Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
Vom Netzwerk:
ich es gefunden hatte, auf die entsprechende Platte. Anstandslos sank sie einen Zoll nach unten. Alles war so einfach, dass es geradezu phantasielos war (vor allem, wenn man ein Blatt vor sich hatte, das die Lösung enthielt). So drückte ich denn auf vierzehn der hier dargestellten gut siebzig Zeichen. Kaum war die letzte Fliese nach unten gesunken, da erhob sich im Saal ein leises Gepolter, als rumpelten unter dem Fußboden gewaltige Steinblöcke. Schließlich drehten mir die Riesen den Rücken zu, sodass ihr Feuerblick die Wand traf.
    Ich stieß einen derart triumphierenden Schrei aus, als hätte ich unter meinem Bett die Schätze der Stalkonen gefunden.
    Der Weg war frei, die fürchterlichen Riesen glotzten nicht mehr ins Becken, und ich schritt mit der Würde des stolzen Siegers, der mit seiner einmalig genialen Persönlichkeit höchst zufrieden ist, in Richtung Saalmitte.
    Kurz darauf polterte es abermals, die Sockel zitterten und drehten sich nach und nach wieder zurück. Der stolze und höchst zufriedene Sieger gab Fersengeld, um den Abstand, der ihn noch vom Becken trennte, zu überwinden, bevor ihm der Blick der Statuen erneut den Tod brächte. Dann sprang er in das schwarze Loch.
    »Beim Dunkel!«, schrie ich, als mir schwante, dass meine Füße so schnell keinen festen Boden unter sich spüren würden.
    Das war kein Becken – das war ein endloser Schlund! Die ersten zwanzig Yard sauste ich wie ein Stein in die Tiefe. Innerlich nahm ich bereits von meinem Leben Abschied. Doch dann verdichtete sich die Luft und bremste meinen Fall.
    Während ich dergestalt sanft zu Boden segelte, klaubte ich all meinen Verstand zusammen. Der riet mir sogleich, das Geschrei einzustellen und ein »Feuer« zu entfachen – was ich denn auch tat. Wie ich nun erkannte, hatte ich es einzig einer Laune der Götter zu verdanken, dass ich mir anfangs nicht den Kopf an der Wand des engen Schachts eingeschlagen hatte. Einmal glitt ich an einer Tunnelöffnung vorbei, die jedoch im Dunkeln verschwand, noch ehe ich mich entschieden hatte, ob ich diese Abzweigung wirklich nutzen wollte. So musste ich meinen Weg nach unten fortsetzen. Nach weiteren zweihundert Yard verlangsamte sich mein Flug abermals – bis ich in einem der Säle der sechsten Terrasse landete, inmitten der Heldengräber.

Kapitel 8

    Herumgealbere mit Toten
    Die sechste Terrasse bedeutete die äußerste Grenze für uns Menschen. Selbst in den Jahrhunderten, als das Böse noch nicht erwacht war, hatte es nur selten ein Mensch gewagt, noch tiefer hinabzusteigen.
    Zwar gab es Gerüchte, ein paar Verrückte hätten sich einmal bis zur zwölften Terrasse vorgetraut – aber sie waren nie wieder gesehen worden.
    Die Heldengräber stellten damit den einzigen Beweis dar, dass Menschen einmal bis zur sechsten Terrasse vorgedrungen waren. Aus irgendeinem Grund wollten weder Elfen noch Orks ihre Toten hier bestatten, was sich die Menschen nur zu gern zunutze machten, indem sie diesen Teil über fünfeinhalb Jahrhunderte mit den bedeutendsten (natürlich zu Lebzeiten) Toten bevölkerten, mit Heerführern, ungewöhnlich tapferen Soldaten, dem Hochadel und Königen.
    Später brachte man jedoch alle Toten hierher, weshalb dieser Teil der sechsten Terrasse auch schon bald derart mit Knochen vollgestopft war, dass manch einer mutmaßte, die alten Gräber seien ausgeräumt worden, um Platz für neue Tote zu schaffen.
    Es hatte lange gedauert, bis die Menschen endlich dahinterkamen, warum Elfen und Orks ihre Toten nicht an diesem Ort bestatteten: Hier wehte spürbarer als irgendwo sonst der Odem des Nichts. Diese Bezeichnung hatten die klugen Köpfe des Ordens für jene Erscheinung ersonnen, die sich aus den untersten Schichten erhoben hatte, um Scherz mit den Toten zu treiben.
    Die alten Knochen, die jahrhundertelang ruhig in den Särgen gelegen hatten, setzten nämlich von heute auf morgen Fleisch an und wurden umtriebig. Binnen Kurzem gab es hier mehr lebende Tote als Kakerlaken in einer verdreckten Küche.
    Man konnte nur von Glück sagen, dass sie nicht nach oben krochen, sondern wie angekettet in ihrer Schicht blieben und sich von dem Bösen nährten, das aus der Tiefe kam. Der Orden behauptete freilich, dass alles, was da in der sechsten Terrasse vor sich gehe, lediglich ein schwacher Abglanz des eigentlichen Bösen sei. Im Unterschied zu Hallas (den allein das Wort Orden schon zur Weißglut brachte) war ich geneigt, dieser Behauptung Glauben zu schenken. Die siebente Terrasse

Weitere Kostenlose Bücher