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Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen

Titel: Schattenschwingen Bd. 1 Schattenschwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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spröde. Einen Moment lang schien es so, als wären die vergangenen Monate nicht mehr als ein böser Traum gewesen. Als hätten Sam und ich niemals aufgehört, uns am Strand zu küssen. Aber so war es nicht, deshalb löste ich mich nach diesem einen Kuss von ihm.
    »Du wirst mir genau erzählen müssen, was passiert ist. Versprichst du mir das?« Zu meiner Bestürzung zögerte Sam. Ich wich zurück, bis ich von seinem Schoß rutschte, was er nur widerwillig zuließ. Dann sah ich ihn prüfend an. Sein Gesicht lag im Schatten, doch erahnte ich die angespannten Züge auch so. Er rang mit sich, ob er mir dieses Versprechen geben konnte. »Sam, ich bin überglücklich, dass du wieder da bist. Wenn du mir das jedoch nicht erzählen willst, dann werde ich jetzt gehen. Ich habe immer gehofft, dass du bei dem Sturz von der Klippe nicht gestorben bist. Trotzdem war es sehr hart für mich. Ich brauche deine Erklärung, verstehst du?«
    »Natürlich verstehe ich das.«
    Ich konnte seine innere Zerrissenheit spüren. Einem Impuls folgend nahm ich seine Hände und als er den Griff erwiderte, wurde mir bewusst, dass an seiner linken Hand zwei seiner Finger nicht mehr unversehrt waren. Vorsichtig betastete ich den Rest des kleinen Fingers. Die Stelle, an der ihn das Messer seines Vaters getroffen hatte, war so glatt, wie sich eigentlich keine Narbe anfühlen sollte.
    »Beginnt die Geschichte in dem Moment, als dein Vater dich mit dem Messer verletzt hat oder schon viel früher?« Es gelang mir kaum, diese Worte auszusprechen, so sehr verengte sich mir die Kehle. Als er nicht reagierte, sah ich mich gezwungen, noch einen Schritt weiterzugehen. »Ich habe dich gesehen, an deinem Geburtstag, als ich zum ersten Mal, seit du weg warst, einen Stift zum Malen in die Hand genommen habe. In meinem Bild warst in einem Kokon aus Schatten gefangen und konntest dich trotz aller Anstrengungen nicht befreien. Das, was ich gesehen habe, war real, richtig?«
    Als er den Kopf zur Seite drehte, umfasste ich entschlossen sein Kinn, damit er sich nicht länger von mir abwenden konnte. Obwohl alles völlig irrsinnig klang, verspürte ich die Gewissheit, den richtigen Weg eingeschlagen zu haben. »Ich fürchte mich nicht vor der Wahrheit. Auch wenn ich es mir noch so sehr wünsche, ich weiß, dass deine Erklärung alles andere als normal sein wird. Sam, als ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich sofort, dass du kein gewöhnlicher Mensch bist. Das habe ich von Anfang an akzeptiert.«
    Sam stieß ein trauriges Lachen aus. »Dann wusstest du früher als ich Bescheid. Dass ich irgendwie anders als der Rest ticke, war mir schon klar. Nur ist das ja nicht superungewöhnlich. Schau dich an: Du bist auch nicht gerade ein Alltagsmensch. Du hast das Talent, die Dinge als das zu erkennen, was sie sind. Das kann jeder ohne Probleme verstehen. Aber was ist das, bitte schön, mit mir? Dieses miese Gefühl, nicht zu wissen, was eigentlich mit mir los ist, hat mich fast mein ganzes Leben lang begleitet. Bis mein Vater mir auf seine unnachahmliche Art die Augen geöffnet hat. Na ja, genauer gesagt hat er mir das Fleisch zerschnitten, aber es lief auf dasselbe hinaus.«
    »Also hat alles mit dem Messerangriff begonnen?«, hakte ich nach, um Sam den Einstieg zu erleichtern.
    Er nickte und ich konnte hören, wie er schwer schlucken musste. »Allerdings mit der ersten Messerattacke vor ein paar Jahren, als mein Vater mir diese Symbole zugefügt hat. Wenn du wirklich verstehen willst, was mit mir passiert ist, muss ich damit anfangen. Das war an meinem fünfzehnten Geburtstag, ein Geschenk der besonderen Art sozusagen. Rückblickend kann ich sagen, dass sich etwas Derartiges in den Tagen, vielleicht sogar schon in den Wochen zuvor abgezeichnet hatte. Mein Vater ist schon immer ein cholerisches Schwein gewesen, und wenn er wieder einmal eine seiner Saufphasen hatte, verdreifachte sich die Wahrscheinlichkeit, dass ich viel Zeit in der Notfallaufnahme verbringen durfte.
    Nur dieses Mal war es anders. Ich spürte, dass es in ihm brodelte, dass er den Wunsch, sich an mir auszutoben, nur gerade so im Zaum halten konnte. Jeden Morgen, an dem ich unversehrt die Schule erreichte, machte ich drei Kreuze, und am Nachmittag ging das Warten auf die Explosion dann von vorne los. Doch es passierte nicht. Wenn er sich überhaupt in meiner Nähe aufhielt, stierte er mich nur an. Oder vielmehr durch mich hindurch.
    Allmählich begann ich, mich in Sicherheit zu wiegen, und sprach es

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