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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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vier Tagesmärsche«, antwortete ich.
    »In diesem Fall mach dir keine Sorgen! Leb wohl, Mensch!«
    »Wann bist du am Tor von Hrad Spine?«
    »Gegen Mittag«, sagte der Phlini. Als er meinen erstaunten Blick auffing, grinste er erneut. »Wir haben eben auch unsere kleinen Geheimnisse. Sonst würden wir ja keine Neuigkeiten mehr verbreiten, sondern Altigkeiten. Und wer würde für die schon zahlen?«
    »Beeil dich, Phlini!«
    »Bring einem Fisch nicht das Schwimmen bei, Mensch! Das, was du mir gegeben hast, ist kostbar. Sobald ich deine Freunde gefunden habe, werde ich deshalb aus reiner Höflichkeit alle warnen, die einer solchen Warnung bedürfen. Vorwärts, Lozirel!«
    Bevor ich noch fragen konnte, wen der Phlini zu warnen beabsichtige, war der Libzick schon im nächtlichen Wald verschwunden, um seinen kleinen Reiter und meine große Hoffnung davonzutragen.
    »Wollen wir hoffen, dass der Phlini deine Freunde findet und sie es schaffen, uns zu befreien«, erklang da eine Stimme. Ich schrak zusammen und drehte mich um.
    Der alte Kobold sah mich belustigt an. Glo-Glo hatte alles mitangehört, was ich mit dem Phlini ausgehandelt hatte.
    Der Beruf eines Diebes bringt fraglos einen Vorteil mit sich: Wir können warten. Sei es nun auf dem Dach eines Hauses, in einem dunklen, staubigen Winkel oder bis zum Hals in der Scheiße steckend. Denn solange wir Geduld an den Tag legen, wird uns das Schicksal hold sein. Deshalb versuchte ich auch jetzt, mir den Phlini nach seinem Abflug aus dem Kopf zu schlagen – und in aller Gelassenheit der Dinge zu harren, die da kamen.
    Vier Tage zogen ins Land, ohne dass die Orks den Wunsch zeigten, aufzubrechen. Uns beachteten die Ersten nicht weiter. Nur Olag überzeugte sich hin und wieder, dass wir keinen Unfug ausheckten, und Fagred warf des Öfteren finstere Blicke in unsere Richtung. Unser Wissen über Orks speist sich ja aus Hirngespinsten und Legenden. Welcher der gelehrten Köpfe, die eine wissenschaftliche Abhandlung über diese Rasse verfasst hatten, war denn je einem Ersten begegnet? Die Folge von alldem war, dass auch ich die Orks (vor allem nach dem Kampf auf dem Kohlfeld und nach verschiedenen Träumen) samt und sonders für grausame, rohe und ungeschliffene Wesen hielt. Nun zeigte sich jedoch …
    Nun zeigte sich jedoch, dass sie den Elfen sehr ähnelten. Aber war das verwunderlich? Schließlich waren sie nahe Verwandte! Im Grunde bestand der einzige Unterschied zwischen ihnen darin, dass die Orks keine Fremden ertrugen und alle anderen Rassen für minderwertig hielten.
    Aus meinem Halbwissen heraus war ich zum Beispiel fest davon überzeugt gewesen, die Orks würden uns hungern lassen, täglich foltern und uns glühende Nadeln unter die Fingernägel jagen. Die Wahrheit sah jedoch anders aus. Niemand tat uns etwas zuleide (die Tritte von Fagred zählen nicht), das Essen ließ kaum etwas zu wünschen übrig und unterschied sich in nichts von dem der Orks. Nur Wein bekamen wir nach diesem ersten Abend nie wieder.
    Im Laufe der Tage besserte sich das Wetter. Der Wind trieb die Regenwolken gen Süden, Richtung Zwergengebirge, der Himmel nahm wieder ein herbstliches Blau an, das sich zu den gelben Blättern der Bäume so vorzüglich ausnahm. Obendrein wurde es noch wärmer. Vermutlich war es die letzte, vielleicht auch die vorletzte warme Woche in diesem Jahr.
    Selbst wenn Sagraba im Süden des Königreiches lag (ha! Das sehen unsere Adligen so. Die Elfen und Orks sahen die Sache allerdings etwas anders, für sie gehörte das Königreich der Wälder nämlich gar nicht zu Vagliostrien), würde bald auch hier das nördliche, frostige Wetter Einzug halten. Bislang aalte ich mich allerdings noch in der zarten Oktobersonne. Ich brütete über dem hundertsten Plan, wie ich das Horn zurückerobern und fliehen konnte. Natürlich wollte mir nichts Brauchbares einfallen. Alle Pläne sahen nämlich vor, dass ich mir einen Yatagan besorgte, sämtliche Orks zu Kleinholz verarbeitete und als Sieger und Held dastand. Jeden einzelnen dieser Pläne ließ ich ohne Umschweife und Bedauern fallen. Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten.
    Noch zweimal kam ein Rabe zu Shokren geflogen, aber wir erfuhren nicht, worum es ging. Glo-Glo saß den ganzen Tag unter seinem alten Umhang und antwortete giftig auf unsere Fragen oder flocht völlig belanglose Phrasen in die Gespräche ein, die Mys und ich führten.
    Die Hauptbeschäftigung des alten Schamanen bestand darin, rasch und kaum hörbar vor sich

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