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Schattenspieler (German Edition)

Schattenspieler (German Edition)

Titel: Schattenspieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Michael Römling
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versprochen. Mehr
hatte er nicht verraten wollen.
    Als Leo mit Friedrich am Frühstückstisch saß, kreiste das
Gespräch schon bald wieder um Sommerbier und die Wolowski-
Sammlung. Beide hofften, über Wilhelm endlich an weitere
Informationen zu gelangen und so mehr über das Ziel
von Sommerbiers nächtlicher Fahrt herauszufinden.
    »Wir müssen ihn überreden, dass er uns diese Akte zeigt«,
sagte Friedrich.
    »Die hat er aber nicht dabei«, mutmaßte Leo. »Wenn ich ihn
richtig verstanden habe, liegen die Unterlagen in Münster.«
    »Münster«, murmelte Friedrich nachdenklich. »Schon wieder
so ein Zufall. Sommerbier stammt aus Münster. Wilhelm
ist in Münster einquartiert. Am liebsten würde ich mich dort
mal umschauen.«
    »Aber er hat doch gesagt, dass Sommerbier seit fünfzehn
Jahren nicht mehr dort war«, gab Leo zu bedenken.
    »Na, wenn schon«, sagte Friedrich. »Zu wem würdest du
denn gehen, wenn du nicht wüsstest, wem du noch trauen
kannst? Doch wohl am ehesten zu deiner Familie!«
    »Ich weiß nicht«, wandte Leo ein. »Wahrscheinlich sitzt er
in irgendeiner Berghütte in Bayern zwischen den erbeuteten
Bildern und wartet, dass Gras über die Geschichten wächst.«
    »Und wovon will er da leben?«
    »Was weiß ich«, sagte Leo. »Was macht man denn auf so
einer Hütte? Kühe melken und Heu ernten.«
    Friedrich runzelte die Stirn. »Das passt irgendwie nicht zu
ihm. So einer wie der dreht doch keine Däumchen. Das kann
der gar nicht. Sommerbier macht schon wieder Geschäfte,
verlass dich drauf. Wie hieß noch mal diese Möbelfabrik?«
    »Best«, sagte Leo und stockte.
    Bereits am Vorabend, als Wilhelm die Fabrik erwähnt hatte,
war ihm ein Gedanke gekommen, den er nicht zu Ende hatte
denken können, weil Wilhelm so schnell darüber hinweggegangen
war. Aber jetzt fiel ihm auf einmal wieder ein, warum
ihm der Name so bekannt vorgekommen war. Es waren keine
schönen Erinnerungen. Nein, diese Erinnerungen waren so
schlimm, dass die ganze Beschwingtheit, mit der der Tag begonnen
hatte, mit einem Mal von Leo abfiel.
    »Best«, sagte Friedrich mehr zu sich selbst. »Das müsste doch
rauszukriegen sein, wo diese Firma ist oder war. Das kann doch
nicht so schwer sein!«
    »Die Mühe können wir uns sparen«, hörte Leo sich leise
sagen.
    »Und warum?«
    »Weil ich weiß, wo die Fabrik ist«, sagte Leo noch leiser.
    Friedrich starrte ihn an, und Leo spürte, wie sich alles an
ihm verkrampfte.
    »Als ich mit meinen Eltern im Keller von Bambergers Pianofabrik
lebte, sind wir manchmal mit gefälschten Papieren in
die Stadt gegangen. Wir mussten das einfach machen, damit
wir nicht verrückt wurden. Wir haben uns dann immer eingeredet,
dass alles nur halb so schlimm ist, solange wir noch bei
Kranzler am Kurfürstendamm Kuchen essen können. Und
trotzdem wussten wir, dass das keine Freiheit war, im Café zu
sitzen und so zu tun, als amüsierte man sich, während man
doch in Wirklichkeit nur die ganze Zeit nach Spitzeln mit und
ohne Uniform schielte. Das war das Gegenteil von Freiheit.«
    Leo schluckte. Die Uhr auf dem Bücherbord im Esszimmer
tickte plötzlich sehr laut.
    »Einmal, als wir gerade von einem unserer Ausflüge zurückkamen,
stand ein Trupp SA-Leute genau vor dem Eingang zu
Bambergers Fabrik herum. Wir wollten kein Risiko eingehen.
Die Firma hatte noch einen Hintereingang über eine Parallelstraße,
den haben wir dann genommen. Schräg gegenüber
lag die Möbelfabrik Best. Gestern ist mir das zuerst nicht eingefallen.
Aber jetzt erinnere ich mich wieder genau an den
Schriftzug über der Einfahrt.«
    Friedrich sah ihn betroffen an und sagte lange nichts.
    »Ich habe in den letzten Wochen oft überlegt, ob ich mich
bei Bamberger noch einmal umsehen soll. Und ich habe es
dann immer wieder verschoben.«
    Friedrich nickte langsam.
    »Lass uns gleich hingehen«, sagte Leo schließlich. »Es klingt
so verrückt, aber vielleicht ist ausgerechnet dieser verfluchte
Sommerbier der beste Grund, in diese Straße zurückzukehren.
Weil ich dann das Gefühl habe, dass dort auch etwas weitergeht
und nicht nur endet.«
    Leo stand entschlossen auf und stellte die Teller zusammen.
    »Machen wir uns auf den Weg«, sagte er nur.
    Zwei Stunden später standen sie vor dem verschlossenen
Hintereingang von Bamberger & Sohn. Die große Halle hatte
ein paar Bombentreffer abbekommen. Auf dem Hof herrschte
gähnende Leere. Ein paar Abfälle und leere Flaschen lagen
herum, als hätte hier jemand ein paar Tage lang kampiert.
    Neben der

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