Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe - Heitmann, T: Schattenschwingen - Die dunkle Seite der Liebe
einer atemberaubenden Schnelligkeit.
Es war der Kopf der Schlange, mit einer vollkommen glatten Oberfläche, der nur wenig Ähnlichkeit mit den irdischen Vertretern ihrer Spezies aufwies. Dieser Schlangenkopf hatte eher etwas von einer Waffe. Lediglich der sich teilende Spalt erinnerte an ein aufschnappendes Maul. In diesem Fall ein Maul von der Größe eines Kraters, in den man stürzen konnte, ohne irgendwo anzustoßen.
Unter Qualen versuchte ich die Energie, die mich aufzufressen drohte, unter Kontrolle zu bekommen, doch es gelang mir nicht. Ich spürte, wie jemand über meine Aura Kontakt zu mir aufzunehmen versuchte, was ich jedoch kaum ertrug. Blind schlug ich zur Seite, in der Hoffnung, Kastor zu treffen, damit er endlich von mir abließ. Ich bekam auch etwas zu fassen, aber es fühlte sich weder nach Mensch noch nach Stein an, sondern nach dem Griff eines Schwertes.
Wie eine Feuerschneise drang Asamis Stimme zu mir durch: Nimm!
Meine Hände legten sich um den Griff, mit dem ich die Klinge sogleich in weitem Bogen aus der Scheide riss. Doch die Energie in meinem Körper war noch schneller: Sie drang in das Schwert und ließ es aufglühen wie frisch geschmiedeten Stahl.
Dann fand die Klinge ihr Ziel.
Ein weißer Blitz blendete mich, der Gegenprall drohte die Knochen in meinen Armen zu pulverisieren. Aber das bekam ich kaum noch mit, denn mit der Energie verließen auch die letzten Reste meiner Kraft meinen Körper und ich glitt in das schwarz-weiße Reich der Träume.
10
Gezeichnet
Mila
Es begann wie aus Eimern zu regnen, gerade als Shirin den Dachboden zu ihrem Quartier für die nächsten Tage auserkoren hatte.
Noch immer zeichnete sich auf ihrer hohen Stirn eine Zornesfalte ab, denn Ranuken hatte ziemlich zudringlich werden müssen, um sie aus ihrer Starre zu befreien. Wie erwartet, war ihm seine Anstrengung keineswegs mit Dankbarkeit entlohnt worden. Stattdessen hatte Shirin ihm ein paar Beschimpfungen an den Kopf geschmissen, die ich zu meiner Erleichterung nicht verstand. Denn obwohl der Sprachzauber bei Shirin hervorragend funktionierte, schimpfte sie lieber in einer fremden Sprache. Ranuken verstand diese harten Laute auch nicht, wie er mir später gestand. Aber das änderte nichts daran, dass er angesichts der übel klingenden Verwünschungen hinter mir in Deckung gegangen war.
Eine aufgebrachte Shirin war beeindruckend, das musste ich schon zugeben. Vor allem, weil sie nicht laut wurde. Das hatte sie nicht nötig, man fühlte sich auch so klein mit Hut. Umso mehr Respekt empfand ich für Sam, der ihr ja bereits ein ums andere Mal die Stirn geboten hatte. Aber wie immer in der letzten Zeit war er gerade dann nicht da, wenn man ihn brauchte.
Sobald die Wogen wieder einigermaßen geglättet waren,
hatte Ranuken sich abgesetzt, und ich war mit Shirin durchs Haus gestreift. Dabei war es mir nicht gelungen herauszufinden, wie sie eigentlich zu ihrem Spontanbesuch in der Menschenwelt stand. Ehrlich gesagt, traute ich mich nicht richtig nachzufragen. Irgendwie fühlte es sich besser an, ihr die Federführung zu überlassen. Schließlich war Shirin eine erfahrene, überlegene Frau … oder viel mehr Schattenschwinge. Als sie sich auf unserem vollgerümpelten Dachboden mit einem Nicken umsah, kamen mir allerdings Zweifel, ob sie tatsächlich den Durchblick hatte.
»Nicht unbedingt das ideale Gästezimmer«, gab ich Shirin zu bedenken. »Ich kann schon verstehen, dass das große Dachfenster es dir angetan hat, weil es ausschließlich den Himmel zeigt. Aber willst du deine Zeit wirklich zwischen staubigem Kram verbringen? Klar, die Vergangenheit der Levander-Familie ist der Hit, besonders Rufus’ alte Fußballstollen. Igitt, warum werden die Dinger eigentlich hier gelagert? Vermutlich, weil der Geruch sämtliches Ungeziefer fernhält. Ob das allerdings umweltfreundlich ist, bezweifle ich.«
Während ich vor lauter Aufregung herumplapperte, betrachtete Shirin ein paar aufgestapelte Kisten, gegen die leere Bilderrahmen gelehnt standen. Ja, eindeutig interessanter als mein Gerede.
»Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, Mila. Wenn es dir nichts ausmacht, werde ich mich meistens im Garten aufhalten, solange ich bei dir im Asyl bin. Durch die Senke, in der er liegt, dürfte er von außen schwer einsehbar sein, sodass ich ab und an meine Schwingen öffnen kann. Den Dachboden habe ich nur ausgesucht, weil ich dir einen Gefallen schuldig bin. Du wolltest mich doch zeichnen. Und bei dem Regen, der seit
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