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Schattenspäher

Schattenspäher

Titel: Schattenspäher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthew Sturges
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zurückbleiben mussten. Nicht das Ende der Welt, aber nah dran.
    Die Straßen in Kollws Vymynal waren verschlungen, führten allzu oft wieder zurück zu ihrem Ausgangspunkt, und die winzig kleine altertümliche Beschriftung der Schilder war kaum zu entziffern. Die Bewohner des Viertels hatten sich entweder in ihren Häusern verschanzt, die Vorhänge geschlossen und die Jalousien heruntergelassen, oder sich den verzweifelten Flüchtlingsströmen angeschlossen. Die meisten von ihnen flohen Richtung Südwesttor, wodurch Paet gezwungen war, sich durch das Gedränge zu kämpfen. Viele der Städter würden um eine Passage in eine andere Welt betteln oder darauf hoffen, in einem der Dörfer in den Ebenen Annwns untertauchen zu können.
    Die Uhr am nahegelegenen chthonischen Tempel schlug drei, und Paet fluchte. Das dauerte alles viel zu lange.
    Am Ende einer Sackgasse fand Paet endlich den Ort, nach dem er gesucht hatte: ein vierstöckiges Wohnhaus, in dem es nach Bratfett, Paprika und Moder stank. Es war die Adresse, die Jenien in ihr Logbuch geschrieben hatte, bevor sie am Morgen die Botschaft verließ - das war lange vor dem Zeitpunkt gewesen, an dem die Nachricht von Mabs Invasion die Stadt erreichte. Nur die Adresse und einen Namen: Prae Benesile. Jenien hatte ihm lediglich mitgeteilt, dass sie eine »interessante Person« aufsuchen wolle, was so ziemlich alles bedeuten konnte. Bei Einbruch der Nacht, während die Rettungsmaßnahmen in Blut von Arawn auf Hochtouren liefen, war sie immer noch nicht zurück gewesen. Paet hatte auf sie gewartet, bis es fast zu spät war, und sich dann aufgemacht, sie zu suchen.
    »Wir können das Portal für Euch nicht ewig offen halten«, hatte ihn Botschafter Traet besorgt wissen lassen. Traet war die Unverbindlichkeit und Unschlüssigkeit in Person; das Amt war ihm nie mehr als ein bequemes Ruhekissen und von jeher Gegenstand des allgemeinen Spotts gewesen. Ja, in glücklicheren Zeiten galt ganz Annwn als Hort der Ruhe und Behaglichkeit. Doch jetzt war Traet mit der Situation heillos überfordert, hatte jedoch immerhin genug Verstand, um dies einzusehen. »Wenn Ihr nicht vor Sonnenaufgang zurück seid«, hatte der Botschafter gesagt, während er hektisch eine Reisetasche mit Dokumenten vollgepackt hatte, »dann seid Ihr auf Euch allein gestellt.«
    Paet atmete zehn Mal tief ein und aus. Dann verlangsamte er den Schlag seines Herzens und vertrieb die letzte stechende Hitze aus seinem Blut. Die körperlichen Symptome der Furcht konnten einfach unter Kontrolle gebracht werden, aber für die angsterfüllten Gedanken gab es keine Abhilfe. Allein Taten vermochten sie für eine Weile zu vertreiben.
    Am Ende der Straße zertrümmerte jemand die Schaufenster einer Bäckerei und stahl unter den erschreckten Ausrufen der Umstehenden einen Korb mit Brot.
    Paet betrat das Wohnhaus und huschte die Stufen hinauf. Kein Fae oder Annwni hätte ihn dabei hören können, doch die waren seine geringste Sorge. Diejenigen, die er am meisten fürchtete, waren weder das eine noch das andere, und sie hatten ausgezeichnete Ohren. Unter anderem.
    Der Hausflur war erfüllt von Körperausdünstungen und Essensgerüchen. Als er den dritten Stock erreichte, schlich er vorsichtig vom Treppenabsatz in den engen Flur. Der war leer. Einige der Türen standen offen; ihre Bewohner sahen offensichtlich keinen Sinn darin, sie hinter sich abzuschließen. Viele der älteren, ärmeren Bewohner Annwns hatten vor zwanzig Jahren im Sechswochenkrieg gegen Mabs Armee gekämpft und scheinbar auf alle Zeiten genug von den Unseelie.
    Die Wohnung, die Paet suchte, lag am Ende des Gangs. Auch ihre Tür stand offen, wiewohl in ihr noch Licht brannte. Paet zog ein langes Messer mit Sägeklinge unter seinem Umhang hervor und prüfte, einer alten Gewohnheit folgend, die Klinge mit seinem Daumen. Dann drückte er sacht die Tür auf, wartete, lauschte. Seine hart erkämpfte Besonnenheit rang im Geiste mit seiner Ungeduld. Wenn es jemals an der Zeit gewesen war, ein Risiko einzugehen, dann jetzt. Leise fluchend betrat er die Wohnung.
    Das Apartment war klein, lediglich ein einziger Raum, der durch ein einsames Hexenlicht erhellt wurde, das in einem Wandleuchter brannte. Der giftgrüne Schein warf harte Schatten auf das Mobiliar, zauberte eingebildete Gegner in jede Ecke. Unter dem Wachspapierfenster stand eine schäbige Pritsche. Ein angeschlagener Nachttopf in der Ecke. Überall lagen Bücher, Papierfetzen und Schriftrollen auf dem Boden,

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