Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
sechsten Terrasse heraus, den ich brauchte: bei den Heldengräbern nämlich. Lathressa würde es dagegen geschlagene zwei Tage kosten, auf ihrem Weg zu diesen Gräbern zu gelangen. Vielleicht konnte ich der Dienerin des Herrn dort sogar auflauern und ihr den Schlüssel abfingern. Mit neuem Mut sah ich den Gefahren entgegen, die mein Weg für mich bereithielt.
    Es dauerte nicht lange, da gelangte ich zu dem Saal mit den Riesen, deren Blick alles zu Asche verbrannte. Die Statuen standen einander gegenüber, beide hielten sie steinerne Hämmer in den sehnigen Pranken. Das Gesicht war von der glatten Oberfläche eines Vollhelms mit hohem Kamm und schmalem Sehschlitz bedeckt. Sie blickten zu Boden. Zwischen den Kolossen lag mitten im Saal ein Becken, Wasser machte ich jedoch nicht aus. Die Riesen verströmten den Hauch des Alters und eine verhohlene Bedrohung.
     
    Hinweg unter der Riesen Blick, der dich mit Feuer quäle,
    Zu den Großen, die nach dem Kampf hier finden Ruh.
     
    Ob ausgerechnet dieses Becken den Zugang zur sechsten Terrasse darstellte? Der Hinweis, diese beiden Giganten könnten mühelos jeden in Asche verwandeln, ließ mich zögern. Fieberhaft sann ich darüber nach, wie ich an den Riesen vorbeikäme, schließlich würde doch niemand einen Zugang bauen, der für jeden verschlossen blieb. Die Riesen mussten also vorübergehend die Augen schließen, damit ich das Becken erreichte. Aber wie brachte ich sie dazu? Es waren doch Statuen! Ob es da einen Mechanismus gab? Doch sosehr ich mich auch anstrengte, ich entdeckte nichts dergleichen. Die Statuen schienen monolithisch und reglos.
    Deshalb beschloss ich, mir ein Bild davon zu machen, was es mit dem Feuerblick auf sich hatte. Ich holte den kleinsten Smaragd aus meiner Leinentasche, das einzige Stück, bei dem ich es nachher nicht bedauern würde, mich von ihm getrennt zu haben. Dann legte ich den Stein auf den glatten Boden und stieß ihn mit dem Fuß mitten in den Saal. Er leuchtete zum Abschied noch einmal mit einem grünen Stern auf, rutschte über die Oberfläche, geriet ins Blickfeld der Riesen und löste sich in einer blendenden Explosion in Luft auf.
    »Hast du Töne!«
    Ich sollte mir wirklich genau überlegen, wie ich zur sechsten Terrasse herunterkäme.
    Noch einmal zog ich die Karten zu Hilfe und studierte insbesondere jene Skizzen, die mir bislang überflüssig erschienen waren. Aber das waren lauter unverständliche Darstellungen und Zeichen.
    Während ich vorsichtig auf das Becken zuhielt, lief ich Gefahr, für immer einen schielenden Blick davonzutragen und mir das Hirn zu verschmurgeln, denn ich untersuchte mit einem Auge die Köpfe der Statuen, hielt mit dem anderen nach einem Hinweis auf des Rätsels Lösung im Saal Ausschau und berechnete gleichzeitig, bis wohin ihr Feuerblick reichte. Irgendwann musste ich stehen bleiben, wollte ich nicht als Asche enden.
    Immerhin hatte ich mich den Riesen inzwischen so weit genähert, dass ich die Arbeit des Bildhauers besser beurteilen konnte. Teilweise war der Meißel doch recht grob über den Stein gefahren. Außerdem bemerkte ich nun endlich etwas, das mir das Schielen und sogar ein paar Hämorrhoiden wert gewesen wäre. Beide Riesen standen auf einem runden Sockel. Und ich würde um einen Gnomenzahn wetten, dass sich diese Sockel in Bewegung setzten (zusammen mit den Riesen, versteht sich!), wenn ich nur den richtigen Hebel umlegte. Nun machte der geschulte Blick des kundigen Mannes auch sogleich einen verborgenen Mechanismus aus. Der alte For wäre stolz auf mich gewesen! Jetzt galt es bloß noch herauszufinden, wie dieser Mechanismus arbeitete – und schon wäre der Weg frei!
    Abermals unterzog ich den Saal einer eingehenden Musterung. Vergeblich. Dann ließ ich den Blick über den Boden wandern, und da blieb er an den Zeichen des mir unbekannten Alphabets hängen, die die glatten bordeauxroten Fliesen zierten.
    Diese Zeichen hatte ich schon einmal gesehen. Wo nur? Aber ja! Gerade eben, in den Karten. Zwischen all diesen unverständlichen Zeichnungen hatte sich auch ein Blatt mit ähnlichen Symbolen versteckt. Wieder holte ich die in Drokr eingerollten Papiere aus meiner Tasche, entrollte und durchforstete sie.
    Da! Mein Gedächtnis hatte mir keinen Streich gespielt. Die Zeichen auf dem Papier entsprachen denen auf dem Boden. Ohne es zu wissen, hatte ich des Rätsels Lösung längst in Händen gehalten.
    Ich suchte das Symbol, das als Erstes auf dem Papier dargestellt war, und drückte, sobald

Weitere Kostenlose Bücher