Schattenspieler (German Edition)
Überbringerin eines Hauptgewinns und er der glückliche
Gewinner. Ihr Deutsch war fast perfekt.
»Da sind Sie ja endlich! Major Parks wird in zehn Minuten
hier sein!«, rief sie.
»Danke, Mrs Black! Wir warten im Besprechungszimmer.«
Sie gingen in den großen Raum mit der Stuckdecke, in dem
sie Kugler und Hunt zum ersten Mal getroffen hatten. Leo
kam es vor, als seien inzwischen mindestens vier Wochen ins
Land gegangen.
Auf dem Tisch lagen Zeichnungen, einige ausgebreitet, andere
zusammengefaltet. Parzellen waren zu sehen, Grundrisse
und Maßangaben. Bauzeichnungen oder Katasterpläne oder
so was, dachte Leo. Er blickte auf den obersten der Pläne. Und
dann stutzte er: »Möbelfabrik Best« verriet die Beschriftung.
Sofort erkannte er den Grundriss wieder.
Friedrich hatte es im gleichen Augenblick entdeckt wie er.
»Jetzt schau sich einer das an!«, sagte er.
Wilhelm trat neben sie. »Was machen denn die Pläne hier?«,
fragte er. Dann sah auch er die Beschriftung. Seine Hand
krampfte sich so fest an die Stuhllehne, dass die Knöchel weiß
hervortraten.
Leo zeigte auf einen zickzackförmigen Grundriss. »Da ist ja
auch der Stollen eingezeichnet«, sagte er.
Sie betrachteten den Plan eine Weile schweigend. Der Stollen
war tatsächlich da. Aber nichts verriet, dass sich dort etwas
verbarg, was ihnen bei ihrem Besuch vor Ort entgangen war.
Dafür waren auf dem Hof zwischen den beiden Werkshallen
zwei Reihen von kleinen Kreuzen eingetragen.
»Was sind denn das für Kreuze hier?«, fragte Leo.
»Vielleicht ist der Stollen nicht das Versteck!«, rief Friedrich,
warf einen schnellen Blick in Richtung Tür und sprach
leiser weiter: »Sommerbier hat die Kisten im Hof vergraben!«
»Aber wir haben uns das ganze Gelände doch genau angesehen«,
wandte Leo ein. Da hätte man doch zumindest frisch
festgestampfte Erde sehen müssen. Aber da war nichts außer
den Bombentrichtern.«
Wilhelm schob die Zeichnung nachdenklich beiseite, sodass
der darunter liegende Plan zum Vorschein kam. Wieder
eine Industrieanlage. DRAHTWERKE GLÖCKNER stand
darüber. Und auch hier waren an drei Stellen kleine Kreuze
eingetragen. Die Beschriftung der Straßen verriet, dass diese
Firma nicht weit von der Möbelfabrik Best entfernt lag.
»Das sind lauter Einzelpläne von Unternehmen in Charlottenburg«, stellte Friedrich nach einem schnellen Blick auf ein
paar andere Pläne fest. »Was in aller Welt hat das zu bedeuten?«
»Ich frage mich eher, warum die hier einfach so herumliegen«, murmelte Wilhelm.
Stimmen im Vorzimmer unterbrachen sie, die Sekretärin
und ein lauter Bariton, wahrscheinlich Parks, sprachen miteinander.
Einen Augenblick später ging die Tür auf und der
Major füllte den Rahmen mit seiner behäbigen Gestalt.
»Na, so eine Überraschung!«, rief er ihnen fröhlich entgegen.
»Die heilige Familie zurück aus Ägypten! Ich hörte, dass
Sie Sehnsucht nach mir hatten?«
Parks schüttelte allen die Hände.
»Sehnsucht ist gar kein Ausdruck«, sagte Wilhelm. »Ich
habe mir die Finger wund telefoniert. Aber Sie waren einfach
nicht zu kriegen.«
»Sie hätten mir eine Nachricht hinterlassen können.«
»Nein«, sagte Wilhelm. »Das muss ich Ihnen persönlich
sagen.«
Parks zog eine Augenbraue hoch.
»Es geht um Stefan Kugler, den Dolmetscher von Leutnant
Hunt«, sagte Wilhelm. »Wir nehmen an, dass es sich bei ihm
in Wahrheit um Albrecht Sommerbier handelt.«
»Sommerbier«, sagte Parks langsam und legte die Stirn in
Falten. »Helfen Sie mir auf die Sprünge!«
»Albrecht Sommerbier. Sonderkommando Künsberg und
dann ERR. Wir suchen nach ihm.«
Parks kratzte sich am Kopf, dann hellte sich sein Gesicht
langsam auf. »Das war doch der, der für Koch die Evakuierung
der Archive aus Königsberg organisiert hat, oder?«
»Genau der.«
»Und der soll sich als Dolmetscher bei uns eingeschmuggelt
haben?«
»Danach sieht es leider aus.«
»Und wie sind Sie ihm auf die Schliche gekommen, wenn
ich fragen darf?«
»Leo und Friedrich sind auf ein Foto des echten Sommerbier
gestoßen«, sagte Wilhelm. »Sie haben ihn sofort erkannt.«
Parks verzog das Gesicht, ohne dass sich erkennen ließ, ob
er das aus Missbehagen über Sommerbiers dreisten Coup tat
oder weil er an der Glaubwürdigkeit der Geschichte zweifelte.
»Wo haben Sie denn dieses Foto?«, fragte er.
»Wir haben es nicht. Es hängt noch in der Wohnung von
Sommerbiers Bruder in Münster.«
»Na, da hängt es ja gut«, sagte Parks trocken, zog sich einen
Stuhl
Weitere Kostenlose Bücher