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Schattenseelen Roman

Schattenseelen Roman

Titel: Schattenseelen Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olga Krouk
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verschwanden aus seinen Erinnerungen. Noch ein paar Minuten, höchstens eine halbe Stunde, und die Vision würde endgültig ausradiert sein. Das bedeutete: Er musste sich beeilen. Krampfhaft suchte er nach Details, an die er sich noch entsann. Ein erschrockenes Gesicht, eine Frau, die grob überrumpelt und zur Seite gestoßen wird … Die Ärztin, die er vorhin gesehen hatte! Da stand sie noch, nervös am Daumen kauend. Er richtete sich auf, zog seine Jeansjacke zurecht und ging auf sie zu.
    »Verzeihung?«
    Sie blickte zu ihm auf, und er nutzte die Gelegenheit, ihre Iris zu prüfen. Bingo! Da war er, der Fehler, den die Kreatur sich geleistet hatte. Hoffentlich einer, der auch was nützen würde.
    »Verzeihung«, wiederholte Kilian und lächelte die Frau an, auch wenn er dazu nicht die geringste Lust verspürte. In diesen Momenten beneidete er umso mehr Akash, der sich nie verstellen musste. »Haben Sie gesehen, was passiert ist?«
    Die Ärztin nickte, ihre Haltung entspannte sich allerdings kein bisschen. Eine falsche Geste, ein falsches
Wort - und sie würde fliehen wie ein aufgescheuchter Hase.
    Kilian zeigte ihr seinen Ausweis. »Kommissar Ney. Wie heißen Sie?«
    Das Dokument schien sie etwas zu beruhigen.
    »Angelika Rehn«, kam flüsternd zurück. Ihr Blick huschte vom Fenster zu den beiden Polizisten, dann wieder zu Kilian.
    »Erzählen Sie mir, was vorgefallen ist«, bat er.
    Sie zuckte mit den Schultern und begann wieder an ihrem Daumen zu nagen, der bereits blutete. »Sie werden mir doch sowieso nicht glauben.«
    Kilian verdrehte die Augen. Wie oft hatte er das schon hören müssen! Er setzte zu einem neuen Versuch an: »Können wir uns irgendwo in Ruhe unterhalten?«
    Er wartete, bis sie sich gesammelt und ihn zu einem Aufenthaltsraum geführt hatte. Dort saßen zwei Schwestern, die Kilian aufforderte, sie für ein paar Minuten allein zu lassen. Die Ärztin ließ sich in einem Sessel nieder und faltete die Hände im Schoß. Ihr Mund verzog sich zu einer scharfen Linie.
    So wird das nichts.
    Kilian zog einen Stuhl heran und setzte sich rittlings der Ärztin gegenüber, die Arme auf der Lehne verschränkt. Die Frau mied seinen Blick.
    Eine Weile schwiegen sie um die Wette, dann spielte er seinen Trumpf aus: »Man sieht nicht jeden Tag, wie jemand aus dem achten Stock springt und dann
verschwindet, nicht wahr?« Er hatte geraten, denn die Vision brach auf dem Fenstersims ab. Typisch. Gerade wenn es spannend wurde. Er hätte gern erfahren, wie lange das entführte Mädchen danach noch gelebt hatte.
    Die Frau warf den Kopf hoch. In ihren Augen spiegelte sich Dankbarkeit wider, vermischt mit einem Anflug von Ungläubigkeit. »Ich … ich dachte, ich wäre verrückt geworden. Viele haben es gesehen, aber alle streiten es ab! Doktor Lühne behauptet sogar, Schwester Evelyn wäre schon längst nach Hause gegangen!«
    Schwester Evelyn. Jetzt besaß die Kleine mit dem zerzausten Haar und den traurigen Rehaugen immerhin schon mal einen Namen. Einen, der vermutlich bald in ihren Grabstein eingemeißelt würde.
    Die Frau plapperte weiter. Kilian machte eine beschwichtigende Geste. »Nicht so schnell. Bitte alles der Reihe nach.«
    Sie schaltete einen Gang herunter. »Viel habe ich nicht gesehen. Sie kamen aus dem Treppenhaus gestürzt. Schwester Evelyn rief mir zu, ich solle die Polizei alarmieren, was ich auch tat … Den Rest scheinen Sie zu kennen.«
    »Können Sie mir den Mann beschreiben?«, fragte er, als die Ärztin sich erneut in Schweigen hüllte. Seine Vision hatte er aus den Augen des Angreifers erlebt. Obwohl die Beschreibung allein ihm nichts bringen würde, wollte er das Gespräch am Laufen halten.
Vielleicht kämen so ein paar Details an die Oberfläche.
    »Es ging alles so unglaublich schnell, ich habe kaum etwas von ihm gesehen. Er war groß und recht gut gebaut.« Sie lachte nervös. »Dunkles Haar … Mehr kann ich nicht sagen.«
    Kilian fluchte. Der einzige Mensch, der sich an den Vorfall erinnern konnte, hatte zu wenig gesehen, um bei der Hatz behilflich zu sein. Er stand auf.
    »Fällt Ihnen vielleicht noch etwas ein? Egal, wie unwichtig es Ihnen vorkommen mag.« Kilian ertappte sich dabei, wie er sie stumm anflehte. Er durfte die Kreatur nicht entkommen lassen!
    »Schwester Evelyn hat ihn gekratzt. Und geschlagen.«
    Kilian horchte auf, noch argwöhnisch dem Glücksfunken gegenüber. »Hat er geblutet?«
    »Ich weiß nicht. Aber wenn, dann nicht wirklich schlimm.«
    »Und dann? Was geschah,

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