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Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe

Titel: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Heitmann
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eine Hitze zu beschwören imstande war, in der man wie ein Stück Papier aufflammte, so war das Wasser, in das ich unnatürlich langsam eintauchte, kalt und schneidend. Instinktiv presste ich die Hand auf meine Armschiene, damit sie ja bloß nicht das kleinste Stück verrutschte. Doch meine Vorsicht erwies sich als überflüssig, weil die Symbole nicht einmal ansatzweise auf die Berührung des Meeres reagierten. Auch der Schmerz der spitzen Messerklinge wiederholte sich nicht. Dafür umspülte mich die grüne Flut mit einer beängstigenden Kraft, sodass ich froh war, von meiner Aura wie von einem schützenden Kokon umgeben zu sein. Mir kam der Gedanke, dass ich jetzt besser keinen Fehler begehen sollte, denn im Gegensatz zum Weißen Licht würde das Meer beim Auslöschen meiner Existenz sofort zuschlagen. Um das zu begreifen, brauchte ich nicht meinen Instinkt zu bemühen.
    Mit einer Rolle abwärts verabschiedete ich mich von dem lockenden Funkeln der Wasseroberfläche und tauchte der schwachen Flamme am Abgrund entgegen. Dabei brauchte
ich mich nicht sonderlich anzustrengen, denn ein unwiderstehlicher Sog zog mich hinab. So kam ich der Flamme unaufhaltsam entgegen, wobei ich den Gedanken verdrängte, wie schwierig anschließend wohl der Wiederaufstieg sein mochte. Mittlerweile erkannte ich zweifelsfrei, dass es Kastor war, den das pulsierende Rot umgab.
    Kastors Aura brannte lichterloh, doch er selbst wirkte so leblos wie das Wasser um ihn herum. Den Kopf in den Nacken gelegt, war er mit schmerzverzerrtem Gesicht mitten im Versuch, sich der Oberfläche entgegenzustrecken, erstarrt. Unter dem rechten Arm hielt er einen in Bandagen geschlungenen Leib, der entfernt an eine Mumie erinnerte. Das mussten die Überbleibsel des Schattens sein.
    Ich wartete auf eine Reaktion in mir, doch die Überreste der Schattenschwinge, die beinahe die Sphäre ihrem Willen unterworfen hätte, lösten nichts bei mir aus. Damit hatte ich nicht gerechnet, nur blieb jetzt kaum die Zeit, darüber nachzugrübeln. Etwas anderes nahm meine Aufmerksamkeit gefangen: Mit der linken Hand hielt Kastor nämlich etwas, das auf Anhieb kaum zu erkennen war, weil es eins zu eins mit der Farbe des Wassers harmonierte. Wenn ich raten musste, hätte ich auf eine mit Algen und Muscheln besetzte, etwa menschengroße Figur getippt. Es sah ganz danach aus, als sei diese Figur zu schwer, als hätte sie Kastors Aufstieg verlangsamt, bis er erstarrt war – wie der Rest dieses unheimlichen Meeres. Für einen Moment kam es mir so vor, als legte sich eine kalte Hand um meinen Nacken, dann war der Eindruck auch schon wieder verflogen.
    Der Widerstand des Wassers nahm mit jedem Millimeter, mit dem ich mich Kastors ausgestreckter Hand näherte, mehr zu. Es war wie in einem Traum, in dem man sich noch so sehr anstrengen kann, ohne jedoch von der Stelle zu kommen. Der Druck um mich verstärkte sich, bis es in meinen
Schläfen pochte. Mein Herz schlug gegen den Brustkorb, als sei er ihm mit einem Mal zu eng geworden, und ich dankte dem Schicksal dafür, dass ich längere Zeit ohne Sauerstoff auskommen konnte, denn in meine kollabierenden Lungen hätte ich kaum auch nur einen einzigen Luftzug hineinbekommen. Ohne mein Zutun wollten meine Schwingen hervorbrechen, doch sie wurden von einem schneidenden Schmerz gestoppt: Es fühlte sich an, als würden sie gefrieren, sobald sie sich öffneten. Verzweifelt kämpfte ich gegen die unsichtbare Mauer an, die mich von Kastor trennte. Das Strahlen meiner Aura stieß auf eine Glasschicht, die einfach nicht einschmelzen wollte.
    Unschlüssig, was zu tun sei, verharrte ich, obgleich das Wasser um mich herum zunehmend erstarrte. Wenn mir nicht ganz schnell etwas einfiel, würde es mir genau wie Kastor ergehen.
    Was hatte ich beim Iaido gelernt?
    Konzentration. Darauf kam es jetzt an.
    Als hätte ich alle Zeit der Welt, legte ich die Hände um den Griff meines Katanas, während der Sog des erstarrenden Wassers mich um die Glocke, in der Kastor sich samt seiner Beute befand, herumleitete. Doch davon ließ ich mich nicht ablenken. Meine Gedanken waren beim morgendlichen Strand, meine Füße fanden die richtige Position und das Schwert in meinen Händen versprach mir, für mich zu singen. Ich war schon fast an Kastor vorbei und mein Sinken nahm deutlich an Fahrt auf, als ich jene gebündelte Kraft in mir wiederfand, die ich unter Asamis Anleitung erschaffen hatte. Ich griff nach ihr und als ich das Katana zog, war es für einen Herzschlag

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