Schattentänzer
anspruchslosen Gholen der Appetit vergehen.
Das Röcheln hörte ich zum Glück rechtzeitig, sodass ich meine Vorbereitungen zu treffen vermochte. Dabei hatte ich doch so gehofft, die Toten hinter mir gelassen zu haben. Dieser Tote taumelte aus einer seitlichen Abzweigung heraus und kam geradewegs auf mich zu. Den Kerl umgab ein ganzer Schwarm Fliegen – oder etwas, das diesen Viechern verdammt ähnelte.
Jedes Insekt sirrte leise und strahlte ein fahlgrünes Licht aus. Zum ersten Mal in meinem Leben begegnete ich damit einem Toten, dem daran gelegen war, nicht durchs Dunkel zu stolpern. Mir nahm er mit seiner Vorliebe freilich den Schatten, in dem ich mich gern verborgen hätte. Also musste ich abermals ein Lichtkristall opfern. Das Geschöpf krächzte und plumpste auf den Boden, die Fliegen stoben mit aufgebrachtem Gesumm gen Decke, um dann in einer leuchtenden Wolke in genau die Richtung abzuziehen, aus der der Zombie gekommen war.
Noch achtmal stieß ich danach auf Tote, die von Fliegen beleuchtet ihren Weg durch die Säle suchten. Jeder Einzelne von ihnen strahlte wie ein Abgesandter der Götter, der vom Himmel herabgestiegen war. Aber dieses Wunder dürfte mir wohl niemand glauben. Natürlich versuchte ich stets, sicheren Abstand zwischen mich und die wandelnden Leuchten zu bringen. Woher sollte ich denn wissen, womit ich bei diesen Fliegen noch alles rechnen musste?
Dann verpasste ich den Saal, den ich suchte. In einer riesigen Halle, die bis unter die Decke mit Särgen vollgestellt war, kramte ich fluchend die Karten heraus und stellte mich unter eine Fackel, um sie zu konsultieren. In diesem Augenblick platzte der Steindeckel eines der Särge knisternd auf.
Ein weiterer unruhiger Geist war aufgewacht. Warum schlafen die Kerle bloß nicht? Lockte es sie denn wirklich derart, von Saal zu Saal zu streifen und leuchtende Fliegen zu sammeln?
Schon schob sich eine Hand durch das Loch. Die Kreatur ächzte und tastete nach einem Halt, um sich aus dem Sarg zu ziehen. Aber ich wäre nicht ich, wenn ich dem Toten diese Möglichkeit gelassen hätte. Aus sicherer Entfernung schleuderte ich ein Lichtkristall in das schwarze Loch des Sarges und machte mich wieder daran, die Karten zu studieren. Gerade als ich den Saal verließ, platzten zwei weitere Särge auf, um ihre Zombies zu entlassen. Doch mit denen vergeudete ich meine Zeit nicht. Jeden kannst du schließlich nicht mit einem Lichtkristall bewerfen.
Abermals tauchte Wasser auf, diesmal plätscherte es jedoch in Becken und floss in Kanälen, über die schmale, bucklige Brücken führten. An den Wänden gab es mehr Fackeln, in einigen Räumen brannten unter der Decke sogar Lüster mit Abertausenden von Kerzen.
Zuweilen segelten zwischen den dunklen Säulen und den grauen Steinsärgen langsam und majestätisch Irrlichter dahin, von denen ein jedes gut faustgroß war. All das behagte mir gar nicht, denn es erschwerte mir zunehmend, mich vor den Toten zu verbergen, sodass ich zahlreiche wertvolle Lichtkristalle und Armbrustbolzen opfern musste.
Meist rannte ich den lahmen und dämlichen Wesen aber einfach davon. Einer der Toten verfolgte mich allerdings runde zwanzig Minuten und stiftete dabei immer mehr dieser Kreaturen zur Jagd auf mich an. Als mir irgendwann ein Rattenschwanz von vierzehn beherzten Geschöpfen unterschiedlichen Verwesungsgrades auf den Fersen war, siegte mein Verstand über meine Gier, und ich opferte ein weiteres Lichtkristall.
Kurz darauf, als ich gerade einen weiteren hartnäckigen Zombie abhängte, erzitterte der Boden. Die Säule, an die ich mich schmiegte, barst. Einige Särge, die weiter oben standen, knallten zu Boden und zerschellten, woraufhin die Gebeine der Toten durch den ganzen Saal flogen. Selbst das Wasser im Kanal wogte und trat über. Dann hörte ich in der Ferne Geheul, anschließend beruhigte sich aber alles wieder.
Ängstlich lugte ich zur Decke hoch. Den Göttern sei Dank, da verlief kein einziger Riss. Und Sagoth sei Dank, dass ich nicht an der Wand entlanggelaufen war, sonst hätte mich einer der herabstürzenden Särge in einen Fladen verwandelt.
Ich ging mit zaghaften Schritten weiter und beäugte die Zerstörung, die das Erdbeben angerichtet hatte. In einem der Säle waren gleich zwölf Säulen eingestürzt, und ich hätte mir beinahe ein Bein gebrochen, als ich über die Trümmer kraxelte. Immerhin kam ich auch in den Genuss eines Anblicks, der mein Herz wärmte. Ein Felsblock hatte einem Toten – der sich, die
Weitere Kostenlose Bücher