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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Feuerbolzen aus.
    Der Fund dieser Frau bedeutete leider nur den Auftakt meiner Begegnungen mit Untoten. Kurze Zeit später traf ich bereits auf den nächsten, den ich hörte, lange bevor ich seine plumpe Silhouette erspähte. Das Geschöpf stöhnte und schnaufte nicht schlechter als ein Sklave, der sich auf einer Piratengaleere die Seele aus dem Leib rudert. Ich brachte mich sofort vorm Licht der Fackel in Sicherheit und verbarg mich hinter einem der steinernen Särge. Der Zombie stapfte an mir vorbei und bog in einen Gang ab, ohne mich zu bemerken.
    Es gab erstaunlich viele wandelnde Leichen in diesen Sälen, zuweilen hätte ich mit bis zu zwei Dutzend Toten gleichzeitig Bekanntschaft schließen können, die sich alle in einem anderen Stadium der Verwesung befanden. Die einen tigerten wie mechanisches Spielzeug der Zwerge von einer Ecke zur nächsten, die anderen hatten offenbar beschlossen, ein Nickerchen zu halten, und schienen gleichsam erstarrt. Überall stank es, überall schnauften, heulten und schrien diese Kreaturen.
    Ein heiteres Versteckspiel begann. Ich verbarg mich im Dunkeln, sie suchten mich. Genauer gesagt, sie streiften umher, ahnten zu meinem Glück aber nicht einmal, wen sie wo zu suchen hatten. Ich gab mich indes keinen regenbogenfarbenen Illusionen hin, was die Herzensgüte dieser Zombies anbelangte. Die kennen sie nämlich ebenso wenig wie Hass. Das Einzige, was diese lebenden Strünke umtreibt, ist Hunger. Ständig verlangt es sie nach Essen, Blutgeruch treibt sie schier in den Wahnsinn, und sie tun alles, um an den heißbegehrten Saft zu gelangen. Würde mich einer von diesen ruhelosen Brüdern entdecken, dann, so dachte ich mir, müsste ich entweder Fersengeld geben (und dabei einen Zusammenstoß mit anderen Untoten riskieren) oder den Kampf aufnehmen (doch welches Stumpfhirn kämpft schon gegen Tote?). Deshalb huschte ich lieber in einen Schatten oder hinter (manchmal auch in) einen Sarkophag, sobald ich den nächsten Untoten sah, der nicht brav in seinem Sarg lag.
    Besonders heikel wurde es, wenn mir so ein Verfaulter in einem Gang entgegenschlappte. Dann galt es, behände zurückzustürzen und darum zu flehen, am anderen Ende möge nicht noch ein Angegammelter auftauchen.
    Nicht minder gefährlich erwiesen sich allzu beleuchtete Säle. Ohne den schützenden Schatten bestand stets die Möglichkeit, von so einem Miefling bemerkt zu werden. Noch zeigte sich Sagoth gnädig – doch ewig würde mein Glück nicht währen. Irgendwann würden die Gesetze der universellen Schweinerei zuschlagen.
    Die Bestätigung meiner Vermutung folgte auf dem Fuße. Gleich zweimal sollte ich gefressen werden. Beim ersten Mal verwechselte ich im Halbdunkel schlicht und ergreifend einen dieser Untoten mit einer bizarren Statue, die von wer weiß wem zwischen all diesen Särgen aufgestellt worden war. Als ich dann endlich begriff, dass ich kein Standbild vor mir hatte, war es bereits zu spät. Das Geschöpf trottete mit gierig vorgestreckten Armen auf mich los. Trottete war fast noch übertrieben. Der Untote bewegte sich kaum, was freilich kein Wunder war: Die Knochen hatten hier und da das Fleisch durchbohrt, die verfaulten Muskeln waren viel zu schlaff. Wie schaffte er es überhaupt, ein Bein vor das andere zu setzen? Das Geschöpf gluckerte angestrengt, gab sein Letztes, um den armen Garrett zu schnappen – doch wahrscheinlich hätte sogar eine Schnecke, die sich ordentlich ins Zeug legte, diesen Zombie überholt.
    »Wohin so eilig?!«, höhnte ich – und war weg.
    Der Tote wollte meine Flucht zwar vereiteln, blieb aber hoffnungslos hinter mir zurück. Ha! Wer Garrett fassen wollte, der musste schon etwas besser zu Fuß sein!
    Beim zweiten Mal war ich in einem Saal, in dem die Särge allesamt an die Wand gerückt waren, dumm genug, mich im Licht der Fackeln zu bewegen. Natürlich brachte das einen dieser Brocken wandelnden Fleisches auf die Idee, sich an meiner Leber gütlich zu tun – auch wenn es ihm bereits an einem Unterkiefer mangelte.
    Dieser Schuft musste im Unterschied zu seinem Kumpan jeden Morgen der Leibesertüchtigung nachgehen, denn ehe ich michs versah, hatte er mich halb gepackt. Der Kerl war ziemlich frisch. Ich hatte den Eindruck, er sei erst gestern gestorben und wollte sich nun überzeugen, ob seine Verwandten auch gebührend um ihn trauerten oder ob er nicht besser das Testament vertilgen sollte. Bei ihm verlangte mir die Flucht nicht nur schnelle Beine, sondern auch einen Feuerbolzen

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