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Schattentänzer

Schattentänzer

Titel: Schattentänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Glen Cook
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Erkundungsflug unterwegs, als ich Morpheus’ Kneipe erreichte. Mürrisch bog ich in die Gasse hinter der Freudenhöhle ein. »Hallöchen«, sagte ich, als zwei überdimensionierte Gorillas rechts und links neben mir in den Gleichschritt fielen. »Wie läuft’s denn so in der großen, bösen Welt?«
    Die beiden legten ihre Stirn in Falten, als versuchten sie, ein Problem zu durchdenken, das einige Nummern zu groß für sie war. Dann tauchte Sattler aus dem Schatten auf und erlöste sie von der schrecklichen und ungewohnten Aufgabe, ihr Gehirn zu benutzen. »Gutes Timing, Garrett«, sagte Sattler. »Kain will dich sprechen.«
    Sie mußten mich schon von weitem gesehen haben. »Ja, hab ich vermutet.«
    Eine große, schwarze Kutsche stand vor Morpheus’ Laden. Ich kannte sie besser, als mir lieb war. Ich hatte bereits das Vergnügen gehabt, darin zu fahren. Sie gehörte dem stadtbekannten Menschenfreund Kain Kontamin. »Ist er hier? Kain, meine ich.« Er verläßt seinen Palast so gut wie nie.
    Beutler tauchte auf. Damit waren wir vollzählig. Jetzt hatte ich meine beiden Buchstützen wieder, die nicht nur ohne mit der Wimper zu zucken ihre eigenen Mütter umlegen würden, sondern sich auch einen Tag später ohne jede Reue daran erinnern könnten. Beutler und Sattler waren wirklich schlimme, schlimme Schurken. Ich wünschte, ich müßte nicht jedesmal, wenn wir aufeinandertrafen, daran denken, wie schlimm sie eigentlich waren.
    Jedenfalls bin ich heilfroh, daß es nicht allzu viele ihrer Sorte gibt.
    »Kain will mit dir reden, Garrett«, sagte Beutler.
    »Den Eindruck hab ich auch.« Ich hielt meine Zunge im Zaum. Überflüssig zu erwähnen, daß Sattler es mir schon mitgeteilt hatte.
    »Er wartet in der Kutsche.«
    Sie konnten nicht hiergewesen sein und auf mich gewartet haben. Das war nicht ihr Stil. Vermutlich hatten sie etwas Geschäftliches mit Morpheus zu besprechen, und ich war ihnen nur zufällig über den Weg gelaufen.
    Ich ging zur Kutsche, öffnete die Tür, zog meinen Kadaver hinein und setzte mich dem Oberboß gegenüber.
    Wenn man Kain das erste Mal sieht, stellt man sich unwillkürlich die Frage, was der ganze Zores um ihn eigentlich soll. Vor diesem alten Freak hatten alle Schiß? Sein Gesundheitszustand ist so übel, daß er sein ganzes Leben im Rollstuhl verbringen muß. Er kann kaum seinen Kopf hochhalten, und wenn, dann nicht lange. Außer wenn er wütend ist. Manchmal kann er nicht mal klar genug sprechen, um sich verständlich zu machen. Seine Haut ist farblos und wirkt fast durchscheinend. Er sieht aus, als hätte er höchstens noch fünf Jahre zu leben.
    Wenn er jedoch die Kraft aufbringt, einen anzusehen, erkennt man die Bestie. Ich war mehrmals bei ihm, und dennoch schockiert mich dieser erste Blickkontakt immer noch. Neben diesem Burschen, der da in diesem nutzlosen Fleischberg gefangen ist, sehen Beutler und Sattler wie zwei militante Pazifisten aus.
    Kommt man Kain in die Quere, tut’s weh. Er braucht nicht im Tüllröckchen herumzutanzen. Dafür hat er Beutler und Sattler. Die beiden sind ihm loyaler ergeben als irgendein Sohn seinem Vater. Diese Art von Loyalität in der Unterwelt ist bemerkenswert. Ich frage mich, womit er die beiden in der Hand hat.
    Er hat sie und eine ganze Legion von Lieutenants, die wiederum die Soldaten auf der Straße befehligen. Die kontrollieren ihre Verbündeten, Informanten und Pächter. Wenn Kain mit den Ohren wackelt oder die Stirn kräuselt, kann irgend jemand ganz schnell eines besonders grausamen Todes sterben.
    »Mr. Garret.« Er hatte Kraft genug, den Kopf zu neigen. Anscheinend ging es ihm heute gut. Drahtige Strähnen seines weißen Haares hingen ihm um den Kopf.
    »Mr. Kontamin.« Ich nenne ihn Mr. Kontamin. »Ich habe schon erwogen, mich mit Ihnen in Verbindung zu setzen.« Aber nicht sehr ernsthaft. Sein Palast liegt zu weit draußen. Es ist ein ekelhaft geschmackloses Mausoleum (Bloß kein Neid, Garrett!), gegen das die Hütten der meisten Herrschenden wie Sozialwohnungen aussehen. Verbrechen zahlt sich aus. Und für Kain zahlt es sich anscheinend besonders gut aus.
    »Das dachte ich mir schon, nach dem, was ich von Ahrm gehört habe.«
    Vielen Dank, Morpheus. Wie schön, daß du immer für mich denkst.
    »Ich weiß, wie ein Mann sich in solch einer Situation fühlen muß, Mr. Garrett. Ich habe einmal eine Frau an einen Rivalen verloren. Ein richtiger Mann wartet ungeduldig darauf, die Bilanz wieder auszugleichen. Ich dachte, es würde Zeit

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