Schattentänzer
auf, es blieb jedoch kalt, sodass ich immer noch zitterte, mit den Zähnen klapperte und die Götter anflehte, sie möchten doch die Wolken vertreiben. Vor mir trottete Glo-Glo. Er hustete ständig, krächzte und fluchte leise vor sich hin. Die Orks schien das zu belustigen.
»He, Garrett!«, rief Mys.
»Ja?«, erwiderte ich, ohne mich umzudrehen. Ich hatte schließlich nicht die Absicht, die Aufmerksamkeit der Orks auf mich zu lenken.
»Bist du ein Dieb? Weil du vorhin Sagoth erwähnst hast, meine ich.«
»Treffer«, sagte ich.
»Was hat dich hergebracht?«
»Ruhe, Meerkatzen!«, brüllte Fagred. »Wenn wir rasten, dürft ihr plaudern!«
Da ich mich bereits davon hatte überzeugen können, dass Fagred nie scherzte und auch nicht Olags Gleichmut besaß, schwieg ich fortan.
Bagard führte uns nach Süden, tief nach Sagraba hinein. Es war zwar nicht gerade ein Spaziergang, aber wir durchquerten den Wald auch nicht im Laufschritt. Selbst Glo-Glo mit seinen kurzen Beinen konnte mit der Geschwindigkeit mithalten, die die Orks vorgaben. Zudem liefen unentwegt Späher voraus, welche die Gegend nach etwaigen Unannehmlichkeiten wie elfischen Bogenschützen oder einem schlummernden H’san’kor absuchten.
Irgendwann stürmte Shokren an uns vorbei nach vorn, zur Spitze des Zuges. Auf der Schulter des Schamanen hatte sich ein kräftiger Rabe niedergelassen. Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf meine Tasche. Sobald Shokren zu Bagard aufschloss, zeigte er auf mich und redete rasch auf den Ork ein. Bagard nickte ernst und blieb stehen, um mich abzupassen.
»Mein Bruder hat gesagt, du bräuchtest eine Jacke«, sagte er mir.
»Dafür wäre ich sehr dankbar«, brachte ich zögernd heraus.
»Ich kann auf die Dankbarkeit einer Meerkatze verzichten«, entgegnete Bagard jedoch scharf. »Du bist ein niederes Wesen, aber das wirst du nie einsehen. Fagred, skell drago s’i llost. Fagred, gib ihm deine Jacke! «
Weiß das Dunkel, was Bagard da bellte, aber Fagred, der hinter uns ging, brüllte daraufhin unzufrieden: »Persa? Schedo t’na ghonu! Wozu? Der verreckt doch sowieso! «
»Vorher braucht ihn Hand aber noch. Da willst du ja wohl nicht, dass die Meerkatze unterwegs erfriert?«
Daraufhin reichte mir Fagred seine pelzgefütterte Lederjacke mit Kapuze. Wie viele Überraschungen dieser Tag bereithielt! Die Jacke war mir natürlich zu groß, aber darüber verlor ich kein Wort. Sofort wurde mir wärmer. In den gelben Augen Fagreds indes las ich wenig Freude.
Dreimal rasteten wir, einmal bekamen wir sogar etwas zu essen. Bis zum Abend legten wir zahlreiche Yard zurück, und als Bagard befahl, das Nachtlager aufzuschlagen, ließ ich mich kurzerhand zu Boden sacken.
»Kümmer dich erst mal um dein Bett, Falter!« Fagred trat mich heftig in die Seite. »Dann kannst du schlafen.«
Also galt es, zunächst abgefallenes Laub zu einem Haufen zusammenzufegen. Anschließend erhielten Mys und ich den Auftrag, Tannenzweige abzubrechen. Und erst danach ließen uns die Orks in Ruhe. Shokren kam zu uns, fuchtelte mit den Armen herum und zog wieder ab.
»Was sollte das denn?«
»Das ist eine kleine Vorsichtsmaßnahme«, erklärte mir Glo-Glo. »Sobald du über die Grenze dieses Kreises trittst, erhebt sich Lärm. Dann hast du sämtliche Orks aus dem Lager auf dem Hals.«
»Nur sehe ich gar keinen Kreis.«
»Für wie dumm hältst du den Ork eigentlich?!«, rief Glo-Glo verwundert. »Natürlich sollst du den Kreis nicht sehen, das ist ja der Witz an der Sache.«
Sobald es dämmerte, entfachten die Orks das Lagerfeuer. Sie schienen uns völlig vergessen zu haben. Aber warum sollten sie auch an uns denken – da Shokrens Schamanenzauber uns doch sicher verwahrte. Sie bereiteten das Abendessen vor, und mir lief das Wasser im Mund zusammen. Und dann staunte ich nicht schlecht, als uns Olag und ein anderer Ork eine ordentliche Portion Fleisch und eine Flasche mit Wasser brachten. Wirklich ein Tag voller Überraschungen.
Beim Essen quetschte mich Glo-Glo wegen des Horns des Regenbogens aus, sodass ich dem sturköpfigen Kobold eine kurze und äußerst geglättete Version der Geschichte auftischen musste, mit der sich der alte Schamane zum Glück jedoch zufriedengab.
»Und wie hat es dich hierher verschlagen, Mys?«, fragte ich den Grenzreicher nach dem Essen.
»Das liegt an denen da.« Er nickte in Richtung der Ersten. »Du weißt, was ein weiter Streifzug ist?«
»In etwa, ja«, antwortete ich. »Eine Art Zeitvertreib bei den Wilden
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