich so eng an sie, dass sie die Glut seines Körpers fühlte. Sie spürte seinen warmen Atem auf ihrem entblößten Nacken.
Briony zuckte zusammen, drehte sich aber nicht um. Sie schlug ihre Handflächen auf ihre Ohrringe und hielt sie an sich gepresst. »Sie gehörten meiner Mutter. Sie bedeuten mir viel.«
»Gib sie ihm. Du kannst sie später wiederhaben.«
Sie würde weinen. Sie blinzelte wütend, während sie die kleinen Diamantstecker aus ihren Ohrläppchen zog.
Jebediah schloss seine Hand eng um die Ohrstecker, als er sich hinunterbeugte, um Briony einen Kuss zu geben.
»Ich passe gut auf sie auf, Bri.«
Sie nickte, denn sie fürchtete sich, etwas zu sagen; stattdessen biss sie sich fest auf die Unterlippe, um die Tränen zurückzuhalten. Sie wollte sich an Jebediah klammern, an die Liebe und den Trost ihrer vertrauten Welt. Ausgerechnet jetzt, da sie ihre Familie und ihre Freunde mehr denn je brauchte, wurde sie in eine Welt voller Ungewissheiten hinausgestoßen – in eine Welt voller Furcht. Sie wollte sich nicht vor Jack oder ihren Reaktionen auf ihn fürchten, aber sie tat es.
Jebediah zog seine Schwester in seine Arme, drückte sie eng an sich und flüsterte ihr ins Ohr: »Du musst das nicht tun, Liebes. Wir sind eine Familie. Wir werden für uns selbst sorgen.«
Jack hörte das leise Flehen, und er hörte auch den kleinen Schluchzlaut, den sie zu unterdrücken versuchte. Seine Eingeweide zogen sich zusammen. Er war Gefühle nicht gewohnt. Er hatte sich dazu erzogen, nichts zu empfinden, und jetzt war sie wieder da, und wie schon beim letzten Mal fühlte er sich sofort eng mit ihr verbunden, und dieselbe Flut von unbezähmbaren Gefühlen, die vor Monaten beinah sein Untergang gewesen wäre, bestürmte ihn von neuem. Er legte ihr eine Hand auf den Arm, um sie zurückzuhalten, vielleicht aber auch, um sie zu trösten. Er wusste wirklich nicht, was von beidem er damit bezweckte, aber er fürchtete, wenn sie weinte, würde es ihn innerlich zerreißen.
»Es hilft nicht, den Abschied in die Länge zu ziehen, Jebediah. Verschwinde von hier, und mach es ihr leichter.« Jacks Stimme war barsch – zu barsch. Er fühlte, wie Briony
unter seinen Händen zusammenzuckte, und sie warf ihm einen schnellen Blick über die Schulter zu, der ihn verstummen ließ. In ihren Augen standen unverkennbar Tränen. Sein Herz schnürte sich zusammen. Er lebte in einer Welt der Gewalttätigkeit. Seine erste Reaktion bestand darin, etwas kaputtschlagen zu wollen, die zweite darin, sie schützend an sich zu ziehen.
Briony versuchte anfangs von ihm abzurücken, doch als ihr Bruder resigniert die Arme sinken ließ, grub sie ihre Finger fast so in Jacks Arm, der um ihre Taille geschlungen war und sie zurückhielt, als könnte sie sich dadurch daran hindern, Jebediah zu folgen.
»Ich hab dich schrecklich lieb, Bri«, sagte Jebediah.
»Ich dich auch«, brachte sie erstickt hervor und presste ihre Hand auf ihren Mund, um zu verhindern, dass sie ihm sagte, sie hätte einen furchtbaren Fehler gemacht.
Jebediah sah Jack lange Zeit an, als prägte er sich sein Gesicht bis in alle Einzelheiten ein. »Du weißt, dass ich sie niemals hergebracht hätte, wenn ich nicht der Meinung wäre, dass sie in echten Schwierigkeiten steckt.«
Jack nickte. »Ich weiß.«
»Wenn ihr etwas zustößt, wenn du ihr in irgendeiner Weise etwas antust, Jack, und dazu zählt auch, ihr das Herz zu brechen, dann ist mir scheißegal, dass du der härteste Kerl bist, den ich kenne. Ich werde dich zur Strecke bringen.«
»Ich weiß.«
Jebediah starrte Jack noch einen Moment lang an und legte dann kurz eine Hand auf Brionys Arm, bevor er sich abwandte.
Briony biss sich fest auf die Lippe, während sie beobachtete, wie ihr Bruder zwischen den dichten Bäumen verschwand, von denen sie umgeben waren.
Jack fühlte, dass sie zitterte. Er fühlte ihren Schmerz. Er setzte ihm zu wie kaum etwas sonst auf der Welt. Er verspürte das wahnsinnige Verlangen, sie in seine Arme zu nehmen und sie zum Haus zu tragen. »Lass uns reingehen, da ist es etwas wärmer.«
»Noch nicht.« Sie konnte sich nicht von der Stelle rühren. Solange sie blieb, wo sie war, war es noch keine
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